BERLIN (dpa-AFX) - Die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Irene Mihalic, macht dem Koalitionspartner FDP schwere Vorhaltungen. Die Bundesregierung stehe mal wieder "Spitz auf Knopf", sagte sie in Berlin. Angesichts des sich abzeichnenden Wahlsiegs von Donald Trump in den USA komme es auf den europäischen Zusammenhalt und auf Deutschland als Stabilitätsanker an.

Mihalic: Lindner hat sich verrechnet

Es sei nicht akzeptabel, dass insbesondere sich ein Koalitionspartner nicht zur gemeinsamen Krisenbewältigung bereit zeige, sagte Mihalic mit Blick auf die FDP. "Der Finanzminister hat sich komplett verrechnet." Christian Lindner (FDP) habe die zu erwartenden Steuereinnahmen überschätzt und beherrsche offenbar "die Grundlagen der Mathematik" nicht richtig. Mihalic bezeichnete die Haushaltslücke mehrfach als "Lindner-Lücke". "Aufgrund seiner Fehlkalkulation sind wir mit einer riesigen Lücke im Haushalt konfrontiert." Sein Papier mit Vorschlägen zur Wirtschaftspolitik vergrößere die Lücke nur noch.

Die Steuerschätzung geht allerdings auf den Arbeitskreis Steuerschätzung zurück. In dem Gremium sitzen Experten der Bundesregierung, der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute, des Statistischen Bundesamts, der Bundesbank, des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland sowie Vertreter der Länderfinanzministerien und der Kommunen. Mihalic beharrte darauf, dass aber Lindner als Minister die Verantwortung trage.

Auf diesen Punkt wies auch das Finanzministerium hin. "Die Abgeordnete ist offenbar nicht mit den Verfahren vertraut", hieß es aus dessen Kreisen. "Die Steuerschätzungen beruhen immer auf der Konjunkturprognose des Wirtschaftsministeriums. Diese wird rein technisch umgesetzt. Die Lindner-Lücke wäre also eine Habeck-Lücke, wenn der Vorwurf überhaupt zutreffend wäre."

"Da, wo ein Wille ist, ist auch ein Haushalt"

Mihalic sagte, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) habe mit der Bereitschaft, die ursprünglich für den Chipkonzern Intel geplanten Milliarden zur Schließung der Haushaltslücke zur Verfügung zu stellen, einen wichtigen Schritt auf die Koalitionspartner hin gemacht. "Da, wo ein Wille ist, ist auch ein Haushalt." Es müsse aufhören, dass eine einzelne Partei ihre Interessen "zum Nabel der Regierungspolitik" mache.

Zur Lage der Koalition aus SPD, Grünen und FDP sagte Mihalic: "Schön wird's sicher nicht mehr. Wenn's jemals schön war. Aber das ist jetzt nicht die Frage."/hrz/DP/mis