FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Anleger haben dem deutschen Aktienmarkt zur Wochenmitte einen Dämpfer verpasst. Nach einem über weite Strecken richtungslosen Handel drehte der Dax am Mittwochnachmittag ins Minus und näherte sich bis auf zwei Zähler der viel beachteten Marke von 16 000 Punkten. Letztlich verlor der Leitindex 0,55 Prozent auf 16 023,13 Punkte. Für den MDax der mittelgroßen Unternehmen ging es um 0,51 Prozent auf 26 582,45 Punkte abwärts.

Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 ging mit einem Abschlag von lnapp 0,5 Prozent aus dem Handel. Moderate Verluste verzeichneten auch die Leitindizes in Paris und London. Der Dow Jones Industrial an der Wall Street zeigte sich zum europäischen Börsenschluss stabil auf Vortagesniveau.

"Fast alle" Mitglieder im geldpolitischen Ausschuss erwarteten, dass man in diesem Jahr die Zinsen "etwas" weiter anheben müsse, um die Inflation langfristig auf das Zwei-Prozent-Ziel zu senken, wiederholte US-Notenbankchef Jerome Powell laut einer am Mittwoch vorab verbreiteten Rede vor dem Ausschuss für Finanzdienstleistungen des US-Repräsentantenhauses jüngste Äußerungen.

Mit Powells Aussagen bleibe die Diskrepanz zwischen der Geldpolitik und dem Markt mit seinen Zinserwartungen bestehen, kommentierte Analyst Konstantin Oldenburger von CMC Markets. "Denn die Anleger glauben der Fed weiterhin nicht, dass sie ihren Zinserhöhungszyklus wieder aufnehmen wird." Die weiterhin unklare Dauer der aktuellen US-Zinspause als Grund für die Tagesverluste anzusehen, wäre aber zu kurz gedacht. Vielmehr hätten die in den vergangenen Monaten erfolgsverwöhnten Anleger ein paar Gewinne mitgenommen, glaubt Oldenburger.

Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar von RoboMarkets sprach von einer anhaltenden Konsolidierung des deutschen Leitindex. "Die Börsenampel bleibt so lange auf grün, wie er über 16 000 Punkten notiert." Auch den Experten der Landesbank Helaba machen die jüngsten Verluste wenig Sorgen. Diese seien nur eine Korrektur einer intakten Aufwärtsbewegung. "Selbst ein Rückfall bis in den Bereich um 15 700 Punkte wäre aus charttechnischer Sicht noch kein Beinbruch."

Die besonders zinssensiblen Immobilienwerte standen europaweit am stärksten unter Druck. Zur negativen Stimmung für die Branche trugen neben der Zurückhaltung anlässlich der Powell-Rede auch britische Inflationsdaten für Mai bei. Im Dax büßten Vonovia 2,1 Prozent ein. Auch im MDax sowie im Nebenwerte-Index SDax machten Anleger um Titel wie LEG , Aroundtown und Grand City Properties einen großen Bogen.

Etwas verschnupft reagierten die Anleger auf den mittelfristigen Ausblick von Volkswagen . Die Vorzugsaktien des Autokonzerns büßten letztlich 0,9 Prozent ein. VW will die Investitionsquote von derzeit rund 14,5 Prozent bis 2027 auf unter 11 Prozent des Umsatzes senken, bis 2030 sogar auf rund 9 Prozent. Mit den Aussichten für geringeren Investitionsbedarf erhöhte Finanzchef Arno Antlitz auch die Ziele für das operative Ergebnis: Peilte VW mittelfristig zuletzt 8 bis 9 Prozent Umsatzrendite im Konzern ein, sollen es 2027 jetzt 8 bis 10 Prozent und Ende des Jahrzehnts 9 bis 11 Prozent werden.

Die Titel der Deutschen Post litten unter einem enttäuschenden Ergebnisausblick des US-Konkurrenten Fedex und büßten 2,6 Prozent ein. Der US-Logistikkonzern hatte zudem einen Gewinnrückgang für das vierte Geschäftsquartal berichtet. Für die Konkurrenz aus Europa sei die Entwicklung bei Fedex ein schlechtes Signal, sagte ein Händler.

Adidas führten mit einem Kursplus von 4,3 Prozent die Gewinnerliste im Dax an, nachdem die HSBC die Aktien des Sportartikelherstellers hochgestuft hatte und nun zum Kauf rät. Die ersten Anzeichen für mehr Markendynamik seien da, begründete Analystin Zuzanna Pusz ihre positivere Einschätzung. Die neue Strategie dürfte ab 2024 zusätzlich Schub geben. Zudem schwinde der hohe Margendruck in der Branche.

Eine neue Wandelanleihe ließ die Anteilsscheine von SGL Carbon um 5,6 Prozent absacken, womit sie größter Verlierer im SDax waren. Die neuen Schuldverschreibungen im Wert von 118,7 Millionen Euro wurden erfolgreich platziert und sind in bis zu 12,2 Millionen nennwertlose Stückaktien wandelbar. Die Großaktionärin Skion, die Beteiligungsgesellschaft der Unternehmerin Susanne Klatten, hat sich laut Mitteilung am Angebot beteiligt.

Der IT-Dienstleister Cancom will in den nächsten zwölf Monaten eigene Aktien im Volumen von bis zu knapp 10 Prozent des Grundkapitals zurückkaufen. Die erworbenen Anteilsscheine sollen zu allen rechtlich zulässigen Zwecken verwendet werden. Die Titel verteuerten sich an der SDax-Spitze um 4,2 Prozent.

Der Euro wurde zuletzt mit 1,0953 US-Dollar gehandelt. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs am Nachmittag auf 1,0923 Dollar festgesetzt. Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von 2,57 Prozent am Vortag auf 2,50 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,24 Prozent auf 124,77 Punkte. Der Bund-Future sank um 0,24 Prozent auf 133,38 Punkte./edh/nas

- Von Eduard Holetic, dpa-AFX -