MÜNCHEN (dpa-AFX) - Eine schwache Nachfrage und ein Abbau der Lagerbestände bei Kunden hat Wacker Chemie im vergangenen Jahr deutlich belastet. Der Gewinn brach um fast drei Viertel ein. "2023 ist der Industriemotor weltweit ins Stottern geraten", sagte Unternehmenschef Christian Hartel am Montag laut Mitteilung in München. Auch Wacker habe die Folgen zu spüren bekommen. "Die weiterhin hohen Energiepreise in Deutschland haben unser Geschäft zusätzlich belastet." Eine Erholung der Nachfrage sei auch zum jetzigen Zeitpunkt nicht in Sicht, so Hartel. Für die Wacker-Aktien ging es am Morgen abwärts.

Der Umsatz fiel im vergangenen Jahr auf Basis vorläufiger Zahlen um 22 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro. Davon blieben 824 Millionen Euro als Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) übrig - 60 Prozent unter dem Rekordwert von 2022. Der Überschuss sackte um fast eine Milliarde auf 330 Millionen Euro ab.

Bei Umsatz und operativem Gewinn blieb Wacker leicht unter den durchschnittlichen Analystenschätzungen. Der freie Barmittelzufluss von rund 166 Millionen Euro habe die Markterwartung sogar um rund 15 Prozent verfehlt, schrieb Analyst Konstantin Wiechert von der Baader Bank in einer ersten Reaktion. Er vermutet aber, dass die Zahlen zumindest zum Teil bereits im Kurs eingepreist sein könnten. Aus Sicht von Jefferies-Analyst Chris Counihan habe das Geschäft mit Silikonen positiv überrascht. Das Geschäft mit Polymeren habe hingegen enttäuscht.

Die Aktien des MDax-Konzerns verloren am Morgen zeitweise fast drei Prozent an Wert und lagen zuletzt noch mit einem halben Prozent im Minus. In der vergangenen Woche hatte sich ihr Kurs noch auf niedrigem Niveau stabilisiert. Mitte des Monats war er auf gut 90 Euro und damit auf den niedrigsten Stand seit November 2020 gefallen.

Wacker-Chemie-Chef Hartel war mit Blick auf die Geschäftsentwicklung zuletzt im Herbst vorsichtiger geworden und hatte seither einen Umsatz von rund 6,5 Milliarden Euro sowie ein operatives Ergebnis (Ebitda) von 800 bis 900 Millionen Euro in Aussicht gestellt.

Die Chemiebranche leidet schon länger unter einer trägen Weltwirtschaft. Europa schwächelt und der besonders wichtige Markt China leidet unter einer schweren Immobilienkrise. Die Bauindustrie ist ein wichtiger Abnehmer von Wackers Polymeren. Diese chemischen Verbindungen sind die Basis etwa für Klebstoffe, werden aber auch in Bodenbelägen, Farben und Beton beigemischt, um Eigenschaften zu verändern.

Zudem bekam Wacker im Geschäft mit Silikonen einen Druck auf die Preise zu spüren. Diese Kunststoffe werden in der Elektronikindustrie, bei Textilherstellern, Medizintechnikunternehmen und in der Baubranche eingesetzt. Und auch das Geschäft mit Polysilizium für die Solarindustrie schwächelte wegen der Billigkonkurrenz aus China./mis/niw/stw/men