PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Die Erwartung bald wieder sinkender Leitzinsen hat Europas Börsen zur Wochenmitte erneut befeuert. Der EuroStoxx 50 erreichte den höchsten Stand seit 2007. Am Ende stand für den Leitindex für die Aktienschwergewichte der Eurozone ein Plus von 0,68 Prozent auf 4483,26 Punkte zu Buche. Damit baute der Index die Gewinnstrecke seit dem Tief im Oktober knapp unter 4000 Zählern auf gut 12 Prozent aus.

Am Anleihemarkt fiel die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen auf den tiefsten Stand seit dem Frühjahr. Bei sinkenden Zinserwartungen gewinnen Aktien im Vergleich zu festverzinsten Wertpapieren wie Anleihen an Attraktivität. Hinzu kommt, dass die Börsen-Rally zum Jahresende immer mehr Fahrt aufnimmt, weil noch nicht engagierte Anleger auf den fahrenden Zug aufspringen müssen, um diesen nicht zu verpassen.

Der französische Cac 40 gewann 0,66 Prozent auf 7435,99 Zähler, während der britische FTSE 100 um 0,34 Prozent auf 7515,38 Punkte zulegte.

Analyst Michael Hewson von CMC Markets führte die Zinsfantasie auf schwache Daten aus der deutschen Industrie zurück. Deren Auftragseingang blieb im Oktober deutlich hinter den Erwartungen zurück. „Das hat die Spekulationen angeheizt, dass die EZB unter Druck steht, im Frühjahr 2024 die Zinsen deutlich zu senken“, so Hewson.

Gefragt waren vor diesem Hintergrund konjunktursensible Werte aus den Bereichen Rohstoffe , Auto und Industrie .

Aktien von British American Tobacco (BAT) sackten in London um mehr als 8 Prozent ab. Das Unternehmen hatte sich im Rahmen der Eckdaten für das Geschäftsjahr vorsichtig zu den zukünftigen Umsätzen geäußert. Zudem schrieb BAT rund 25 Milliarden Pfund auf das US-Zigarettengeschäft ab.

Dagegen kletterten Docmorris weiter und gewannen gut 10 Prozent. Die Investmentbank Stifel hatte die Aktie der Online-Apotheke mit "Buy" wieder in die Bewertung aufgenommen. Die verpflichtende Einführung des E-Rezepts in Deutschland von nächstem Jahr an sei eine wesentliche Wachstumschance für die Versandapotheke, schrieb Analyst Yannik Siering.

Nokia-Aktien weiteten mit einem Minus von knapp 6 Prozent die hohen Verluste vom Vortag aus und fielen auf ein Tief seit April 2020. Die Finnen waren jüngst bei einem Großauftrag des US-Telekomriesen AT&T dem schwedischen Wettbewerber Ericsson unterlegen.

Schwach zeigten sich auch die Aktien großer Modeanbieter. Nach einem Rekordhoch am Vortag gaben Inditex um 1,4 Prozent nach. H&M verloren 1,8 Prozent. Beide Werte litten unter einer Studie der Deutschen Bank. Analyst Adam Cochrane hatte die Aktien von "Hold" auf "Sell" abgestuft./bek/jha/