(neu: Kursreaktion, Sewing-Aussagen aus Pressekonferenz zu 2023 und darüber hinaus, detaillierterer Vergleich mit Analystenerwartungen)

FRANKFURT (dpa-AFX) - Inmitten aller Krisen hat die Deutsche Bank 2022 ihren höchsten Gewinn seit 15 Jahren erzielt und ihr Renditeziel übertroffen. Konzernchef Christian Sewing bekräftigte am Donnerstag das Ziel, in den nächsten Jahren "nachhaltig" zu wachsen und die Rendite für die Aktionäre weiter zu steigern. Im vergangenen Jahr erreichte die Bank ihr Renditeziel jedoch nur dank eines Steuereffekts. Die Deutsche-Bank-Aktie verlor am Vormittag zeitweise mehr als fünf Prozent und war damit Schlusslicht im Dax .

So steigerte die Deutsche Bank ihren Gewinn im vergangenen Jahr unter dem Strich zwar von 1,9 Milliarden auf 5,0 Milliarden Euro und damit noch stärker als von Analysten gedacht. Allerdings kam dieser Anstieg auch durch einen unerwartet hohen Steuereffekt von 1,4 Milliarden Euro zustande, wie das Institut am Morgen in Frankfurt mitteilte. Der Vorsteuergewinn legte um 65 Prozent auf rund 5,6 Milliarden Euro zu. Hier hatten Analysten jedoch einen noch stärkeren Sprung nach oben erwartet.

In den Zeiten vor der Finanzkrise 2008/2009 waren Milliardengewinne bei der Deutschen Bank nichts Besonderes. In ihrem Rekordjahr 2007 erzielte sie einen Vorsteuergewinn von mehr als 8,7 Milliarden Euro und rund 6,5 Milliarden Euro Überschuss. Doch Deutschlands größtes Geldhaus musste die Bilanz nach der großen Krise kräftig aufräumen und machte bis einschließlich 2019 fünf Jahre in Folge Verluste.

Nachdem Sewing im Jahr 2018 auf den Chefposten befördert worden war, leitete er im Sommer 2019 eine grundlegende Neuaufstellung des Konzerns ein: Das Investmentbanking wurde gestutzt, der weltweite Aktienhandel beendet, die Integration der Postbank ins Privatkundengeschäft vorangetrieben. 2020 schloss die Deutsche Bank erstmals wieder ein Jahr unter dem Strich mit Gewinn ab.

"Die Transformation der Deutschen Bank in den vergangenen dreieinhalb Jahren war ein Erfolg", bilanzierte Sewing am Donnerstag. "Indem wir uns auf unsere Stärken konzentriert haben, sind wir deutlich profitabler, diversifizierter und effizienter geworden."

Im vergangenen Jahr lief es für die Deutsche Bank vor allem im Geschäft mit Privatkunden und Unternehmen deutlich besser. Die Unternehmensbank konnte ihren Vorsteuergewinn auf 2,1 Milliarden Euro mehr als verdoppeln. Die Privatkundenbank verdiente mit 2 Milliarden Euro sogar mehr als fünfmal so viel wie ein Jahr zuvor. Damit warfen die beiden Segmente zusammen mehr ab als die Investmentbank, von deren Erfolg die Deutsche Bank lange Zeit abhängig gewesen war.

2022 ging der Gewinn der Investmentbank um sechs Prozent auf 3,5 Milliarden Euro zurück und verfehlte damit die Erwartungen von Analysten. Auch die Vermögensverwaltung warf weniger ab: Der Vorsteuergewinn der hauseigenen Fondsgesellschaft DWS brach um 27 Prozent auf 598 Millionen Euro ein.

Wie bei anderen Instituten half die Zinswende dem Geschäft auf die Sprünge. So verdienen die Geldhäuser wieder mehr an Krediten. Nachdem die Deutsche Bank ihre Erträge im vergangenen Jahr auch dank der gestiegenen Zinsen um sieben Prozent auf 27,2 Milliarden Euro gesteigert hatte, geht der Vorstand für 2023 von einem weiteren Anstieg auf 28 bis 29 Milliarden Euro aus.

"Wir wollen und wir werden uns Jahr für Jahr verbessern. Und das gilt auch für 2023: Der Januar hat uns in dieser Zuversicht absolut bestärkt", sagte Sewing in Frankfurt. Er erwartet in diesem Jahr neben steigenden Erträgen stabile Kosten und eine Risikovorsorge für Kreditausfälle auf Vorjahresniveau. "Zusammengenommen stünde damit auch am Ende dieses Jahres wieder einmal ein höherer Vorsteuergewinn", sagte Sewing.

Im vergangenen Jahr hatte die Deutsche Bank gut 1,2 Milliarden Euro für drohende Kreditausfälle zurückgelegt und damit mehr als doppelt so viel wie 2021. Dies entsprach etwa 0,25 Prozent des Kreditvolumens. Einen ähnlichen Wert erwartet Finanzvorstand James von Moltke auch für das neue Jahr.

2022 übertraf die Deutsche Bank sogar ihr Renditeziel, das Analysten lange angezweifelt hatten. Die Nachsteuerrendite auf das materielle Eigenkapital verbesserte sich im Vergleich zum Vorjahr von 3,8 auf 9,4 Prozent - angestrebt waren acht Prozent. Ohne den Steuereffekt hätte der Vorstand sein Ziel verfehlt.

Für die Zeit bis 2025 bekräftigte der Vorstand den Plan, die Erträge auf mehr als 30 Milliarden Euro zu steigern und mehr als zehn Prozent Rendite zu erzielen. Der Weg dorthin werde aber "womöglich an manchen Stellen nicht immer ein ganz linearer sein", sagte Sewing.

Zunächst sollen die Aktionäre des Dax-Konzerns an den guten Zahlen teilhaben: Nach 20 Cent Dividende je Aktie für das Geschäftsjahr 2021 soll es für das abgelaufene Jahr 30 Cent geben./stw/ben/stk