BERLIN (dpa-AFX) - Die Bundesregierung hat die Räumung des Braunkohledorfs Lützerath im Rheinischen Revier verteidigt und Gewalt durch Demonstranten scharf kritisiert. Es gebe eine "eindeutige Rechtslage, was Lützerath angeht, und die gilt es zu akzeptieren", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch in Berlin. Die letzten noch anhängigen Klagen gegen einen Abriss des Dorfs zur Kohlegewinnung seien abgewiesen worden. "Insofern erwartet die Bundesregierung, dass das Recht eingehalten wird." Zugleich betonte Hebestreit, dass die Bundesregierung Gewaltakte von Klima-Aktivisten gegen Polizisten aufs Schärfste verurteile. "Dafür haben wir kein Verständnis."

Die Polizei hatte am Mittwochmorgen mit der Räumung der von Aktivisten besetzten Ortschaft begonnen - und war dabei auf teils heftigen Widerstand gestoßen. Nach Angaben der Beamten wurden zu Beginn des Einsatzes vereinzelt Molotow-Cocktails, Steine und Pyrotechnik in Richtung der Einsatzkräfte geworfen.

Auch Innenministerin Nancy Faeser fand zu den Formen des Widerstands deutliche Worte. "Wer brennende Barrikaden errichtet oder sich in wackligen Baumhäusern versteckt, bringt sich selbst und die Einsatzkräfte in große Gefahr", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Das ist verantwortungslos." Sie "habe null Verständnis für Gewalt - und null Verständnis dafür, politische Fragen auf dem Rücken von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten auszutragen", betonte die Innenministerin.

CDU-Generalsekretär Mario Czaja machte im Interview mit dem TV-Sender Welt vor allem "junge, gewaltbereite Männer" für Gesetzesbrüche verantwortlich. Diese hielten sich trotz des Betretungsverbots auf dem Gelände auf. Die Staatsgewalt müsse mit "klarer Kante" reagieren, forderte Czaja.

Hintergrund des Konflikts mit den Klima-Aktivisten ist das Ziel des Energiekonzerns RWE , die unter Lützerath liegende Kohle abzubaggern. Dafür soll der Weiler auf dem Gebiet der Stadt Erkelenz abgerissen werden. Im Gegenzug hatten die von den Grünen geführten Wirtschaftsministerien in Bund und Land NRW mit RWE einen auf 2030 vorgezogenen Kohleausstieg vereinbart. Außerdem sollen fünf bereits weitgehend leerstehende Dörfer am Tagebau Garzweiler in der Nachbarschaft erhalten bleiben.

Die seit Monaten in leerstehenden Häusern von Lützerath lebenden Aktivisten lehnen diesen Kompromiss ab und wollen sich der laufenden Räumung entgegenstellen. Unterstützung erhalten sie unter anderem von der Grünen Jugend, die sich mit ihrer Haltung offen gegen die Linie ihrer Bundes- und Landespartei stellt. Sowohl der grüne Nachwuchs in Nordrhein-Westfalen als auch die Bundessprecherin der Grünen Jugend, Sarah-Lee Heinrich, äußerten sich kritisch zum Kohle-Abbau im Rheinischen Revier. Viele Menschen in Lützerath seien von den Grünen enttäuscht, betonte Heinrich im ZDF-"Morgenmagazin". "Wir haben eine Schlagzeile nach der nächsten, dass wir unsere Klimaziele in jedem Bereich eigentlich reißen."

Co-Sprecher Timon Dzienus, der am Mittwoch selbst bei der Räumung vor Ort war, beklagte Gewalt durch Polizeikräfte. "Ich habe erlebt, wie heute Morgen Dutzende Hundertschaften von Polizisten brutal auf das Gelände gestürmt sind und Demonstranten mit Hieben und Tritten angegriffen haben. Ich habe hier viele blutende Menschen gesehen", sagte Dzienus der "Rheinischen Post". "Die Gewalt ging eindeutig von der Polizei aus." Auch zahlreiche Wissenschaftler und Prominente übten in offenen Briefen scharfe Kritik an der Räumungsaktion und forderten ihr Ende.

Bundesklimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) verteidigte dagegen das politische Vorgehen in Lützerath: "Es ist die richtige Entscheidung, es ist eine gute Entscheidung für den Klimaschutz", sagte der Grünen-Politiker. "Es beendet verbindlich die Abbaggerei im Rheinischen Revier ab 2030. Und fünf Ortschaften, in denen Menschen leben, werden gehalten." Die Räumung von Lützerath sei "sicherlich nicht schön", erklärte Habeck weiter. Es sei aber auch sehr viel gewonnen worden./faa/DP/nas