BERLIN (dpa-AFX) - Autofahrer in Deutschland müssen für Kfz-Versicherungen im nächsten Jahr voraussichtlich noch tiefer in die Tasche greifen. Schon 2024 dürften die Beiträge in dem Segment um durchschnittlich zehn Prozent steigen, erklärte der Präsident des deutschen Versichererverbands GDV, Norbert Rollinger, am Donnerstag in einer Videokonferenz. 2023 hatten gestiegene Preise für Reparaturen und Ersatzteile den Kfz-Versicherern einen Milliardenverlust eingebrockt. Viele Anbieter haben daher zum Jahreswechsel an der Preisschraube gedreht. Eine Rückkehr in die schwarzen Zahlen ist für die Kfz-Versicherer nach Rollingers Einschätzung jedoch erst nach weiteren Beitragserhöhungen im Jahr 2025 zu erwarten.
Denn Ersatzteile und Reparaturen dürften sich dem Verband zufolge 2024 weiter verteuern. Schon im vergangenen Jahr gaben die Kfz-Versicherer 2,9 Milliarden Euro mehr für Schäden, Verwaltung und Vertrieb aus, als sie an Prämien einnahmen. "Jedem eingenommenen Euro standen Ausgaben von 1,10 Euro gegenüber", sagte Rollinger. Wie es 2024 weitergehe, hänge vor allem von der Entwicklung der Inflation ab. Schon in den vergangenen Jahren seien die Ersatzteil- und Reparaturkosten stärker gestiegen als die allgemeinen Verbraucherpreise.
Die Verluste im Kfz-Geschäft zogen 2023 auch das Ergebnis der gesamten Schaden- und Unfallversicherung nach unten. Der versicherungstechnische Gewinn der Sparte brach um mehr als die Hälfte auf 1,5 Milliarden Euro ein, wie der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Berlin mitteilte.
Für das laufende Jahr erwartet die Branche einen weiteren Anstieg der Prämien. Wie die Kfz-Verträge dürften sich auch die Gebäudeversicherungen im Schnitt um etwa zehn Prozent verteuern, sagte Rollinger, der im Hauptberuf den genossenschaftlichen Versicherer R+V führt. Die Beiträge der Gebäudeversicherungen sind in der Regel an die Entwicklung des Baukostenindex gekoppelt.
Das Weihnachtshochwasser in Deutschland dürfte die Versicherer trotz seiner riesigen Ausmaße nicht so teuer zu stehen kommen wie von manchem gedacht. Es habe zum Glück wenige Schäden an Gebäuden gegeben, sagte Asmussen. Der GDV erwartet durch die Überschwemmungen im Norden und der Mitte Deutschlands versicherte Schäden von etwa 200 Millionen Euro. Davon entfielen etwa 180 Millionen auf Elementarschäden an Gebäuden, der Rest auf Fahrzeuge und Hausrat, sagte Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.
Dass die Summe nicht höher ausfällt, liegt auch an der geringen Verbreitung von Elementarschadenversicherungen. Denn die normale Gebäudeversicherung zahlt nicht für Hochwasserschäden. In Niedersachsen und Bremen seien nur gut 30 Prozent der Häuser gegen Elementarschäden versichert, sagte Rollinger. Bundesweit seien es inzwischen 54 Prozent. Die gesamtwirtschaftlichen Schäden dürften ohnehin weitaus höher sein. Infrastruktur wie Straßen und Brücken sind gar nicht versichert.
Den Ländern und Kommunen warf die GDV-Spitze Defizite bei der Prävention vor. "Viele Probleme vor allem beim Hochwasserschutz sind hausgemacht und hätten durchaus verhindert werden können", sagte Asmussen. So seien Dämme und Deiche nicht an die Folgen des Klimawandels angepasst worden.
Weiterhin stellen sich die Versicherer gegen politische Überlegungen, Versicherungen gegen Elementarschäden für Hausbesitzer zur Pflicht zu machen. Ohne sanierte Deiche, renaturierte Flussauen und neue Rückhaltebecken dürften sich die Schäden in der Wohngebäudeversicherung in den nächsten zehn Jahren oder noch schneller verdoppeln, sagte Rollinger.
Der GDV plädiert für einen Baustopp in Überschwemmungsgebieten, vorbeugende Regelungen in den Landesbauordnungen und ein bundesweites Naturgefahrenportal. Zudem sollten Versicherer ihren Kunden eine Elementarschaden-Deckung künftig verpflichtend anbieten müssen. Wer sie nicht haben möchte, muss sich dann aktiv dagegen entscheiden.
Im abgelaufenen Jahr steigerten die deutschen Versicherer ihre gesamten Beitragseinnahmen laut GDV lediglich um 0,6 Prozent auf knapp 225 Milliarden Euro. Während die Einnahmen im Schaden- und Unfallgeschäft um 6,7 Prozent auf 84,5 Milliarden Euro wuchsen, gingen sie in der Lebensversicherung um 5,2 Prozent auf 92 Milliarden Euro zurück. Vor allem Lebensversicherungsverträge gegen Einmalbeitrag seien wegen der schwierigen gesamtwirtschaftlichen Lage weniger gefragt gewesen, erklärte der Verband. Im Schaden- und Unfallgeschäft stiegen die Schadensummen mit 12,7 Prozent deutlich stärker als die Beiträge.
Für das laufende Jahr zeigte sich der GDV optimistischer. In der Lebensversicherung dürften die gestiegenen Zinsen und damit höhere Überschussbeteiligungen den Beitragsrückgang stoppen, prognostiziert der Verband. Insgesamt sagt er der Versicherungsbranche einen Anstieg der Beitragseinnahmen um 3,8 Prozent voraus - getrieben vom Schaden- und Unfallgeschäft mit einem Plus von 7,7 Prozent./stw/men/jha/