ARLINGTON/WASHINGTON (dpa-AFX) - Der US-Flugzeugbauer Boeing muss sich bei seinem meistgefragten Modell 737 Max mit weiteren Produktionsfehlern herumschlagen. So soll Boeings größter Zulieferer Spirit Aerosystems unsachgemäß Löcher in ein Bauteil gebohrt haben, das für die Aufrechterhaltung des Luftdrucks in der Kabine wichtig ist. "Bei Werksinspektionen haben wir im hinteren Druckschott bestimmter 737-Flugzeuge Befestigungslöcher festgestellt, die nicht unseren Spezifikationen entsprachen", teilte Boeing am Mittwochabend per E-Mail mit. Nun könnten Boeings Auslieferungspläne für den Mittelstreckenjet erneut in Gefahr geraten. Die Boeing-Aktie lag im vorbörslichen US-Handel am Donnerstag mit zunächst mit zwei Prozent im Minus.

Aus Sicht der US-Luftfahrtbehörde FAA stellt das neue Problem an den Maschinen kein Sicherheitsrisiko dar. Das hintere Druckschott befindet sich am Ende des Flugzeugrumpfs und schließt den Kabinenraum nach hinten ab. Für Passagiere ist es nicht zu sehen, sich davor in der Regel die Bordküche und die Toiletten befinden.

Einem Bericht des Luftfahrt-Fachportals "The Air Current" haben die Untersuchungen in einigen Flugzeugen Hunderte von falsch ausgerichteten und doppelten Löchern in den Druckschotts aufgedeckt. Boeing fertigt den Großteil der 737-Max-Rümpfe nicht selbst. Für 70 Prozent der Rumpfteile zeichnet Spirit Aerosystems verantwortlich. Schon im April hatte Boeing wegen Fertigungsmängeln bei Spirit die Auslieferung der 737-Reihe zeitweise aussetzen müssen.

Inzwischen hatte die Auslieferung der Modellreihe wieder Fahrt aufgenommen. Doch jetzt muss Boeing untersuchen, wie viele Maschinen von den fehlerhaften Bohrungen betroffen sind und wie aufwendig es wird, die Mängel zu beheben. Zudem prüft der Hersteller, ob er sein bisheriges Ziel noch erreichen kann, in diesem Jahr 400 bis 450 Maschinen der 737-Familie an seine Kunden zu übergeben.

Die 737-Max-Jets sind die Neuauflage der seit den 1960er Jahren gebauten Mittelstreckenjets vom Typ 737. Mit der Modernisierung hatte Boeing auf den Erfolg der A320neo-Jets des europäischen Herstellers Airbus reagiert.

Allerdings stürzte die Entwicklung den US-Konzern in seine bisher tiefste Krise. In den Jahren 2018 und 2019 stürzten zwei 737-Max-Jets ab, insgesamt 346 Menschen starben. Danach durften die Maschinen des Typs mehr als anderthalb Jahre lang weltweit nicht starten, bevor Boeing mit Nachbesserungen in den meisten Teilen der Welt nach und nach wieder eine Freigabe erreichte./stw/ngu/mis