STRASSBURG (dpa-AFX) - Ein geplantes Gesetz zu schärferen Regeln für Künstliche Intelligenz (KI) in der EU hat eine weitere Hürde genommen. Das Europaparlament legte am Mittwoch in Straßburg seine Position für die Verhandlungen mit den EU-Ländern über die endgültige Form des sogenannten KI-Gesetzes fest. Demnach sollen KI-Systeme in verschiedene Risikogruppen eingeteilt werden. Je mehr Gefahr von der jeweiligen Anwendung ausgeht, desto strengere Regeln könnten gelten.

Auch komplette Verbote soll es geben, etwa von Gesichtserkennung in Echtzeit im öffentlichen Raum. Besonders um diesen Punkt wurde gerungen. Axel Voss von der CDU nannte das Verbot "bedauerlich" und eine "verpasste Chance": "KI kann richtig angewandt bei der Strafverfolgung zu deutlich mehr Sicherheit für die Bevölkerung führen." FDP-Digitalpolitikerin Svenja Hahn sagte dagegen: "Gesichtserkennung zur Überwachung kennen wir aus China, diese Anwendung von Technologie hat in einer liberalen Demokratie nichts zu suchen." Aufzeichnungen könnten aber nach Angaben des Parlaments wohl unter bestimmten Voraussetzungen ausgewertet werden.

Künstliche Intelligenz bezeichnet meist Anwendungen auf Basis maschinellen Lernens, bei denen eine Software große Datenmengen nach Übereinstimmungen durchforstet und daraus Schlussfolgerungen zieht. Sie werden schon jetzt in vielen Bereichen eingesetzt. Zum Beispiel können solche Programme Aufnahmen von Computertomografen schneller und mit einer höheren Genauigkeit als Menschen auswerten. Auch selbstfahrende Autos versuchen so, das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer vorherzusagen. Und Chatbots oder automatische Playlists von Streaming-Diensten arbeiten ebenfalls mit KI.

Nicht nur die Gesichtserkennung, auch andere KI-Anwendungen gehören nach Ansicht der Abgeordneten künftig verboten: Zum Beispiel die sogenannte vorausschauende Polizeiarbeit, die mit Profilerstellung und Standortermittlung arbeitet und aufgrund früheren Verhaltens abschätzt, ob eine Person eine Straftat begehen wird. KI-Systeme, die Menschen nach ihrem sozialen Verhalten oder ethnischen Merkmalen klassifizieren, sollen ebenfalls nicht zulässig sein. Auch die Erstellung von Datenbanken zur Gesichtserkennung verstößt nach Ansicht des EU-Parlaments gegen die Menschenrechte und dürfte nicht erlaubt sein, ebenso wenig wie Systeme zur Emotionserkennung etwa am Arbeitsplatz.

Die AfD kritisierte die Entscheidung: "Die EU ist aufgrund ihrer systemimmanenten Schwerfälligkeit kaum in der Lage, diese sich rasant entwickelnde Technologie adäquat zu begleiten", sagte der industriepolitische Spreche der AfD im EU-Parlament, Markus Buchheit.

Der KI Bundesverband warnte vor den Folgen des geplanten Gesetzes: "Mit den durch das EU-Parlament vorgesehenen Regulationen entstehen für europäische KI-Unternehmen zusätzliche und gefährlich hohe Compliance-Kosten sowie erhebliche Haftungsrisiken, die europäische KI-Unternehmen übermäßig belasten", sagte der Geschäftsführer des Verbandes, Daniel Abbou.

Auch der Handelsverband Deutschland (HDE) befürchtet eine Überregulierung. "Klar ist, dass wir Regeln brauchen, dabei darf aber nicht das Kind mit dem Bade ausgeschüttet werden", sagte der stellvertretende HDE-Hauptgeschäftsführer Stephan Tromp. Es gebe keinen Grund, naiv mit KI umzugehen, gleichzeitig dürfe aber auch nicht ein unbegründetes Gefühl der Angst die Oberhand gewinnen.

Die SPD begrüßte dagegen den Entschluss: "Durch die Dynamik um ChatGPT und Co sind die Potenziale und Risiken dieser Anwendungen in der Breite der Gesellschaft spürbar geworden. Dadurch wurde noch klarer, dass wir eine wertebasierte und vertrauenswürdige Regulierung von KI benötigen - auch als Gegenpol zu den USA und China", sagte Armand Zorn (SPD).

Die Verhandlungen mit den EU-Staaten sollten nach Angaben des EU-Parlaments bereits am Abend beginnen./rew/DP/ngu