BERLIN/STUTTGART/WIESBADEN (dpa-AFX) - Die umstrittene FFP2-Maskenpflicht für Bewohner von Pflegeheimen und Behinderteneinrichtungen wackelt. Baden-Württemberg hat die Regelung am Freitag auf eigene Faust gekippt. Auch in Wiesbaden wurde klargestellt, dass die Vorgabe so in Hessen nicht gilt. Über den Bundesrat forderten die Bundesländer den Bund am Freitag außerdem dazu auf, die entsprechende Regelung im Infektionsschutzgesetz, die seit dem 1. Oktober gilt, mit einer erneuten Gesetzesänderung zu korrigieren.

In einer Stellungnahme sprach sich die Länderkammer dafür aus, die Maskenpflicht für Bewohner von Pflegeeinrichtungen und für Menschen mit Behinderung wieder aufzuheben, ebenso für Beschäftigte in Behindertenwerkstätten. Diese würden gegenüber anderen Gruppen von Beschäftigten in vergleichbaren Tätigkeitsfeldern durch die Maskenpflicht ungleich behandelt, heißt es darin unter anderem.

Die aktuell geltenden Regeln sehen eigentlich vor, dass etwa Pflegeheimbewohner grundsätzlich FFP2-Masken tragen müssen, außer "in den für ihren dauerhaften Aufenthalt bestimmten Räumlichkeiten". Die Maske darf demnach nach bisheriger Lesart nur im Zimmer ab und muss beispielsweise in Gemeinschaftsräumen getragen werden. Unter anderem die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (Bagso) hatte das kritisiert und von einem "erheblichen Einschnitt" in die Lebensqualität der Pflegebedürftigen gesprochen. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz hatte sich dem angeschlossen.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und Vertreter der Pflegebranche und Krankenkassen verteidigten die Regeln dagegen nach deren Inkraftreten Anfang Oktober. Der SPD-Politiker warnte vor hohen Corona-Infektionsrisiken in Gemeinschaftsräumen der Einrichtungen. "Wenn dann einer infiziert ist und hat eine hohe Viruslast, dann ist das eine sehr schlechte Nachricht für die gesamte Einrichtung."

Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) sagte der Deutschen Presse-Agentur am Freitag in Stuttgart, man habe die Einrichtungen per Brief darüber informiert, dass sie ebenso wie die Einrichtungen der Behindertenhilfe ab sofort selbst entscheiden könnten, ob sie an der Maskenpflicht in Gemeinschaftsräumen festhalten wollten.

Der Bund habe auf Drängen des Landes einen Katalog mit Fragen und Antworten zu den umstrittenen Paragrafen des Infektionsschutzgesetzes vorgelegt. "Danach ist es nach unserer Auffassung vertretbar, auf eine Maskenpflicht in Gemeinschaftsräumen zu verzichten", sagte Lucha. Es sei wichtig, soziale Kontakte zu ermöglichen.

Auch in Hessen müssen Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeeinrichtungen in Gemeinschaftsräumen keine Maske tragen, wie das Sozialministerium am Freitag mitteilte. Verwiesen wurde auf den im Grundgesetz verankerten Schutz der Wohnung. Gemeinschaftlich von den Bewohnern genutzte Räume seien von der Maskenpflicht auszunehmen, da sie aufgrund der Besonderheiten der Unterbringung in einer vulnerablen Einrichtung zum dauerhaften Aufenthalt bestimmt seien./jr/DP/ngu