ESSEN (dpa-AFX) - Der Chemikalienhändler Brenntag blickt nach einem Umsatz- und Ergebnisrückgang 2023 vorsichtig auf das laufende Jahr. Für das Jahr 2024 erwartet das Unternehmen eine Fortsetzung der sequenziellen Absatzerholung. Der Krieg in der Ukraine, der Konflikt im Nahen Osten, geopolitische Spannungen und die nur langsam sinkende Inflation sorgten weiterhin für Unsicherheiten hinsichtlich der Weltwirtschaft, teilte der Dax-Konzern am Donnerstag in Essen mit. Für das laufende Jahr geht Brenntag deshalb im schlechtesten Fall von einem leichten Rückgang des operativen Ergebnisses aus. Der Aktiekurs fiel am Vormittag um rund drei Prozent.

Für den bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Firmenwertabschreibungen (operatives Ebita) peilt das Unternehmen den Angaben zufolge 1,23 Milliarden bis 1,43 Milliarden Euro an.

2023 bekam der Chemikalienhändler eine schwächere Nachfrage zu spüren. Der Umsatz schrumpfte im Jahresvergleich um 13,5 Prozent auf 16,8 Milliarden Euro. Dabei belastete auch ein stärkerer Euro - bereinigt um Währungseffekte betrug das Minus elf Prozent. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Firmenwertabschreibungen sank um 16,3 Prozent auf 1,27 Milliarden Euro.

Auf die Aktionäre entfiel ein Gewinn von knapp 715 Millionen Euro nach fast 887 Millionen Euro im Vorjahr. Bei den Zahlen verfehlte das Unternehmen die Erwartungen der Analysten. Das Brenntag-Management will die Dividende von 2,00 im Vorjahr auf 2,10 Euro je Aktie erhöhen.

Um die Kosten zu senken, hatte der Vorstand um Unternehmenschef Christian Kohlpaintner im Sommer 2023 weitere Maßnahmen eingeleitet und angekündigt, 25 Standorte zu schließen und die Zahl der Mitarbeiter um 300 zu reduzieren. Bereits bis Ende 2022 waren mehr als 1300 Stellen gestrichen und 100 Standorte geschlossen worden. Insgesamt will Brenntag bis 2027 auf Jahressicht 300 Millionen Euro einsparen. Die Einmalkosten hatte das Unternehmen auf 250 Millionen Euro beziffert.

Derweil treibt der Konzern die Entflechtung seiner beiden Sparten voran. Die Geschäfte mit Prozesschemikalien (Essentials) sowie mit Spezialitäten für bestimmte Branchen (Specialties) sollen bis 2026 eigenständig aufgestellt werden.

Dies soll zu schnelleren Entscheidungen und höheren Ergebnissen führen. Die Umstrukturierung soll insbesondere im Spezialitätengeschäft zu einer verbesserten Entwicklung führen, welches Konzernchef Kohlpaintner zufolge derzeit hinter den Wettbewerbern zurückbleibt. Diese Lücke soll geschlossen werden. Danach will das Management verschiedene strategische Optionen prüfen. Ob es zu einer Aufspaltung kommt, ist noch offen.

Brenntag erwartet durch die Eigenständigkeit der beiden Bereiche deutliche Effizienzsteigerungen und Einsparungen bei den allgemeinen Verwaltungskosten, den Ausgaben sowie in der Lieferkette.

Der Chemikalienhändler war in das Visier aktivistischer Investoren geraten. Dabei machte vor allem der britische Finanzinvestor Primestone auf sich aufmerksam. Primestone wie auch dem US-Hedgefonds Engine Capital geht es darum, dass sich Brenntag in die beiden Sparten für Spezial- und Basischemikalien aufspalten soll. Davon erhoffen sich die Investoren eine schnelle Wertsteigerung.

Brenntag handelt international mit Industrie- und Spezialchemikalien sowie Inhaltsstoffen. Das Unternehmen kauft die Stoffe bei Chemiekonzernen in größeren Mengen ein und verkauft sie in kleineren Mengen. In den vergangenen Jahren ist Brenntag mithilfe kleinerer Übernahmen gewachsen. Konjunkturabschwünge treffen das Unternehmen in der Regel weniger stark als Chemiekonzerne, weil Kunden dann weniger Chemikalien benötigen und diese vermehrt beim Händler statt beim Produzenten kaufen. Zuletzt beschäftigte Brenntag mehr als 17 700 Mitarbeiter in 72 Ländern./mne/men/mis