PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Die Anleger haben am Donnerstag eine zeitweise Unruhe wegen neuer Zinssorgen letztlich gut weggesteckt. Auch an den US-Börsen wurden die ersten Kursverluste wegen Bedenken, die US-Notenbank Fed müsse weiter an der Zinsschraube drehen, zuletzt etwas kleiner. Im Fokus stand der Anstieg der US-Erzeugerpreise, der sich im Januar nicht so deutlich abgeschwächt hat wie erwartet. Einige gute Quartalsberichte europäischer Unternehmen hätten den Märkten hierzulande etwas Rückenwind gegeben, hieß es.

Der EuroStoxx 50 war nach festem Start erstmals seit mehr als einem Jahr wieder über die Marke von 4300 Punkten gestiegen, aber auch zeitweise ins Minus gerutscht. Zum Ende hin drehte der Leitindex der Eurozone dann aber wieder etwas auf, und so ging er 0,40 Prozent höher bei 4297,24 Punkten über die Ziellinie.

In Paris schlug sich der Cac 40 noch besser, indem er 0,89 Prozent höher bei 7366,16 Punkten schloss. Zuvor hatte er mit 7387 Punkten nach mehr als einem Jahr Pause wieder einen Rekord aufgestellt. Der Londoner FTSE 100 dagegen verbuchte mit einem Anstieg um 0,18 Prozent auf 8012,53 Zähler nur leichte Gewinne. Nach dem erstmaligen Sprung über die 8000 Punkte am Vortag hatte er seine Rekordjagd fortgesetzt.

"Für ein weiterhin robuste Wirtschaft nimmt der Aktienmarkt derzeit auch steigende Zinsen in Kauf", begründete Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets die anhaltende Stärke der Börsen. Offensichtlich seien erhöhte Zinsen den Marktteilnehmern lieber als eine Rezession. "Die Kapitalmärkte signalisieren uns, dass die Rally weitergehen kann, solange die Inflation insgesamt zurückgeht und das Wachstum solide beziehungsweise ein Soft Landing wahrscheinlich bleibt", fügten die Analysten der BayernLB hinzu.

Angeführt wurde das Feld in der Branchenwertung von Banken, wie deren Teilindex mit einem Anstieg um 2,1 Prozent zeigt. Zu verdanken war dies vor allem einem Kurssprung bei der Commerzbank , die nach dem höchsten Konzerngewinn seit mehr als zehn Jahren das Ergebnis 2023 weiter steigern will.

Telekomwerte waren in der Branchentabelle der drittgrößte Gewinner - angetrieben von Orange mit einem Anstieg um 6,5 Prozent. Zahlen und der neue Strategieplan des französischen Mobilfunkunternehmens kamen damit offenkundig gut an.

Auch Medienwerte waren gefragt. Der britische Konzern Relx will nach einem erfolgreichen Jahr die Dividende erhöhen und eigene Aktien zurückkaufen. Die Papiere stiegen auf ein Rekordhoch. Aus dem Handel gingen sie in London 1,5 Prozent höher.

Im Lebensmittelsektor fielen Pernod Ricard mit 3,4 Prozent Kursgewinn positiv auf. Der Spirituosenhersteller hatte in seinem ersten Geschäftshalbjahr Aufwind von höheren Preisen und dem schwachen Euro bekommen. Nicht ganz so gut sah es bei Nestle aus: Der Nahrungsmittelkonzern war im vergangenen Jahr trotz teils kräftiger Preiserhöhungen nicht ganz so stark gewachsen wie erhofft. Die Aktie sank in Zürich um 2,5 Prozent.

Zum Spitzenreiter im EuroStoxx avancierte die Airbus -Aktie, die mit einem Kurssprung um fast fünf Prozent ihren höchsten Stand seit Februar 2020 erreichte. Auch hier wurde als Kurstreiber auf überzeugende Geschäftszahlen verwiesen.

Zeitweise ins Stottern kam die Aktie von Renault . Obwohl Analysten sich positiv zu dem Zahlenwerk des französischen Autobauers äußerten, war sie auf dem höchsten Stand seit Dezember 2019 zeitweise ins Minus abgerutscht. Zum Ende hin griffen die Anleger aber wieder zu, wie der ein Prozent höhere Schlusskurs von 43,57 Euro zeigt.

Etwas besser sah es in Paris bei Air Liquide aus. Der Linde-Konkurrent hatte im abgelaufenen Jahr von einer regen Nachfrage nach Industriegasen sowie nach Gasen für die Elektronikbranche profitiert. Im neuen Geschäftsjahr will er seine operative Marge verbessern und den Nettogewinn ohne Wechselkurseffekte gerechnet weiter steigern. Das honorierten die Anleger mit einem Plus von 1,8 Prozent.

Der Technologiekonzern Schneider Electric hatte das vergangene Jahr mit Rekordwerten abgeschlossen, was die Anleger aber nicht mehr groß begeisterte. Der Kurs kletterte nur um 0,9 Prozent./tih/he