LONDON (dpa-AFX) - Der britische Pharmakonzern GSK

In London legte die Aktie bis zu sieben Prozent zu. Mit der Einigung sei eine der größten Sorgen der Investoren gegenstandslos, schrieb John Murphy, Analyst bei der Finanznachrichtenagentur Bloomberg. Peter Welford von Jefferies sprach von einem Vergleich nahe seines "Best-Case-Scenario" - die in Aussicht gestellte Summe liege im unteren Bereich seiner Schätzung.

GSK ist laut einer am Vorabend veröffentlichten Mitteilung bereit, für den Vergleich bis zu 2,2 Milliarden US-Dollar (2,0 Mrd Euro) zu zahlen. Dafür hat der Konzern Vereinbarungen mit zehn Klägerfirmen getroffen, welche zusammen circa 93 Prozent der bei Staatsgerichten anhängigen Produkthaftungsklagen wegen Zantac vertreten. Konkret gehe es um rund 80 000 Fälle, hieß es. Die Klägerfirmen wollen nun ihren Kunden empfehlen, den Vergleich anzunehmen. Eine vollständige Beilegung wird bis zum ersten Halbjahr 2025 erwartet.

Die Kläger in den USA hatten argumentiert, dass GSK die Gefahren bewusst gewesen seien, wonach der in Zantac enthaltene Wirkstoff Ranitidin unter bestimmten Bedingungen mit potenziell krebserregendem N-Nitrosodimethylamin (NDMA) verunreinigt sein könne. GSK wiederum betonte in seiner Mitteilung, die jetzige Einigung sei kein Schuldeingeständnis. Es gebe keinen wissenschaftlichen Konsens, wonach das Mittel gegen Sodbrennen das Krebsrisiko erhöhe. Der Vergleich sei jedoch im besten langfristigen Interesse des Unternehmens und seiner Aktionäre und beseitige ein großes Maß an finanzieller Unsicherheit, teilte der Konzern weiter mit.

Parallel zu der Einigung mit den zehn Klägerfirmen schloss GSK eine weitere Vereinbarung über 70 Millionen Dollar (rd. 64 Mio Euro) mit dem Labor Valisure. Dieses hatte nach eigenen Angaben im Jahr 2019 den entscheidenden Hinweis zu Ranitidin an die US-Arzneimittelaufsicht FDA weitergeleitet. Im Frühjahr 2020 verbot die US-Behörde FDA sämtliche rezeptfreien und verschreibungspflichtigen Ranitidin-Produkte wegen inakzeptabler NDMA-Werte.

GSK kündigte unterdessen für das dritte Quartal eine Sonderbelastung von 1,8 Milliarden britischen Pfund (2,15 Mrd Euro) im Zusammenhang mit den Vergleichen sowie für die bei Staatsgerichten noch offenen Zantac-Fälle an. Das werde teilweise durch voraussichtlich geringere Rechtskosten ausgeglichen.

Laut Analystin Jo Walton von der Schweizer Großbank UBS hat GSK in einer Telefonkonferenz betont, die restlichen sieben Prozent der Fälle hätten sich nicht geweigert, die Sache beizulegen. Vielmehr sei der Konzern zunächst schwerpunktmäßig auf die zehn größten Kanzleien zugegangen. Nun werde GSK auch mit den kleineren Kanzleien sprechen, die die restlichen Fälle vertreten.

Bereits im April hatte der französische Pharmakonzern Sanofi Tausende Klagen im Zusammenhang mit dem Vorwurf angeblicher Krebsrisiken des Medikaments Zantac beigelegt.

Das ursprünglich von GSK entwickelte und erstmals in den 80er-Jahren auf den Markt gebrachte Medikament, von dem es später verschreibungspflichtige und rezeptfreie Varianten gab, wechselte mehrfach den Besitzer, bevor es 2017 von Sanofi übernommen wurde. Auch Pfizer und Boehringer Ingelheim gehören zu den involvierten Pharmakonzernen./tav/mis/he/nas