BERLIN (dpa-AFX) - Der Essenslieferdienst Delivery Hero rechnet für 2023 mit deutlich mehr Erlös als bislang. Vor allem die zweite Jahreshälfte soll Umsatz und operativem Gewinn (Ebitda) auf die Beine helfen. Am Profitabilitätsziel will Finanzchef Emmanuel Thomassin aber nichts ändern. "Wir werden unseren Ausblick für das operative Ergebnis nicht erhöhen. Wir wollen uns die Möglichkeit offenhalten, zu reinvestieren", sagte er am Mittwoch im Gespräch mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. "Das, was wir als operatives Ergebnis versprochen haben, daran halten wir fest und das werden wir liefern." Der Konzern sei "mehr als gut unterwegs". Wo genau er investieren würde, darauf wollte sich Thomassin nicht festlegen.

Die Delivery-Hero-Aktionäre zeigten sich deutlich erfreut. Die Aktie legte im Handel am Vormittag um 8 Prozent zu.

In den ersten sechs Monaten sei das operative Ergebnis (Ebitda) um fast 500 Millionen Euro gestiegen, im Gesamtjahr solle die Verbesserung bei rund 850 Millionen Euro liegen. "In Zeiten, wo andere Wettbewerber nicht wachsen, legen wir zu und werden profitabler", sagte der Manager. Mit Blick auf das laufende dritte Quartal soll sich an der Strategie nichts ändern. "Das Wachstum setzt sich fort, wir sind gut in den Juli reingekommen", sagte Thomassin.

Wie der MDax-Konzern am Mittwoch in Berlin mitteilte, soll der sogenannte Segmenteumsatz gegenüber dem Vorjahr währungsbereinigt um 15 Prozent zulegen. Das sind fünf Prozentpunkte mehr als bislang.

Der Bruttowarenwert (Gross Merchandise Value, GMV) soll weiter um fünf bis sieben Prozent zulegen. Damit ist alles gemeint, was Kunden bestellen. Auf Jahressicht will das Management eine operative Gewinnmarge (Ebitda-Marge) gemessen am Bruttowarenwert von mehr als 0,5 Prozent schaffen. Umsatz und Ebitda dürften in der zweiten Jahreshälfte deutlich anziehen.

Übersetzt heißt das: Die Nachfrage soll im Gesamtjahr wie erwartet steigen, während die Einnahmen, die Delivery Hero etwa mit Provisionen für die Vermittlung zwischen Restaurant und Kunden oder Liefergebühren macht, deutlich zulegen soll. "Wir haben in den vergangenen Quartalen Maßnahmen wie AdTech und neue Gebühren eingeführt. Das alles führt zu einem verbesserten Umsatz", erklärte Thomassin. Gemeint sind etwa zusätzliche Servicegebühren, Werbemittel für Partnerrestaurants oder Verbesserungen von Provisionen und Liefergebühren.

Der Erlös des Lieferkonzerns setzte sich im vergangenen Jahr zu rund einem Drittel aus Provisionen sowie zu gut einem Viertel aus Liefergebühren zusammen. Beide Einnahmequellen zusammen machten 60 Prozent des Erlöses aus.

Bereits im zweiten Quartal habe der Konzern eine operative Marge von 0,2 Prozent erwirtschaftet, hieß es weiter. Zudem kletterte der Bruttowarenwert (GMV) um knapp drei Prozent auf fast 11,1 Milliarden Euro. Bei konstanten Wechselkursen wäre das Plus deutlich größer ausgefallen. Der Segmenteumsatz sprang um ein Zehntel auf fast 2,6 Milliarden Euro hoch.

Mit dem Segmenteumsatz definiert Delivery Hero seinen Erlös, der unter anderem um Marketingausgaben wie Gutscheine und Rabatte bereinigt ist. Diese sind in der Branche üblich, damit Kunden nicht etwa auf Plattformen der Konkurrenten Just Eat Takeaway , Uber Eats oder beim zum US-Konzern Doordash gehörenden Wettbewerber Wolt bestellen.

Zu knabbern hat der Konzern weiter an seinem mit Abstand wichtigsten Segment Asien, indem Kunden seit Monaten immer weniger bestellen. Dadurch kann Delivery Hero auch weniger Provisions- und Liefereinnahmen kassieren. Thomassin zufolge liegt das aber auch daran, dass im Vorjahr aufgrund von Corona-Pandemie und daraus folgenden Lockdowns das Vergleichsniveau deutlich höher sei.

Der Vorstand versucht dem Umstand mit einer "erhöhten Marketingeffizienz" zu entgegnen: Künftig sollen nur noch besonders rentable Kunden mit Rabattaktionen angesprochen werden. Schnäppchenjäger dagegen werden nicht mehr angesprochen. Thomassin rechnet damit, dass das zweite Halbjahr entsprechend besser läuft.

Überraschend erwirtschaftete unterdessen das in der Vergangenheit als Sorgenkind betrachtete Geschäftsfeld rund um sogenannte Dmarts im Juni einen Bruttogewinn. Die kleinen Warenhäuser, aus denen Delivery Hero binnen kurzer Zeit Dinge des alltäglichen Gebrauchs ausliefern will, seien nach einer übereilten und zu ambitionierten Markteinführung "rationalisiert" worden. Heißt: Schlechter laufende Läden wurden geschlossen, sodass nur lukrative Standorte blieben.

Derzeit zählt Delivery Hero 982 Dmarts, im dritten Quartal sollen 50 neue hinzukommen. Unter dem Strich bleibt es aber bei einer Reduzierung. Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum waren es weltweit noch 1125 Warenlager. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum stiegen nun zudem Bruttowarenwert und Umsatz des Segmentes Integrated Verticals deutlich./ngu/men/nas