BRÜSSEL (dpa-AFX) - Mehr schriftliche Verträge, verpflichtende Vermittlung zwischen Bauern und Abnehmern und mehr Klarheit, was genau ein fairer Milchpreis ist: Die EU-Kommission will die Position von Bauern bei Verhandlungen mit ihren Kunden stärken. Künftig soll es etwa verpflichtend sein, schriftliche Verträge zwischen Landwirten und Abnehmern zu schließen.

Das soll nach Angaben des neuen EU-Agrarkommissars Christophe Hansen niedrigschwellig möglich sein. Die Lage unterscheide sich von Sektor zu Sektor. Es brauche eine gewisse Freiheit und Einfachheit in den Verträgen, auch um Bürokratie so einfach wie möglich zu gestalten.

"Das kann auch eine E-Mail sein, in der man verabredet: Ich liefere Dir zu diesem Zeitpunkt diese Menge, zu diesem Preis und in dieser Qualität", sagte der Luxemburger der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel. Bislang gebe es oft nur mündliche Absprachen.

Hansen hofft auf schnelle Umsetzung

Jeder gewinne, wenn man die Position der Landwirte stärke, sagte Hansen. Es komme jetzt auf die an der Gesetzgebung beteiligten EU-Staaten an, wie schnell die Vorschläge in Kraft treten könnten, so der Kommissar. Er wünsche sich, dass es innerhalb von sechs Monaten zu einer Einigung komme. Großen Widerstand gegen seine Vorschläge erwartet er nicht.

Darüber hinaus soll es künftig Mediationsprozesse zwischen Bauern und Abnehmern geben. Diese könnten laut Hansen stattfinden, wenn etwa Düngemittelpreise unvorhergesehen stark steigen und eine Lösung fehle, wie diese zusätzlichen Kosten aufgeteilt werden. Zudem sollen Definitionen eingeführt werden, wenn etwa mit fairen Milchpreisen oder kurzen Lieferketten auf Verpackungen geworben wird.

Landwirte hatten etwa im Zuge des russischen Angriffskriegs mit gestiegenen Preisen für Energie und andere Produkte zu kämpfen. Zudem beklagen sie, dass EU-Vorgaben sie mit zu viel Bürokratie belasten. Diese Unzufriedenheit hatte sich auch in großen Protesten in Europa ausgedrückt. Die EU-Kommission hatte in der Vergangenheit schon mehrfach Vereinfachungen für Landwirte auf den Weg gebracht.

Brüssel will Bauern Zugang zu Geld vereinfachen

Die EU-Kommission will zudem höhere Kleinst-Beihilfen für Landwirte ermöglichen. Die Grenze für sogenannte De-minimis-Beihilfen wird auf 50.000 Euro erhöht, wie die Behörde mitteilte. Das sind staatlich finanzierte Unterstützungen, die den Angaben zufolge nicht von den EU-Wettbewerbshütern genehmigt werden müssen.

Derzeit liegt die Höchstgrenze dieser Staatsgelder zwischen 20.000 und 25.000 Euro innerhalb von drei Jahren. Mit der Erhöhung der Beihilfen soll etwa die hohe Inflation der Vergangenheit ausgeglichen werden, so die Kommission. Die überarbeiteten Regeln sollen bis Ende 2032 gelten.

Milliarden von der Europäischen Investitionsbank

Zudem sollen Landwirte durch Kredite der Europäischen Investitionsbank (EIB) in Höhe von drei Milliarden Euro unterstützt werden, wie aus einer Mitteilung hervorgeht. Demnach soll ein Teil der Darlehen für Junglandwirte oder neue Landwirte bestimmt sein, da diese im Allgemeinen mehr Schwierigkeiten hätten, herkömmliche Bankfinanzierungen zu erhalten.

Zudem sollen gezielt Landwirtinnen sowie grüne Investitionen unterstützt werden. Gemeinsam mit der Kommission will die EIB unter anderem neue Formen der landwirtschaftlichen Versicherung entwickeln. Die EIB ist die EU-Institution für langfristige Finanzierungen. Eigentümer sind die Mitgliedstaaten./mjm/DP/mis