(neu: Aktie wieder im Plus, Aussage von Finanzchefin Orlopp zur Kursreaktion)
FRANKFURT (dpa-AFX) - Mehr Geschäft mit vermögenden Privatkunden und zusätzliche digitale Angebote für Firmenkunden sollen der Commerzbank
An der Börse sorgen die Neuigkeiten für kräftiges Auf und Ab. So wurde die Commerzbank-Aktie mit einem Kurssprung um fast sieben Prozent erst zum größten Gewinner und dann mit einem Abschlag von fast fünf Prozent zum größten Verlierer im Dax. Am Nachmittag setzte eine Erholung ein, zuletzt lag das Papier mit einem Plus von rund einem halben Prozent auf 10,445 Euro im Mittelfeld des deutschen Leitindex. Commerzbank-Finanzchefin Bettina Orlopp kommentierte die Kurskapriolen gelassen: "Ruhe bewahren ist das Wichtigste hier", sagte sie in einer Videokonferenz mit Journalisten.
Zu dem starken Gewinnanstieg bis 2027 soll nach den Plänen des Vorstands vor allem ein höherer Provisionsüberschuss beitragen. Er dürfte von leicht unter 3,5 Milliarden Euro im laufenden Jahr auf 4,0 Milliarden Euro 2027 wachsen. Der zuletzt stark gestiegene Zinsüberschuss wird nach aktueller Prognose im laufenden Jahr auf mehr als 8,1 Milliarden Euro zulegen, dürfte aber nach Einschätzung des Managements mittelfristig dann nur noch moderat wachsen. Für 2027 rechnet der Vorstand mit 8,4 Milliarden Euro.
Nach Jahren mit Null- und Negativzinsen hat die Europäische Zentralbank (EZB) im Kampf gegen die hohe Inflation die Zinsen im Euroraum seit Juli 2022 zehn Mal angehoben. Geldhäuser bekommen nun wieder Zinsen, wenn sie Geld bei der EZB parken. Zudem verdienen Banken und Sparkassen zum Beispiel an höheren Kreditzinsen.
Wie bei anderen Geldhäusern beflügeln auch bei der Commerzbank die gestiegenen Zinsen die Geschäfte. Im dritten Quartal des laufenden Jahres steigerte die Bank ihren Gewinn unter dem Strich auf 684 Millionen Euro. Ein Jahr zuvor war das Ergebnis auf 195 Millionen Euro eingebrochen.
In den ersten neun Monaten verdiente das Geldhaus mit gut 1,8 Milliarden Euro fast doppelt so viel wie ein Jahr zuvor. Der Zinsüberschuss legte im Zeitraum Januar bis einschließlich September um knapp 39 Prozent auf gut 6,2 Milliarden Euro zu. Zudem profitierte die Bank davon, dass sie weniger Geld für mögliche Kreditausfälle zurücklegen musste. Für das Gesamtjahr rechnet der Vorstand nur noch mit einer Risikovorsorge von weniger als 700 Millionen Euro. Für 2024 werden circa 800 Millionen Euro veranschlagt, 2027 sollen es dann wieder 700 Millionen Euro Risikovorsorge sein.
In den vergangenen Jahren war die Commerzbank auf Sparkurs: Tausende Stellen wurden gestrichen, die Zahl der Filialen in Deutschland von 1000 auf 400 geschrumpft - dabei soll es vorerst aber bleiben. "Die Transformationsarbeit der vergangenen Jahre zahlt sich zunehmend aus. Neben dem Zinsumfeld profitieren wir von einem niedrigen Risikoergebnis und fortgesetzter Kostendisziplin", bilanzierte Finanzchefin Orlopp. Dass die Bank nach neun Monaten schon mehr verdient habe als im Gesamtjahr 2022 sei "eine starke Basis, um unsere Ausschüttung wie geplant deutlich zu erhöhen".
Für die Geschäftsjahre 2022 bis 2024 will die Commerzbank in Summe drei Milliarden Euro über Dividenden und Aktienrückkäufe an ihre Aktionärinnen und Aktionäre ausschütten, wie sie Ende September mitgeteilt hatte. Angestrebt ist, dass in den Jahren 2025 bis 2027 grundsätzlich mehr als die Hälfte des Gewinns - nach Abzug von Zinszahlungen für bestimmte Anleihen und Minderheitsanteile - ausgekehrt werden. Nach drei Nullrunden gab es für das Geschäftsjahr 2022 erstmals wieder eine Dividende von 20 Cent je Aktie.
Im Gesamtjahr 2022 hatte das Geldhaus, dessen größter Anteilseigner der deutsche Staat ist, gut 1,4 Milliarden Euro Überschuss erzielt und damit so viel wie seit 2007 nicht mehr. Allerdings hätte der Gewinn der Commerzbank schon 2022 erheblich höher ausfallen können, wären nicht die mehr als eine Milliarde Euro schwere Belastung durch die polnische Tochter mBank
Ihre Effizienz will die Commerzbank nach eigenen Angaben "insbesondere durch einfache digitale Prozesse steigern". "Auf dieser Basis soll auch die Aufwandsquote verbessert werden." Um einen Euro Ertrag zu erzielen, will die Bank 2027 nur noch 55 Cent aufwenden. In den ersten neun Monaten 2023 belief sich das Verhältnis zwischen Aufwand und Erträgen (Cost-Income-Ratio) auf 60 Prozent. Die Erträge - also die gesamten Einnahmen der Bank - erwartet der Vorstand im laufenden Jahr bei 10,6 Milliarden Euro, 2027 sollen es 12,5 Milliarden Euro sein.
Konzernchef Knof versprach Investoren und Anteilseignern: "Wir werden unsere Ertragsbasis vergrößern, die Aufwandsquote weiter verbessern und unsere Eigenkapitalrendite steigern." Für 2027 strebt der Vorstand eine Rendite auf das materielle Eigenkapital von mehr als 11 Prozent an. Im Jahr 2022 waren es 4,9 Prozent, für das laufende Jahr erwartet der Vorstand 7,5 Prozent. Dieser Wert setzt den Gewinn ins Verhältnis zum eingesetzten Eigenkapital und zeigt somit, wie effizient ein Unternehmen dieses Geld eingesetzt hat./ben/stw/he