HAMBURG (dpa-AFX) - Der Hamburger Hafen hat im vergangenen Jahr deutlich weniger Waren umgeschlagen als 2021. Insgesamt seien 119,9 Millionen Tonnen Seegüter über die Kaikanten gegangen, sagte der Chef von Hafen Hamburg Marketing, Axel Mattern, am Montag. Das seien 8,8 Millionen Tonnen oder 6,8 Prozent weniger als 2021. Auf den Import fielen 69,6 Millionen Tonnen, auf den Export 50,3 Millionen Tonnen. Gründe für den Rückgang seien der Ukraine-Krieg, die Corona-Pandemie und die Inflation, aber auch Arbeitskämpfe im Hafen, volle Lager, eine geringere Nachfrage und gestörte Lieferketten. "Diese Dinge alleine genommen wären schon eine äußerst herausfordernde Geschichte gewesen. (...) Aber wir hatten im letzten Jahr alle gleichzeitig zu bewerkstelligen", sagte Mattern.

Der Containerumschlag - er macht knapp 70 Prozent des Gesamtumschlags im Hamburger Hafen aus - sank den Angaben zufolge um 400 000 oder 5,1 Prozent auf 8,3 Millionen Standardcontainer (TEU). Der Import von See-Containern sank dabei um 6,1 Prozent auf 4,2 Millionen TEU, der Export um 4,1 Prozent auf 4,1 Millionen TEU. Der Umschlag sei vor allem im dritten und vierten Quartal um 9,8 beziehungsweise 12,3 Prozent eingebrochen, sagte Mattern. Gerade mit Blick auf die steigende Zahl ein- und auslaufender besonders großer Containerschiffe mahne er den Bund eindringlich, seiner Verantwortung beim Erhalt der Bundeswasserstraße Elbe gerecht zu werden.

"Wir stehen wirklich vor dem Scheitern einer vor Jahren angefangenen Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes", klagte Mattern. Die Verwaltung sei "eine Katastrophe vor dem Herrn". Das zeige sich nicht nur bei den Binnengewässern, das zeige sich auch in der Deutschen Bucht bei den seewärtigen Zufahrten. So gebe es beispielsweise keine Koordinationsstelle beim Bund. "Jeder Flughafen hat einen Tower und eine Flugsicherung für Deutschland gibt es natürlich auch." In der Schifffahrt gebe es nichts dergleichen. Doch damit nicht genug: So gebe es in der Deutschen Bucht immer noch keine Mobilfunkabdeckung. Das sei ein Witz, klagte Mattern. Lotsen müssten 400 Meter lange und 60 Meter breite Containerriesen "mit Bauchgefühl und Norddeich Radio über Küstenfunk" in Position bringen.

Die Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffs in der Ukraine schlagen auf den Hafen durch. "Wir haben einen überproportionalen Rückgang in der Ostsee, elf Prozent", sagte Mattern. So sei der Umschlag mit Russland um 76,2 Prozent gesunken. Auf der anderen Seite sei der Umschlag mit Polen um 24,3 Prozent auf 294 000 TEU und Finnland um 22,3 Prozent auf 213 000 TEU gestiegen. Lag Russland zuletzt noch auf dem 4. Platz unter den Top-Partnerländern, sei das Land nun auf Rang 27 abgerutscht. Der Containerverkehr und der Kohleimport aus Russland seien nahezu vollständig eingestellt, sagte Mattern.

Der Stückgutumschlag sank um insgesamt 5,8 Prozent auf 83,7 Millionen Tonnen, Massengut sank um 8,9 Prozent auf 36,2 Millionen Tonnen. Dabei seien vor allem die Rohölimporte um 93,9 Prozent gesunken, weil eine Raffinerie komplett zurückgefahren worden sei. Entsprechend sei auch der Export von Mineralölprodukten um 25 Prozent gesunken. Wichtigster Handelspartner bleibe China. Auch wenn der Umschlag um 3,8 Prozent auf 2,46 Millionen TEU zurückgegangen sei, würden immer noch mehr chinesische Container umgeschlagen als bei den nächsten acht Handelsländern zusammen. Im USA-Verkehr - Platz zwei im Ranking - sei ein leichter Rückgang um 2,1 Prozent auf 605 000 TEU verzeichnet worden, was aber durch das Plus von 6,6 Prozent beim Kanada-Verkehr ausgeglichen worden sei, sagte Mattern.

Die Hamburger Hafenbahn erreichte nach 2019 und 2021 den Angaben zufolge ihr drittbestes Ergebnis. Insgesamt transportierte sie 47,3 Millionen Tonnen Ware. Ihr Anteil am Gesamtverkehr betrug 53,9 Prozent, Lkw transportierten 37,6 Prozent der Ware, Binnenschiffe 8,5 Prozent. Die Zahl der per Bahn transportierten Container lag mit 2,7 Millionen über den Vor-Corona-Werten und entspricht etwa der Hälfte aller per Bahn, Lkw oder Binnenschiff transportierten Stahlboxen.

Trotz der Rückgänge konnte sich Hamburg auf Platz drei der wichtigsten kontinentaleuropäischen Nordsee-Häfen halten. Schätzungen zufolge verzeichne Rotterdam als Nummer eins ein Minus von 3,1 Prozent, sagte Mattern. Der Zweitplatzierte Antwerpen müsse ein Minus von 5,2 Prozent verkraften. Ebenfalls nicht gut lief es laut Mattern bei den Bremischen Häfen mit einem Minus von 8,9 Prozent. Alle Nordrange-Häfen zusammen verloren 4,8 Prozent. Über die Nordrange werden etwa 80 Prozent des europäischen Im- und Exports abgewickelt./klm/DP/ngu