LEVERKUSEN (dpa-AFX) - Der Kunststoffkonzern Covestro hat in einem schwierigen Branchenumfeld zum Jahresstart deutliche Geschäftseinbußen hinnehmen müssen. Das operative Ergebnis brach dabei aber deutlich weniger ein, als Experten es selbst nach zuletzt etwas zuversichtlicheren Äußerungen des Dax -Konzerns erwartet hatten. Das lag vor allem an Kostensenkungen. "Die Nachfrage im ersten Quartal war weiterhin auf schwachem Niveau, allerdings haben wir auf der Kostenseite die richtigen Maßnahmen ergriffen", sagte Finanzvorstand Thomas Toepfer laut Mitteilung vom Donnerstagabend. Analysten reagierten durchaus positiv, aber nicht überschwänglich. Die Aktien stiegen am Freitag.

Mit einem Plus von gut zwei Prozent auf 36,61 Euro waren die Papiere in der Dax-Spitzengruppe. Im bisherigen Jahresverlauf treten die Papiere damit unter dem Strich allerdings auf der Stelle, was in dieser Wertung einen der hinteren Plätze im deutschen Leitindex bedeutet, der im Jahr 2023 bisher mehr als 13 Prozent zugelegt hat. Der europäische Chemiewerteindex bringt es in diesem Zeitraum auf ein Plus von rund achteinhalb Prozent.

Bei einem Umsatzrückgang um ein Fünftel auf 3,74 Milliarden Euro brach das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fast zwei Drittel auf 286 Millionen Euro ein, wie Covestro auf Basis vorläufiger Resultate mitteilte.

Anfang März hatte Konzernchef Markus Steilemann ein operatives Ergebnis von 100 bis 150 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Ende März hatte es vom Unternehmen dann aber schon geheißen, dass es in puncto Geschäftsentwicklung grundsätzlich etwas besser aussehe. Analysten hatten das damals schon vor allem auf das Sparprogramm des Konzerns zurückgeführt. Während der Umsatz die Erwartungen der Experten verfehlte, lag das operative Ergebnis deutlich darüber.

Während die Nachfrage schwach geblieben sei, habe Covestro deutlich von Einsparungen profitiert, erklärte Analyst Tim Jones von der Deutschen Bank. Der Großteil der überraschend guten Entwicklung des operativen Gewinns gehe auf niedrigere Fixkosten zurück, der Rest auf höhere Verkaufspreise als gedacht.

Chetan Udeshi, Analyst bei der Bank JPMorgan, äußerte sich mit Blick auf die Gewinntreiber ähnlich wie der Deutsche-Bank-Experte, merkte aber auch an, dass unklar sei, inwieweit die Fixkostenreduzierung auch im zweiten Quartal trage, oder ob sie nur vorübergehend sei.

Unter dem Strich fiel von Januar bis Ende März ein Verlust von 30 Millionen Euro an, nach einem Überschuss von 416 Millionen Euro vor einem Jahr. Auch der operative freie Mittelfluss - also das Geld, was im Tagesgeschäft letztlich bei Covestro hängen bleibt oder abfließt - war mit 140 Millionen Euro negativ. Der operative Free Cashflow fiel damit laut Udeshi deutlich schwächer aus als von ihm erwartet. Das habe auch am Aufbau von Lagerbeständen gelegen, die Ende 2022 recht niedrig gewesen seien.

Die gesamte Branche leidet vor allem seit Herbst unter einer sehr schwachen Nachfrage. Wegen Lieferengpässen hatten viele Kunden zuvor die Lager stark gefüllt. In dieser Situation brach dann auch noch die Konsumlaune ein, die Menschen wurden angesichts hoher Inflation und ungewisser Wirtschaftsaussichten bei Anschaffungen vorsichtiger. Das ließ die Nachfrage auch bei Chemieunternehmen einbrechen.

Erst zur Wochenmitte hatte der Chemiekonzern BASF Eckdaten für das erste Quartal vorgelegt, die nicht so schlimm ausfielen wie befürchtet. Analyst Oliver Schwarz von Warburg Research hatte von einem leichten Stimmungsaufheller gesprochen, aber auch betont, dass noch ungewiss sei, ob das Tief nun schon überwunden sei oder nicht.

Eine Jahresprognose traut sich Covestro jedenfalls im unsicheren Konjunkturumfeld vorerst weiterhin nicht zu. Näheres zu den Perspektiven dürfte das Management am 28. April im Zuge der Veröffentlichung der vollständigen Quartalszahlen sagen.

Bislang hieß es nur, dass das operative Ergebnis (Ebitda) im laufenden Jahr deutlich sinken dürfte, nachdem es 2022 ausgehend von einem besonders hohen Vorjahreswert um fast die Hälfte auf 1,6 Milliarden Euro eingebrochen war. Laut einer Präsentation für Analysten von Anfang März ergäbe sich 2023 ein operativer Gewinn von einer Milliarde Euro, falls das ganze Jahr über Gewinnmargen wie im Januar erzielt würden. Inwieweit das bereits Makulatur ist, wird sich zeigen. Analysten erwarteten vor der Veröffentlichung der Eckdaten 1,25 Milliarden Euro operativen Gewinn.

Covestro stellt unter anderem Kunststoffe etwa für Autoteile und Laptop-Verkleidungen sowie Schaumstoffvorprodukte für Dämmmaterialien, Pkw-Teile, Sitze und Matratzen her. 2022 bekam der Konzern eine schwache Nachfrage, hohe Energie- und Gaspreise sowie die massiven Corona-Einschränkungen in China zu spüren.

Besonders stark unter Druck war im vergangenen Jahr die Sparte Performance Materials rund um das Massengeschäft mit Standard-Polycarbonaten, Standard-Urethankomponenten sowie Basischemikalien gekommen. Die Sparte Solutions & Specialties, in der Covestro Spezialprodukte wie maßgeschneiderte Urethankomponenten, Beschichtungen und technische Kunststoffe anbietet, hatte sich dagegen deutlich besser gehalten, auch dank des 2021 vom niederländischen DSM -Konzern übernommenen Geschäfts mit nachhaltigen Beschichtungsharzen./mis/knd/jha/