BAD HOMBURG (dpa-AFX) - Beim kriselnden Fresenius-Konzern zeigen sich die ersten Erfolge seiner neuen Wachstumsstrategie. Der Medizinhersteller und Deutschlands größter Krankenhausbetreiber startete überraschend dynamisch in das neue Jahr. Zugleich ging das Betriebsergebnis weitaus weniger stark zurück als von Analysten befürchtet. Dabei profitierte der Dax-Konzern auch von Einsparungen. "Die Weichen sind gestellt, unsere Produktivitätsmaßnahmen greifen", sagte Konzernchef Michael Sen laut Mitteilung vom Dienstag in Bad Homburg. Der Vorstand hält daher an seinen Jahreszielen fest.

Der Umsatz kletterte im ersten Quartal im Vorjahresvergleich um fünf Prozent auf 10,2 Milliarden Euro. Das um Sondereffekte bereinigte operative Ergebnis ging zwar unter anderem wegen höherer Kosten um neun Prozent auf 908 Millionen Euro zurück, fiel jedoch deutlich besser aus als von Analysten erwartet. Der auf die Anteilseigner entfallende Überschuss sank um 16 Prozent auf 346 Millionen Euro.

Dass es nicht schlimmer kam, sei vor allem dem unerwartet guten Abschneiden der Dialysetochter Fresenius Medical Care (FMC) geschuldet, sagte ein Aktienhändler am Morgen. Das größte Sorgenkind im Quartal sei die Servicetochter Vamed gewesen. Analyst James Vane-Tempest vom Investmenthaus Jefferies lobte zudem die Entwicklung der Infusionssparte Kabi.

Die in den vergangenen Jahren stark gefallene Fresenius-Aktie setzte sich am Morgen mit einem Kurssprung um rund sechs Prozent an die Spitze des Dax. Das FMC-Papier war mit einem Plus von rund einem Prozent zuletzt stärkster Titel im MDax , dem Index der mittelgroßen Werte.

Der seit Oktober amtierende Unternehmenslenker Sen hatte Fresenius in diesem Frühjahr eine neue Strategie samt höheren Einsparzielen und einem straffen Korsett für die Profitabilität verordnet. Er will die Kosten etwa in der Verwaltung senken, Prozesse verbessern und Randbereiche veräußern. Ab 2025 will Fresenius so jährlich rund eine Milliarde Euro einsparen. Im ersten Quartal betrugen die Einsparungen den Angaben zufolge rund 130 Millionen Euro.

Den Schwerpunkt von Fresenius bilden nunmehr die Klinikgesellschaft Helios und die Tochter Kabi, die unter anderem auf klinische Ernährung und Nachahmermedikamente spezialisiert ist. Die von Sen selbst noch bis Ende Februar kommissarisch geleitete Kabi steigerte ihren Umsatz im ersten Quartal um acht Prozent. Vor allem das Geschäft mit Medizintechnik wie Infusionspumpen sowie die neuen Biopharma-Produkte liefen gut, beide Bereiche sind inzwischen ausgebaut. Höhere Kosten lasteten zwar auf der Marge, doch diese liege bereits innerhalb der angestrebten "strukturellen Bandbreite", hieß es vom Konzern.

Auch beim Krankenhausbetreiber Helios wuchs der Erlös aufgrund weiter gestiegener Behandlungszahlen. Vor allem in Spanien verzeichneten die Kliniken eine anhaltend gute Nachfrage, aber auch in Lateinamerika entwickelten sich die Häuser den Angaben zufolge gut. Das Geschäft mit Fruchtbarkeitsbehandlungen erholte sich mit einem Umsatzwachstum von 16 Prozent von der Corona-Delle.

Die Noch-Tochter Fresenius Medical Care (FMC) profitierte unter anderem von einem starken Produktgeschäft in der Intensivmedizin, einem Rückgang des Personalmangels in den USA sowie ersten Erfolgen beim Umbau. Sie konnte ihren Umsatz leicht steigern. Das um Sondereffekte bereinigte Betriebsergebnis ging im ersten Quartal zwar um neun Prozent auf 354 Millionen Euro zurück. Analysten hatten aber mit schlechteren Resultaten gerechnet. Inklusive aller Effekte brach der Gewinn im Tagesgeschäft um ein Viertel ein. Unter dem Strich erzielte FMC mit 86 Millionen Euro 45 Prozent weniger Gewinn als ein Jahr zuvor.

Derzeit treibt Fresenius die geplante bilanzielle Trennung von FMC voran. Auf einer außerordentlichen Hauptversammlung am 14. Juli soll über die Umwandlung der Rechtsform von zuvor einer Kommandit- in eine Aktiengesellschaft entschieden werden. Damit muss Fresenius den Blutwäschespezialisten künftig nicht mehr voll in seine Bilanz aufnehmen, sondern kann ihn entsprechend der Beteiligung von rund einem Drittel berücksichtigen.

FMC hatte sich in der Vergangenheit mehrfach als große Bürde für Fresenius erwiesen und mehrere Gewinnwarnungen auch bei der Mutter ausgelöst. Unter anderem die hohe Übersterblichkeit von Corona-Patienten und steigende Kosten in der Pandemie hatten dem Dialyseanbieter zugesetzt. Der Vorstand rund um Sen stellt mit der bilanziellen Entflechtung nun die Weichen für eine mögliche komplette Trennung von FMC in der Zukunft. Bereits jetzt behandelt Fresenius FMC nur noch als Finanzbeteiligung. Wegen seiner miserablen Kursentwicklung an der Börse ist der Dialyseanbieter im März bereits in den MDax abgestiegen.

Auch seine Servicegesellschaft Vamed betrachtet Fresenius nur noch als Finanzinvestment, obwohl der Konzern dort Mehrheitseigner ist. Von Januar bis März machten dem österreichischen Unternehmen ein schwaches Projektgeschäft und einige Sondereffekte zu schaffen, wodurch es rote Zahlen schrieb. Inzwischen sei ein umfangreiches Umbauprogramm eingeleitet worden, hieß es von Fresenius ohne weitere Details dazu.

Vamed dürfte auch bei der am Nachmittag anstehenden Analystenkonferenz ein Thema werden. Die "Wirtschaftswoche" hatte kürzlich aus einem Brief von Fresenius zitiert, in dem von "Performance-, Liquiditäts- und Compliance-Risiken" bei Vamed die Rede war./tav/stw/zb