BERLIN (dpa-AFX) - Ein deutlich profitableres zweites Quartal hebt die Stimmung beim Kochboxenversender Hellofresh . Der um Sondereffekte bereinigte operative Gewinn (Ebitda) der Monate April bis Juni liege deutlich über den Markterwartungen - und das, während der Umsatz nahezu stagnierte. Der Konzernvorstand passte daraufhin seinen Ausblick für das Gesamtjahr leicht an. An der Börse kam allerdings am Donnerstag die im zweiten Quartal rückläufige Kundenzahl alles andere als gut an.

Die Hellofresh-Papiere brachen zeitweise um bis zu 8,3 Prozent ein. Zuletzt dämmte die Aktie ihre Verluste auf 4,5 Prozent ein.

Auf Basis vorläufiger Kennzahlen legte der Umsatz im zweiten Quartal währungsbereinigt im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um etwa ein Prozent auf gut 1,9 Millionen Euro zu, wie das MDax -Unternehmen überraschend am späten Vorabend in Berlin mitteilte. Im Vorjahr hatte Hellofresh zu tatsächlichen Wechselkursen noch etwas mehr ausgewiesen, das lag allerdings an dem damals noch stärkeren Dollar.

Das bereinigte Betriebsergebnis (Ebitda) dürfte den Berechnungen zufolge dagegen deutlich auf 185 bis 195 Millionen Euro gewachsen sein, nach 146 Millionen Euro im Vorjahr. Die Spanne übertreffe damit die Erwartungen am Markt, der in etwa mit einem Wert wie im Vorjahresquartal gerechnet habe. Hellofresh begründete den Profitabilitätssprung mit einem verbesserten Deckungsbeitrag, also dem Betrag zur Deckung der Fixkosten. Zudem seien Investitionen in Wachstum und Werbung in die zweite Jahreshälfte verschoben worden.

Die verspäteten Investitionen seien auf die getrübte Kauflaune und Kapazitätsengpässe bei der Produktion seiner Fertigmahlzeiten (Factor75) zurückzuführen, hieß es vom Unternehmen weiter. Sowohl Hellofresh als auch Investoren sehen in dem sogenannten Ready-To-Eat-Segment deutliches Wachstumspotenzial, um dem Konzern neuen Auftrieb zu verleihen.

Goldman-Sachs-Analystin Lisa Yang zeigte sich in einer ersten Reaktion "beeindruckt" darüber, wie deutlich Hellofresh die Erwartungen an das operative Ergebnis (Ebitda) übertroffen habe. Allerdings verwies sie auf die verschobenen Marketingausgaben.

Wenngleich sich die Geschäftsmodelle von Hellofresh unterscheiden, war die Entwicklung bei anderen Essenslieferdiensten wie Delivery Hero und Just Eat Takeaway zuletzt ähnlich. Bereits vor Monaten haben die beiden Unternehmen höhere Profitabilitätsraten bei langsamerem Umsatzplus erzielt. Skeptiker monierten, dass die Anbieter nur profitabler werden, weil die Nachfrage der Kunden infolge der Inflationseffekte deutlich zurückgegangen ist. Daher stutzen die Konzerne auch ihre Ausgaben für Werbung und Wachstum. Da der Umsatz gegenüber früheren Steigerungsraten deutlich langsamer anzog, verbesserte sich automatisch der Ertrag.

JPMorgan-Experte Marcus Diebel monierte derweil mit Blick auf Hellofresh die überraschend niedrige Zahl aktiver Kunden. Damit erfasst der Konzern all jene, die innerhalb der vergangenen drei Monate ab Ende eines Quartals mindestens eine Box erhalten haben - unabhängig davon, ob sie dafür den vollen Preis bezahlt oder einen Rabatt erhalten haben oder die Box gar unentgeltlich zugestellt wurde. Nach Konzernangaben war die Zahl aktiver Kunden im zweiten Quartal im hohen einstelligen Prozentbereich rückläufig.

Aufs Jahr gesehen dämpft Konzernchef Dominik Richter zwar etwas die Umsatzerwartungen, rechnet sich aber mehr Verdienst im Tagesgeschäft aus. Hellofresh will nun ein währungsbereinigtes Umsatzplus von zwei bis acht Prozent auf die Beine stellen - zuvor war das Management noch am oberen Ende der Spanne mit zehn Prozent etwas optimistischer. Von dem Konzernerlös sollen dann 470 bis 540 Millionen Euro als um Sondereffekte bereinigtes operatives Ergebnis (Ebitda) übrig bleiben. Das sind am unteren Ende 10 Millionen Euro mehr als bislang erwartet.

Die endgültigen Zahlen für das zweite Quartal will der Vorstand am 10. August veröffentlichen./ngu/tav/jha/