HANNOVER (dpa-AFX) - Der Autozulieferer und Reifenhersteller Continental nimmt sich nach einem Gewinneinbruch im vergangenen Jahr deutliche Verbesserungen im Tagesgeschäft vor. Vor allem in der zuletzt vielfach schwächelnden Autozuliefersparte erwartet der Dax-Konzern ein überraschend gutes Abschneiden. Auch im Gesamtkonzern will Conti-Chef Nikolai Setzer die Markterholung rund um die Welt nutzen, um viel Geschäft einzufahren und den Gewinneinbruch aus dem Vorjahr vergessen zu machen. Grundlage ist auch der Auftragseingang im vergangenen Jahr, die Aktie legte am Mittwoch deutlich zu.

Das Conti-Papier stieg am Vormittag an der Dax-Spitze um 5,9 Prozent auf 76,98 Euro. Damit war die Aktie so teuer wie seit über einem Jahr nicht mehr. Auch im bisherigen Jahresverlauf liegt die Conti-Aktie damit an der Spitze des Leitindex. Für Analyst Himanshu Agarwal vom US-Investmenthaus Jefferies bot der Ausblick die Chance auf steigende Markterwartungen beim operativen Ergebnis. Auch JPMorgan-Experte Jose Asumendi sprach von einer starken Prognose. Das liege nicht nur an der Autosparte, sondern auch an einer Verbesserung im Kunststofftechnikbereich Contitech.

2023 will Conti die um Sondereffekte bereinigte Gewinnmarge vor Zinsen und Steuern auf zwischen 5,5 und 6,5 Prozent steigern. Das hatten Fachleute auch so auf dem Zettel. Im erneut schwierigen Vorjahr war die Marge um einen halben Prozentpunkt auf 5,0 Prozent gesunken. Den Umsatz 2023 taxiert der Konzern auf Basis der Wechselkurse vom Jahresanfang bei 42 bis 45 Milliarden Euro - das ist etwas mehr als von Experten am Aktienmarkt zuvor geschätzt.

Vor allem das Sorgenkind mit der Autozulieferung dürfte besser abschneiden. Hier plant Chef Setzer mit 2 bis 3 Prozent operativer Marge, nachdem der Bereich im Vorjahr leicht rote Zahlen geschrieben hatte. Analysten hatten bisher 2 Prozent Marge für die Sparte erwartet und damit eher das untere Ende der Unternehmenssicht. Im Gesamtjahr legte der Auftragseingang um gut ein Viertel auf 23,4 Milliarden Euro zu. Der Umsatz des Geschäfts soll von 18,3 Milliarden auf 20,5 bis 21,5 Milliarden anziehen. Bereits gegen Jahresende hatte sich das Umfeld gebessert, die operative Marge knüpfte an ihren positiven Trend an und lag erneut im positiven Bereich.

Die Renditeperle der Hannoveraner, die Reifensparte, dürfte mit 12 bis 13 Prozent eingeplanter Umsatzrendite 2023 erneut den Löwenanteil zum operativen Gewinn beisteuern - aber im Vergleich mit dem Vorjahr dürfte die Marge damit etwas sinken.

Vergangenes Jahr schrammte der Gesamtkonzern nur leicht an einem Verlust vorbei, der Gewinn unterm Strich sackte wegen hoher Abschreibungen um 95 Prozent auf 67 Millionen Euro ab. Dabei schlugen negative Sondereffekte mit einer Milliarde Euro zu Buche.

Der Umsatz war wie bereits bekannt um rund 17 Prozent auf 39,4 Milliarden Euro gestiegen. Das um Sonderposten bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern stieg zwar um gut 5 Prozent auf 1,95 Milliarden Euro - blieb damit aber deutlich hinter der Entwicklung des Geschäftsvolumens zurück.

Vor allem steigende Kosten für Material, Frachten und Energie machten dem Konzern zu schaffen, dafür fielen den Angaben zufolge 3,3 Milliarden Euro an Mehrkosten an. Diese Faktoren dürften zusammen mit Lohnkostensteigerungen in diesem Jahr für Mehrkosten in Höhe von 1,7 Milliarden Euro sorgen, hieß es. Davon treffen wohl rund eine Milliarde Euro den Autozulieferbereich und sind in der Margenprognose bereits enthalten.

Immerhin bessert sich in der Branche mehr und mehr die Versorgung mit knappen Teilen, so auch bei den lange Zeit vielfach fehlenden Elektronikchips. Conti rechnet in diesem Jahr mit einem Plus bei der weltweiten Autoproduktion von 2 bis 4 Prozent. Im vergangenen Jahr hatte sie um 7 Prozent auf 82 Millionen Fahrzeuge zugelegt.

Als Dividende für das vergangene Jahr will Conti 1,50 Euro vorschlagen, das wäre eine Kürzung um 70 Cent. Damit würde der Konzern rund 300 Millionen Euro ausschütten - also deutlich mehr, als an Gewinn erwirtschaftet wurde. Conti war auch in früheren Jahren schon von der eigentlichen Dividendenpolitik abgewichen, nur 15 bis 30 Prozent des Konzerngewinns auszuschütten.

Finanzchefin Katja Dürrfeld hatte schon angedeutet, dass das Unternehmen auch diesmal wieder so verfahren könnte. Größter Anteilseigner ist mit 46 Prozent die fränkische Industriellenfamilie Schaeffler , die auch den gleichnamigen Autozulieferer kontrolliert.

Conti plagt sich nach wie vor mit einem Cyberangriff aus dem vergangenen Herbst herum, die Untersuchungen liefen weiter, sagte Dürrfeld in einer Pressekonferenz. Auch Ermittlungen zu der Verstrickung ehemaliger Mitarbeiter in die Dieselaffäre hängen den Hannoveranern weiter nach. Zum Jahreswechsel lagen die dafür gebildeten Rückstellungen im Konzern bei einem niedrigen dreistelligen Millionen-Betrag, sagte die Managerin. Mittlerweile sei es nurmehr ein Betrag im hohen zweistelligen Millionen-Euro-Bereich./men/mis/stk