BERLIN (dpa-AFX) - In der FDP mehren sich nach den verheerenden Ergebnissen bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen die Stimmen, die den Fortbestand der Ampel-Koalition infrage stellen. "Wir müssen in den nächsten Tagen eine klare Antwort auf die Frage finden, ob unserem Land mit der Ampel-Koalition wirklich noch geholfen ist - oder ob sie am Ende dem Land und unserer Demokratie sogar eher schadet", sagte die Vize-Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Gyde Jensen, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Wenn wir die Dinge jetzt weiter schönreden, wäre das nur eine Flucht vor der Realität."

Initiative fordert "Raus aus der Ampel"

Noch deutlicher wurde die Basisinitiative "Weckruf-Freiheit", die einen offenen Brief auf ihrer Internetseite überschrieb mit "Herr Lindner: Raus aus der Ampel oder Rücktritt". Darin heißt es weiter: "Die Treue zur Ampel führt zu einem gefährlichen Identitätsverlust der FDP und wird unserer Partei den Todesstoß versetzen."

Der Parteivorsitzende Christian Lindner solle handeln oder Raum für Menschen schaffen, die es tun. Als neuer FDP-Chef wurde der amtierende Generalsekretär Bijan Djir-Sarai vorgeschlagen.

Aus Lindners Umfeld hieß es zu dem Aufruf: "Auf dem kommenden Bundesparteitag 2025 kann jeder antreten, der sich für die Führung der FDP berufen fühlt. Dann zeigt sich im Zweifel, wer welche Kampfkraft und Strategie hat."

Hinter dem offenen Brief steckt ein ähnlicher Kreis wie hinter der Mitgliederbefragung zum Verbleib in der Koalition Ende vergangenen Jahres. Bei dieser wurde ein Ausstieg aus dem Regierungsbündnis mit SPD und Grünen knapp abgelehnt. Das Interesse an dem Brief hielt sich zunächst in Grenzen. Bis Dienstagmittag wurde er etwa tausendmal angeschaut.

Katastrophale FDP-Wahlergebnisse

Die drei Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP hatten bei den Wahlen am Sonntag miserable Ergebnisse eingefahren. Die Freien Demokraten kamen in Sachsen bei den Zweitstimmen auf 0,9 Prozent und in Thüringen auf 1,1 Prozent. Damit verpassten sie in beiden Ländern den Einzug in den Landtag deutlich. "Die FDP wird marginalisiert", hieß es in der Analyse der Forschungsgruppe Wahlen zu Sachsen.

"Das Wahlergebnis zeigt: Die Ampel hat ihre Legitimation verloren", schrieb daraufhin der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki auf der Plattform X.

"Viele Menschen sehnen Ende der Ampel herbei"

Fraktionsvize Jensen sagte dazu: "Aus rein rechtlicher Perspektive hat die Ampel ihre Legitimation sicherlich nicht verloren, aber das ist nicht die entscheidende Kategorie in einer Demokratie." Viele Menschen im Land sehnten ein Ende der Ampel herbei.

Für die Bürger bedeute eine Koalition keinen "Zusammenschluss auf Gedeih und Verderb, nur weil eine Legislaturperiode vier Jahre dauert". Die Frage sei, inwieweit es bis zum regulären Termin der Bundestagswahl noch gelingen könne, die notwendigen politischen Maßnahmen umzusetzen und einen Stimmungswandel in der Bevölkerung herbeizuführen.

Der FDP-Fraktionschef im baden-württembergischen Landtag, Hans-Ulrich Rülke, nimmt in seiner Partei immer mehr Frust über die Ampel wahr. "In der Tat melden sich immer mehr Parteifreundinnen und Parteifreunde bei mir, die einen Ausstieg aus der Ampel wünschen", sagte er. Er selbst spricht sich aber derzeit für einen Verbleib in der Koalition aus. Verantwortung zu übernehmen heiße, die Interessen des Landes über die der Partei zu stellen. "Das bedeutet, dass wir weiter versuchen sollten, die Probleme des Landes zu lösen."/sk/DP/nas