HAMBURG (dpa-AFX) - Beim Wind- und Solarparkbetreiber Encavis haben neue Anlagen und eine Übernahme in Italien einen Umsatzrückgang im ersten Halbjahr verhindert. Niedrigere Strompreise und ungünstigeres Wetter ließen den operativen Gewinn jedoch sinken, wenn auch nicht so stark wie von Analysten erwartet. Das Management bestätigte zwar seine Prognose für das laufende Jahr. Voraussetzung seien allerdings stabile Wetterbedingungen in den kommenden Monaten, sagte Encavis-Chef Christoph Husmann in einer Telefonkonferenz am Dienstagmorgen. Die Anleger des MDax-Konzerns reagierten verhalten auf die Neuigkeiten.

Der Kurs der Encavis-Aktie fiel am Dienstag bis zur Mittagszeit um mehr als zwei Prozent auf 13,54 Euro und damit auf den tiefsten Stand seit Anfang 2022. Damit setzt sich der zuletzt negative Trend fort. Angesichts eines Kursverlusts von mehr als einem Viertel im bisherigen Jahresverlauf ist die Aktie einer der größten Verlierer im Index der mittelgroßen Werte. Im vergangenen Jahr hatten bei Encavis hohe Strompreise die Erträge beflügelt - und in der Folge auch den Aktienkurs.

In den ersten sechs Monaten 2023 sank der operative Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund elf Prozent auf knapp 152 Millionen Euro, wie Encavis am Montagabend nach Börsenschluss mitteilte. Die Unternehmensführung führte als Gründe neben dem Wetter und den geringeren Strompreisen auch eine "marktüblich geringere Marge" von Stern Energy im Vergleich zur Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien an. Das zugekaufte Unternehmen bietet technische Dienstleistungen für die europaweite Errichtung, den Betrieb und die Wartung von Photovoltaik-Anlagen an. Rund ein Drittel des Geschäfts machen dabei die Solar-Parks von Encavis aus.

Unter dem Strich verdiente Encavis gut 32 Millionen Euro und damit fast ein Drittel weniger als ein Jahr zuvor. Grund war unter anderem ein schwächeres Finanzergebnis. Der operative Barmittelzufluss verringerte sich um über ein Drittel auf 113,5 Millionen Euro und verfehlte damit die Erwartungen der Analysten deutlich.

Die Erlöse konnte Encavis hingegen mit gut 226 Millionen Euro dank neu ans Netz gegangener Parks auf dem Niveau des Vorjahreszeitraums halten. Dabei sind Abzüge infolge der Strompreisbremsen in mehreren Ländern bereits berücksichtigt. Zwei Drittel des Umsatzes steuerte das Solar-Geschäft von Encavis bei und ein Viertel die Windparks. Der Rest kommt aus dem Fondsgeschäft und der Wartung von Solaranlagen. Allein durch das im Vergleich zum starken Vorjahreszeitraum ungünstigere Wetter sei dem Unternehmen ein Umsatz von 19 Millionen Euro entgangen, sagte Husmann. Das stabile Umsatzniveau zeuge von einem stabilen Geschäftsmodell.

Branchenexperte Martin Comtesse vom Investmenthaus Jefferies zeigte sich von den jüngsten Ergebnissen wenig überrascht. Das zweite Quartal sei wegen der Strompreisentwicklung und schlechter Wetterbedingungen erwartungsgemäß schwach gewesen, schrieb er in einer Studie. Er sieht die Geschäfte des Wind- und Solarparkbetreibers nun aber am Beginn einer Trendumkehr.

Für das Gesamtjahr hat sich Encavis vorgenommen, nach Abzug der Strompreisbremsen einen Umsatz von 440 Millionen Euro zu erzielen. Im Vorjahr hatte der Umsatz 462,5 Millionen Euro erreicht. Der operative Gewinn dürfte den Plänen zufolge von 350 Millionen Euro auf 310 Millionen Euro sinken. Das bereinigte Ergebnis je Aktie soll den Vorjahreswert von 0,60 Euro leicht übertreffen.

In der Jahresprognose sei etwas Puffer vorhanden gewesen, sagte Husmann. Doch dieser sei mit den schlechten meteorologischen Bedingungen im ersten Halbjahr bereits aufgebraucht. Sofern das Wetter in der zweiten Jahreshälfte stabil bleibe, sei er aber zuversichtlich, die Jahresziele erreichen zu können. Auch an seinen mittelfristigen Zielen bis 2027 hält der Manager fest. Husmann war Anfang des Jahres an die Spitze des Hamburger Unternehmens gerückt und verantwortet auch die Finanzthemen.

Sein Vorstandskollege Mario Schirru erläuterte: "Angesichts der zahlreich im Markt verfügbaren Wind- und Solarparkprojekte sowie der weiterhin gut gefüllten Projektpipeline unserer strategischen Entwicklungspartner, schauen wir voller Zuversicht auf die kommenden Jahre des ansteigenden Wachstums", sagte er laut Mitteilung./lew/mis/stw/mis