MÜNCHEN (dpa-AFX) - Geringere Schäden durch Naturkatastrophen und höhere Anlagegewinne haben dem Versicherer Allianz im Sommer Rückenwind verschafft. Für 2022 rechnen Allianz-Chef Oliver Bäte und Finanzchef Giulio Terzariol jetzt mit einem operativen Gewinn in der oberen Hälfte der Zielspanne von 12,4 bis 14,4 Milliarden Euro. Die Zerstörungen durch Hurrikan "Ian" in den USA schlagen bei der Allianz vergleichsweise gering zu Buche. Und nachdem der Konzern den Skandal um Anlagebetrug seiner Fondstochter AGI für eine Milliardensumme beigelegt hat, wirbt der Vorstand um die Gunst der Aktionäre. So will die Allianz eigene Aktien für eine Milliarde Euro vom Markt zurückkaufen. An der Börse kamen die Nachrichten am Donnerstag gut an.

Die Allianz-Aktie legte am Vormittag um gut zwei Prozent auf 192,94 Euro zu und gehörte zu den Spitzenreitern im Dax . Mit dem Plus nach den Quartalszahlen reduzierte das Papier seine bisherigen Jahresverluste auf rund sieben Prozent - damit schnitt die Allianz seit Ende 2021 besser ab als die meisten anderen deutschen Standardwerte. Branchenexperte Philipp Kett vom Analysehaus Jefferies zeigte sich von den Quartalszahlen und dem Aktienrückkauf positiv überrascht. Ein Haar in der Suppe sei allerdings das schwache Abschneiden des Lebens- und Krankenversicherungsgeschäfts.

Im dritten Quartal verdiente die Allianz unter dem Strich knapp 2,5 Milliarden Euro und damit 17 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Der operative Gewinn legte um gut sieben Prozent auf knapp 3,5 Milliarden Euro zu, wie der Dax-Konzern überraschend schon am Mittwochabend in München mitteilte. Damit übertraf der Konzern die durchschnittlichen Erwartungen von Analysten.

Ein Jahr zuvor hatte die verheerende Flutkatastrophe in Deutschland und mehreren Nachbarländern bei der Allianz mit rund 400 Millionen Euro negativ zu Buche geschlagen. Diesmal fielen die gesamten Belastungen durch Naturkatastrophen weniger als halb so hoch aus wie im Vorjahreszeitraum. Für die Zerstörungen durch Hurrikan "Ian" in den USA verbuchte die Allianz lediglich eine Belastung von rund 100 Millionen Euro.

Zum Vergleich: Der Schweizer Versicherer Zurich erwartet durch "Ian" eine Belastung von 550 Millionen US-Dollar (547 Mio Euro). Und der weltgrößte Rückversicherer Munich Re geht für sein Geschäft von 1,6 Milliarden Euro Schäden aus. Insgesamt dürften die Folgen des Hurrikans die Branche nach Einschätzung der Munich Re rund 60 Milliarden Dollar kosten.

Bei der Allianz stieg der operative Gewinn im Schaden- und Unfallgeschäft im dritten Quartal indes um fast ein Drittel auf 1,7 Milliarden Euro. So erzielte die Sparte bei ihren Kunden im Schnitt 6,7 Prozent höhere Prämien. Zudem warfen die Kapitalanlagen des Segments deutlich mehr ab. Von den Beitragseinnahmen blieb nach Abzug der Aufwendungen für Schäden, Verwaltung und Vertrieb ein größerer Teil für den Versicherer übrig: Die kombinierte Schaden-Kosten-Quote verbesserte sich von 94,7 auf 94,0 Prozent.

In der Lebens- und Krankenversicherung fiel das operative Ergebnis hingegen von 1,3 Milliarden auf rund eine Milliarde Euro. Dort zehrte das Geschäft mit Altersvorsorgeverträgen in den USA am Gewinn. Zudem ging der Barwert des Neugeschäfts im Jahresvergleich zurück. So verkauften sich fondsgebundene Verträge in Italien und Verträge gegen Einmalbeitrag in Deutschland den Angaben zufolge schlechter.

Im Fondsgeschäft der Konzerntöchter Pimco und Allianz Global Investors (AGI) sackte der operative Gewinn um rund ein Zehntel auf 792 Millionen Euro ab. So zogen Anleger zwischen Ende Juni und Ende September fast 20 Milliarden Euro aus den Fonds der beiden Gesellschaften ab. Zudem fielen gut 26 Milliarden Euro aus dem von AGI verwalteten Bestand heraus, weil die Tochter nach dem Anlageskandal den Großteil ihres Geschäfts in den USA auf Geheiß der dortigen Behörden nicht mehr selbst betreiben darf. Inzwischen verwaltet der neue Geschäftspartner Voya Investment Management die betroffenen Vermögenswerte.

Die Gesellschaft hatte sich im Mai in den USA eines Wertpapierbetrugs schuldig bekannt, nachdem Großanleger wie Pensionsfonds mit bestimmten AGI-Hedgefonds zu Beginn der Corona-Pandemie Verluste in Milliardenhöhe erlitten hatten. Für Entschädigungen und Geldbußen hatte die Allianz in der Folge Ende 2021 und Anfang 2022 Belastungen von insgesamt etwa 5,6 Milliarden Euro verbucht.

Unterdessen hielt die Allianz ihre Solvenzquote nach dem Regelwerk Solvency II im dritten Quartal fast stabil: Mit 199 Prozent lag sie Ende September nur einen Punkt niedriger als Ende Juni. Angesichts seines starken Kapitalpolsters will der Konzern nun für bis zu eine Milliarde Euro in den Rückkauf eigener Aktien stecken. Das Rückkaufprogramm soll bis Ende 2023 laufen. Die gekauften Aktien will der Konzern anschließend einziehen./stw/he/ngu/zb