(neu: Dauer der Streckensperrung und Stand der Bergung.)

LEIFERDE (dpa-AFX) - Nach der Kollision zweier Güterzüge im niedersächsischen Landkreis Gifhorn müssen Bahnreisende mindestens bis Ende November mit Zugausfällen und Verspätungen rechnen. Mindestens bis zum 27. November werde der Bahnverkehr massiv gestört sein, gab die Deutsche Bahn am Freitag bekannt. "Bevor nicht die leckgeschlagenen Kesselwagen aufgegleist sind und die Unfallstelle geräumt ist, können wir nicht mit den Reparaturen beginnen", sagte eine Bahnsprecherin. Solange bleibe die Strecke zwischen Hannover und Berlin gesperrt. Ursprünglich war die Bahn davon ausgegangen, dass die Sperrung bis Sonntagabend anhalten sollte.

"Schon jetzt zeichnen sich große Schäden an Oberleitung, Leit- und Sicherungstechnik und am Gleisbett ab", sagte die Bahnsprecherin. Das mache eine verlässliche Prognose, wann Züge wieder auf der Strecke fahren könnten, sehr schwierig. Zurzeit werden Züge umgeleitet.

Am frühen Donnerstagmorgen hatte ein Güterzug bei Leiferde an einem Signal gehalten, ein folgender Güterzug war aus zunächst ungeklärter Ursache auf den Zug aufgefahren. Vier Waggons kippten bei der Kollision um, auch die Oberleitung wurde beschädigt. Der auffahrende Zug bestand aus 25 mit Propangas gefüllten Kesselwaggons.

Ein Sprecher der Bundespolizei sagte, es entweiche weiter explosives Propangas aus zwei Kesselwaggons: "Jeder Funken kann dort zu einer Katastrophe führen." Jeder Kesselwagen sei mit 50 Tonnen Gas beladen

- es sei davon auszugehen, dass pro Stunde rund 250 Kilogramm

entwichen.

Am Freitag liefen die Vorbereitungen für die Bergung der havarierten Kesselwaggons weiter. Die intakt gebliebenen Waggons des ersten Zuges wurden inzwischen aus der Gefahrenzone gezogen, wie der Sprecher erklärte. Damit werde Platz für Bergungsgerät geschaffen. Auch einige intakte Kesselwagen des anderen Zuges wurden bereits weggefahren, wie es am Freitagabend hieß. Kräfte des Technischen Hilfswerkes (THW) bauten Lichtmasten auf, um die Unglücksstelle auszuleuchten.

Geplant sei, das Propangas aus den leckgeschlagenen beiden Kesselwaggons abzupumpen - zunächst zumindest zur Hälfte, sagte der Sprecher. Dann sollten die Waggons vorsichtig aufgerichtet werden und der Rest solle abgepumpt werden. Im Einsatz an der Unfallstelle sind auch Spezialisten der Werksfeuerwehr des Chemieparks Marl.

Nach dem Unfall war der Lokführer des auffahrenden Zugs mit leichten Verletzungen ins Krankenhaus gekommen. Dem Mann gehe es den Umständen entsprechend gut, sagte der Sprecher. Der Lokführer des zweiten Zuges blieb den Angaben zufolge abgesehen von einem leichten Schock unverletzt.

Reisende müssen angesichts der Streckensperrung weiterhin damit rechnen, dass Züge ausfallen oder sich verspäten. Betroffen ist unter anderem die viel befahrene Verbindung zwischen Nordrhein-Westfalen und Berlin. Auf der Strecke werden die Züge umgeleitet, Bahnreisende müssen eine Verspätung von etwa 90 Minuten einkalkulieren, wie die Bahn bekanntgab. Der Halt Wolfsburg entfalle, ersatzweise hielten die Züge in Stendal.

Für Fahrgäste im Fernverkehr, die bis zum 27. November eine geplante Reise aufgrund der Zugkollision verschieben möchten, gilt laut Bahn zudem eine Sonderkulanz. Demnach können Fahrgäste bereits gebuchte Fernverkehrstickets ab sofort bis einschließlich 4. Dezember flexibel nutzen. Sitzplatzreservierungen könnten kostenfrei storniert werden, teilte die Bahn mit. Weitere Informationen gibt die Bahn im Internet unter www.bahn.de/sonderkulanz.

Ebenfalls betroffen sind etwa ICE-Züge aus der Schweiz über Frankfurt und Kassel nach Berlin. Die IC-Verbindungen zwischen Amsterdam und Berlin fahren nach Angaben der Bahn nur bis Hannover und starten auch dort in Gegenrichtung. Auch Züge, die von Hamm und Münster aus über Hannover bis nach Berlin fahren, sind demnach betroffen. Reisende sollten sich vor Fahrtantritt über ihre Verbindungen informieren. Auch im Regionalverkehr gab es Einschränkungen und Ersatzverkehr.

Die größte Herausforderung sei es, eine "vernünftige Infrastruktur" zu schaffen, erklärte der Sprecher der Bundespolizei. Die Waldwege an der Unfallstelle seien aufgeweicht. Voraussichtlich am Samstag sollten die Wege geschottert werden, um die Ausrüstung zur Bergung der Waggons und der beschädigten Lok transportieren zu können. Unklar sei, wie lange die Bergungs- und Reparaturarbeiten dauern würden, eine Prognose sei schwierig. Die Feuerwehr gehe davon aus, dass ihre Arbeiten zwei Wochen dauern könnten./bum/tst/len/DP/men