LEVERKUSEN (dpa-AFX) - Der Chemiekonzern Covestro blickt in einem schwierigen Branchenumfeld vorsichtig auf das neue Jahr. Angesichts herausfordernder Rahmenbedingungen liege der Fokus unverändert auf Effizienz, hieß es vom Unternehmen am Donnerstag. Bereits 2023 hatte der Dax-Konzern mit Einsparungen einen noch deutlicheren Rückgang des operativen Ergebnisses verhindert. Analysten äußerten sich durchaus positiv zu den Ergebnissen und dem Ausblick. Neuigkeiten zu den Gesprächen mit Abu Dhabi National Oil (Adnoc) über eine mögliche Übernahme des Dax-Konzerns durch den Ölkonzern aus den Vereinigten Arabischen Emiraten gab es nicht.

Covestro bekam 2023 den Einbruch des chinesischen Immobiliensektors, die Schwäche der Bauwirtschaft sowie die Zurückhaltung vieler Menschen beim Kauf von Unterhaltungselektronik, Haushaltsgeräten und Möbeln zu spüren. Schwächeln diese Bereiche, lahmt auch die Nachfrage nach den Hart- und Weichschaum-Vorprodukten von Covestro, die zu Dämmmaterial, Polstern und ähnlichem verarbeitet werden. Auch harte Kunststoffe, Polycarbonate, etwa für Laptop- und Smartphone-Gehäuse sind dann weniger gefragt.

Bei einem Umsatzrückgang um ein Fünftel auf 14,4 Milliarden Euro musste Covestro im abgelaufenen Jahr denn auch einen Nettoverlust von 198 Millionen Euro hinnehmen. Die Aktionäre gehen daher erneut leer aus, nachdem bereits für 2022 wegen eines Fehlbetrages von 272 Millionen Euro keine Dividende gezahlt worden war.

Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) des Kunststoffherstellers fiel 2023 indes um ein Drittel auf knapp 1,1 Milliarden Euro. Dass der Rückgang nicht noch deutlicher ausfiel, lag auch an einer Senkung der Fixkosten um einen mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Betrag. Zudem wurde die Energieeffizienz von Produktionsanlagen im chinesischen Shanghai sowie hierzulande in Dormagen gesteigert.

2024 peilt Covestro-Chef Markus Steilemann einen operativen Gewinn von 1,0 bis 1,6 Milliarden Euro an, was im besten Fall so viel wie 2022 wäre. Würden die Gewinnmargen des Monats Januar für das Gesamtjahr gelten, würde sich ein operativer Gewinn von 1,1 Milliarden Euro ergeben, hieß es in einer Unternehmenspräsentation vom Donnerstag.

Die mittlere Analystenschätzung für das operative Ergebnis liegt etwas über der Mitte der Unternehmenszielspanne. Als freier operativer Mittelzufluss - also dem Geld, das im Tagesgeschäft letztlich hängen bleibt oder abfließt - sollen 0 bis 300 Millionen Euro herauskommen.

Analyst Chetan Udeshi von der Bank JPMorgan äußerte sich in einer ersten Reaktion positiv. Die Resultate und der Gewinnausblick stimmten angesichts niedriger Markterwartungen zuversichtlich, wenngleich der schwächer als gedacht ausgefallene Ausblick für den freien operativen Mittelzufluss ein wenig Glanz von den Resultaten nehme.

Der Covestro-Aktienkurs legte am Vormittag um ein gutes Prozent auf 49,96 Euro zu. Wesentlicher Kurstreiber ist seit vergangenen Sommer weniger die Geschäftsentwicklung als vielmehr das Interesse von Adnoc an den Leverkusenern.

Ein Kauf von Covestro durch den Ölkonzern könnte strategisch sinnvoll sein, da Adnoc weltweit umfassend ins Geschäft rund um Erdgas, Chemie und Erneuerbare Energien investieren wolle, erklärte Analyst Chris Counihan vom Investmenthaus Jefferies unlängst. Angesichts der starken Marktstellung von Covestro würde Adnoc die Geschäfte in der Ölverarbeitung diversifizieren. Nach ersten Spekulationen im Sommer hatte Covestro im September mitgeteilt, ergebnisoffene Gespräche mit Adnoc zu führen.

Jüngst hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen berichtet, Adnoc habe detailliertere Informationen zum Geschäft der Leverkusener erhalten und könnte die informelle Offerte auf etwas mehr als 60 Euro je Aktie anheben. Das wären dann mehr als 11,3 Milliarden Euro./mis/mne/men