HANNOVER/FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Rückkehr der Reiselust trotz hoher Inflation zieht die Reisebranche aus dem Corona-Tief. Zwar erreichten die Buchungen beim Branchenprimus Tui im Sommer noch nicht ganz das Niveau vor der Pandemie. Sie lagen nach Angaben des Unternehmens 5 Prozent höher als im Jahr 2022, aber noch 4 Prozent niedriger als 2019. Ohne Ereignisse wie die Waldbrände auf Rhodos hätte der Konzern seine Erwartungen aber übertroffen, sagte Vorstandschef Sebastian Ebel am Dienstag. Trotz stark gestiegener Lebenshaltungskosten haben viele Urlauber nach Daten des Reiseveranstalters Dertour nicht am diesjährigen Sommerurlaub gespart - im Gegenteil.

Tui-Chef Ebel sieht den Konzern auf Kurs zu seinem Gewinnziel für das zu Ende gehende Geschäftsjahr bis Ende September. So soll der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Sondereffekten (bereinigtes Ebit) den Vorjahreswert von 409 Millionen Euro weiterhin deutlich übertreffen. Das liegt neben der Erholung der Nachfrage auch an höheren Preisen: So geben die Kunden in diesem Sommer laut Tui im Schnitt 8 Prozent mehr für ihre Buchungen aus als im Vorjahr. Im Vergleich zum Sommer 2019 belaufe sich der Anstieg auf 27 Prozent. Bei den Buchungszahlen bezieht sich Tui auf den Buchungsstand zum 10. September.

An der Börse kamen die Neuigkeiten gut an: Die Tui-Aktie legte in London bis zum späten Vormittag um rund fünfeinhalb Prozent zu.

Die positive Geschäftsentwicklung zeigt sich laut Ebel besonders in den beiden wichtigsten Märkten des Konzerns: In Deutschland lägen die Buchungen 10 Prozent höher als im Vorjahr. In Großbritannien zähle Tui ähnlich viele Gäste wie im bereits starken Jahr 2022 und damit sogar 4 Prozent mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019. "Die positive Buchungsdynamik hält an und ich bin sehr optimistisch für die bevorstehende Winter- und Sommersaison", sagte Ebel.

Nach einer Analyse des Reiseveranstalters Dertour, der zum Branchenzweiten DER Touristik gehört, haben die Menschen am diesjährigen Sommerurlaub nicht gespart. Demnach buchten 80 Prozent der Gäste ein 4- oder 5-Sterne-Hotel. Im vergangenen Jahr waren es 79 Prozent. Ein Viertel wählte ein Luxushotel (5 Sterne) - zwei Punkte mehr als im Sommer 2022. "Wir haben festgestellt, dass sich die Trends des vergangenen Sommers und des Winters, beispielsweise zu höherwertigen Hotels, fortgesetzt und sogar nochmal verstärkt haben", erläuterte Sven Schikarsky, Produktchef von Dertour sowie ITS und Meiers Weltreisen.

Gestiegen sei zudem die Zahl der Familienurlaube. Bei Fernreisen gebe es ein leichtes Plus. "Das zeigt uns: Der Stellenwert des Urlaubs ist höher denn je", analysierte Schikarsky. Der Veranstalter Dertour wertete das Buchungs- und Reiseverhalten seiner Gäste sowie bei den Schwestermarken Jahn Reisen, ITS, Meiers Weltreisen und Travelix für die Monate Juni bis Ende September aus. Die Sommersaison läuft traditionell bis Ende Oktober.

Im Trend liegt weiter All-inclusive. 45 Prozent der Gäste entschieden sich Dertour zufolge in diesem Sommer dafür. Wer fürs Essen und Getränke nicht extra zahlen muss, hat mehr Kontrolle über die Kosten.

Nach jüngst veröffentlichten Daten des Analysehauses TDA lagen die Buchungsumsätze für Veranstalterreisen insgesamt in der Sommersaison 2023 Ende Juli 16 Prozent über dem Vorjahreszeitraum und 9 Prozent über dem Vor-Corona-Niveau des Sommers 2019. TDA wertet die Buchungen von Pauschal- und Bausteinreisen in rund 2000 Reisebüros aus. Zusätzlich werden im Onlinebereich die Buchungsdaten der klassischen Reiseportale erfasst./mar/stw/DP/stw