FRANKFURT (dpa-AFX) - Die deutschen Sparer haben im vergangenen Jahr von ihrer größeren Aufgeschlossenheit für Wertpapiere profitiert und ihr Geldvermögen vermehrt. Allerdings zehrte die Inflation einen Großteil der Zuwächse auf - und im internationalen Vergleich sei das Anlageverhalten hierzulande noch immer konservativ, wie Allianz-Volkswirt Arne Holzhausen bei der Vorstellung des "Allianz Global Wealth Report" sagte.

Die Verbraucher seien nach "einer gewissen Apathie" offener geworden, doch laufe der Prozess langsam. "Das ist wie ein großer Tanker, den man bewegen muss." Gründe dafür sieht Holzhausen auch in einer starken Regulierung im Wetpapiergeschäft. Viele Berater hätten keine große Neigung, entsprechende Produkte zu verkaufen. Es sei zu hoffen, dass mit der künftigen Kapitalmarktunion die Überregulierung zurückgefahren werde, so der Volkswirt.

Inflationsbereinigt nur mageres Plus bei Geldvermögen in Deutschland

Getrieben vor allem von einem kräftigen Plus von 14,7 Prozent bei den Wertpapieren legten die Geldvermögen der deutschen Haushalte insgesamt im vergangenen Jahr um 6,8 Prozent zu auf 7,953 Billionen Euro. Dabei sank der Anteil der Bankeinlagen an frischen Spargeldern von insgesamt 262 Milliarden Euro auf nur noch gut ein Drittel (35 Prozent). Das war laut Allianz der niedrigste Wert überhaupt - vor der Pandemie habe er noch regelmäßig bei mehr als der Hälfte gelegen. Zum ersten Mal seit der Finanzkrise seien zudem Wertpapiere beliebter gewesen als Bankeinlagen.

Mit dem Zuwachs schnitt Deutschland zwar besser ab als die Länder Westeuropas, in denen sich das Geldvermögen der Privathaushalte im Schnitt lediglich um 5 Prozent erhöhte. Inflationsbereinigt blieb aber nur ein mageres Plus von 0,7 Prozent. Zudem habe die Kaufkraft Ende vergangenen Jahres noch immer um 1,7 Prozent unter dem Vor-Corona-Jahr 2019 gelegen. "Hinter den deutschen Sparern liegen vier verlorene Jahre", resümierte die Allianz.

Deutschland hält Platz 18 unter den 20 reichsten Ländern

Mit einem Netto-Geldvermögen pro Kopf von 69.060 Euro lag Deutschland weiterhin auf Platz 18 der 20 reichsten Länder. Zum Vergleich: Die USA als weltweit reichstes Land kamen pro Kopf auf ein Netto-Geldvermögen von 260.320 Euro, auf Rang zwei folgt die Schweiz mit 255.440 Euro Netto-Geldvermögen pro Kopf.

Bereits vor einigen Monaten hatte die Deutsche Bundesbank vermeldet, dass die Menschen in Deutschland trotz der Belastung durch die hohe Inflation im vergangenen Jahr ein Rekordvermögen angehäuft hatten. Neben den Kursgewinnen an den Aktienmärkten trugen dazu auch die gestiegenen Sparzinsen bei.

Mittelfristiger Ausblick geprägt von Unsicherheit

Für die weltweiten privaten Geldvermögen sprach die Allianz von einem "überraschenden Aufschwung" im vergangenen Jahr. Dank des Booms an den Aktienmärkten und robuster Volkswirtschaften erhöhten sie sich um 7,6 Prozent auf den Rekordwert von 239 Billionen Euro. Etwas schwächer dürfte der Zuwachs mit 6,5 Prozent im laufenden Jahr ausfallen, erwartet Holzhausen. Der mittelfristige Ausblick sei überschattet von Unsicherheiten, allen voran die Entwicklung bei den beiden Megatrends Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit.

Wertverluste bei Immobilien befürchtet

Zukünftig müssen sich die Sparer zudem weltweit und auch in Deutschland auf Wertverluste bei Immobilien einstellen, die schon in der Vergangenheit langfristig weniger Kapitalgewinne als Aktien abwarfen. Grund sei der Klimawandel, der sich immer stärker auf das Immobilienvermögen auswirke. In Deutschland etwa dürften die Immobilienpreise nach Einschätzungen der Allianz je nach Klimaszenario bis 2050 um bis zu ein knappes Viertel (24,5 Prozent) sinken, erwartet der Versicherer. "Wir müssen die Immobilien fitmachen für die Dekarbonisierung" - das erfordere entsprechende Investitionen.

Zum Geldvermögen zählt die Allianz in ihrer Studie Bargeld und Bankguthaben, Forderungen gegenüber Versicherungsgesellschaften und Pensionseinrichtungen, Wertpapiere wie Aktien, Anleihen und Investmentfonds sowie sonstige Forderungen./csc/DP/men