BERLIN (dpa-AFX) - Der Essenslieferdienst Delivery Hero will im laufenden Geschäftsjahr den operativen Verlust im Bestfall noch etwas weiter begrenzen und 2023 schwarze Zahlen schreiben. So rechnet der Vorstand damit, im kommenden Jahr einen geringen Gewinn vermelden zu können. Unterdessen belasten die Inflation und die damit einhergehende Konsumflaute unter den Verbrauchern das Bestellverhalten. An der Börse zogen die Delivery-Hero-Aktien am Vormittag zeitweise zweistellig an, konnten die Gewinne aber nicht ganz halten. Zuletzt legten sie aber immer noch rund acht Prozent zu und lagen damit mit an der Spitze des MDax .

Basierend auf dem Bruttowarenvolumen (GMV) solle 2022 eine um Sondereffekte bereinigte operative Marge (Ebitda-Marge) von minus 1,4 bis minus 1,5 Prozent erreicht werden, teilte der Konzern am Donnerstag in Berlin mit. Das ist an beiden Enden der Spanne jeweils 0,1 Prozentpunkte besser als bislang in Aussicht gestellt. Im laufenden Jahr hatten Lieferdienste nach deutlichem Druck der Investoren und einem massiven Kursverfall ihren Fokus von aggressivem Wachstum schließlich auf Profitabilität verlegt. Delivery Hero schaut seither darauf, wo Ausgaben weiter runtergefahren werden können.

2023 will Delivery Hero dann operativ in die schwarzen Zahlen gelangen. So soll die Ebitda-GMV-Marge bei mehr als 0,5 Prozent liegen, wobei das zweite Halbjahr mehr als doppelt so gut ausfallen könnte. Damit konkretisiert der Vorstand sein Ziel. Bereits Ende April hatten die Manager ihre Absicht verkündet, im kommenden Jahr die Gewinnschwelle überschreiten zu wollen. Zudem peilt das Management an, die Schwelle beim freien Mittelzufluss (Free Cashflow) im zweiten Halbjahr 2023 zu erreichen. Analysten werteten die Ziele als positives Signal.

Allerdings dürften Kunden im laufenden Jahr nochmals weniger als erwartet bestellen. Konzernchef Niklas Östberg knöpfte sich erneut die Prognosen für den Bruttowarenwert und Konzernumsatz vor. So dürfte der Gesamtwert aller Waren, die den Weg in den digitalen Einkaufswagen finden, nur bei rund 44,7 Milliarden Euro liegen nach bislang 44,7 bis 46,9 Milliarden Euro. Der Konzernerlös des Gesamtjahres sollte am unteren Ende von 9,8 bis 10,4 Milliarden Euro liegen.

Unterdessen stieg der Bruttowarenvolumen der Monate Juli bis September um zwölf Prozent auf rund 11,5 Milliarden Euro. In den vergangenen Monaten hatte der Konzern Maßnahmen wie einen höheren Mindestbestellwert eingeführt. Dadurch stieg etwa im Bereich rund um minutenschnelle Lieferungen (Quick Commerce) die durchschnittliche Größe eines Warenkorbs nach Unternehmensangaben deutlich.

Der Gesamtumsatz legte um 28 Prozent auf 2,5 Milliarden Euro zu. Damit schnitt der Konzern in etwa wie von Branchenkennern erwartet ab. Zugutekommt Delivery Hero dabei etwa der Einsatz neuer Werbetechniken, mit denen Restaurants in den Smartphone-Apps Angebote bewerben können. Die digitalen Werbeumsätze - auch AdTech genannt - gelten als margen- und wachstumsstark. Aufgrund des starken Wachstums stellte Delivery Hero Erlöse von mehr als zwei Milliarden Euro ab spätestens im 2025 in Aussicht.

Delivery Hero teilte ferner mit, mit seinem größten Segment rund um die Vermittlung und Auslieferung von Essen im abgeschlossenen Jahresviertel die bereinigte Gewinnschwelle erreicht zu haben. Details nannte das Unternehmen nicht. Für das Schlussquartal dürfte sich der bereinigte operative Gewinn des Bereichs in der unteren Hälfte der Spanne von 40 bis 120 Millionen Euro einpendeln. Grund sei ein geringeres Wachstum des Bruttowarenwertes und zusätzliche Investitionen.

Skeptiker monierten in der Vergangenheit, die höhere Profitabilität bei sinkendem Umsatz resultiere daher, dass unter anderem weniger Menschen bestellen und Delivery Hero somit weniger Werbemittel aufwenden muss./ngu/mis/zb/stk