(neu: Äußerungen aus der Telefonkonferenz mit Analysten im vierten und zehnten Absatz, unter anderem zu den Energiekosten, Kurs aktualisiert)
HAMBURG (dpa-AFX) - Der Kupfer- und Recyclingkonzern Aurubis
Anleger an der Börse reagierten am Mittwoch zunächst negativ auf die Dividendenpläne des Unternehmens, ließen sich aber schließlich vom Geschäftsausbau und den damit einhergehenden Gewinnaussichten überzeugen. Die Aktien sackten im frühen Handel bis auf 72 Euro ab, erholten sich aber rasch und drehten ins Plus. Am Nachmittag waren sie mit einem Plus von gut fünf Prozent auf 83,42 Euro unter den besten Werten im Index der mittelgroßen Werte MDax. Die seit dem Jahrestief Ende September laufende Erholung der Papiere geht damit doch noch weiter. 2022 liegen die Aktien nun nur noch gut fünf im Minus. Der MDax verlor bislang rund 28 Prozent.
Analyst Christian Obst von der Baader Bank äußerte sich zuversichtlich. Das Gewinnziel für das laufende Geschäftsjahr lasse am unteren Ende der Spanne Spielraum für positive Überraschungen. Maxime Kogge vom Investmenthaus Oddo BHF nahm die Nachrichten zum Anlass, das Kursziel von 90 auf 100 Euro zu erhöhen. Nach Ansicht des Branchenexperten könnten die neuen Initiativen des Kupferkonzerns den Wert der Aktien um 10 bis 15 Euro steigern. Er betonte außerdem, künftige Dividenden seien nicht in Gefahr, da sich das Unternehmen einer sehr gesunden Bilanz rühmen könne. Er bestätigte vor diesen Hintergründen sein positives Urteil mit "Outperform".
Aurubis will sein im Bau befindliches Recycling-Werk in Richmond (USA) wegen des anhaltenden Recyclingbooms in dem Land jetzt auf das Doppelte der bisher geplanten Kapazität erweitern. Zudem überzeugt die USA die Aurubis-Führung mit einer günstigen und stabilen Energieversorgung.
Aber auch das Werk in Hamburg soll weiter ausgebaut werden. Damit können in der Heimatstadt des MDax-Unternehmens künftig rund 30 000 Tonnen zusätzliches Recyclingmaterial sowie in größerem Umfang interne, komplexe Hüttenzwischenprodukte verarbeitet werden. Auch dürfte der konzerneigene Solarpark in Bulgarien weiter wachsen. Die Investitionen sollen künftig einen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von rund 130 Millionen Euro einbringen und aus dem laufenden Mittelzufluss finanziert werden. Auf eine Kapitalerhöhung wird damit verzichtet. Das bedeutet aber auch, dass vorerst nicht mehr wie bisher automatisch mindestens ein Viertel des operativen Konzerngewinns an die Anteilseigner ausgeschüttet wird.
Die Ausschüttungsquote werde künftig jährlich neu festgelegt - abhängig vom Finanzbedarf des Unternehmens, hieß es. Dabei betont das Unternehmen aber, dass Aktionäre "weiterhin angemessen am Ergebnis der Gesellschaft beteiligt werden." Ein Großteil der jährlichen Ausschüttung fließt an den Stahlkonzern Salzgitter
Zunächst winkt aber eine Rekorddividende. Für das Ende Oktober abgelaufene Geschäftsjahr 2021/22 sollen die Anteilseigner je Aktie 1,80 Euro erhalten - 20 Cent mehr als ein Jahr zuvor und so viel wie nie zuvor in der Geschichte des Konzerns. Analysten hatten im Schnitt jedoch mit mehr als zwei Euro gerechnet.
Dabei kann sich Aurubis auf starke Geschäftszuwächse im abgelaufenen Geschäftsjahr stützen. Bei einem Umsatzwachstum um knapp 14 Prozent auf 18,5 Milliarden Euro legte der operative Vorsteuergewinn im Jahresvergleich um rund 40 Prozent auf 532 Millionen Euro zu - das war etwas mehr als von Analysten im Schnitt erwartet. Dabei machten gestiegene Metall- und Schwefelsäurepreise sowie eine hohe Nachfrage nach Kupferprodukten die gestiegenen Energiekosten mehr als wett. Das bereinigte Konzernergebnis stieg auf 433 Millionen Euro, nach 284 Millionen im Vorjahr.
So mussten mit 342 Millionen Euro fast zwei Drittel mehr für Energie ausgeben werden als im vergangenen Geschäftsjahr, wie die Unternehmensführung während der Jahrespressekonferenz am Mittwoch mitteilte. 2022/23 dürfte diese laut einer Äußerung in einer Telefonkonferenz mit Analysten auf 400 bis 420 Millionen Euro steigen.
Üblicherweise legt Aurubis die Jahreszahlen nicht so spät im Dezember vor, in diesem Jahr verzögerte sich die Veröffentlichung aber wegen einer Cyber-Attacke Ende Oktober. Damals fuhr der Konzern zahlreiche Systeme präventiv herunter und trennte sie vom Internet. Die Produktion konnte weitgehend aufrechterhalten werden. Am Ende hätten sich die hohen Ausgaben für die IT-Sicherheit ausgezahlt, sagte Harings am Mittwoch. Die finanzielle Belastung durch den Angriff belaufe sich auf weniger als fünf Millionen Euro.
Für das seit Anfang November laufende Geschäftsjahr 2022/23 erwartet das Management einen Rückgang des operativen Vorsteuerergebnisses auf 400 bis 500 Millionen Euro. Branchenexperten liegen mit ihren Erwartungen hier bereits am unteren Ende der Spanne.
Gegenwind kommt im neuen Geschäftsjahr weiterhin ein Stück weit durch die Energiekosten, ein trüberes Konjunkturumfeld sowie vom Geschäft mit Schwefelsäure, das im alten Jahr stark gelaufen war. Schwefelsäure fällt als Nebenprodukt der Kupferproduktion an und ist ein wichtiger Rohstoff für die Düngerindustrie. Insbesondere in Europa erwartet Aurubis nun aber eine reduzierte Nachfrage aufgrund von Produktionskürzungen vieler Düngerhersteller wegen hoher Energiekosten. Zudem werde in den Exportmärkten USA und Südamerika von einem niedrigeren Preisniveau aufgrund erhöhter Exportaktivitäten aus Europa und China ausgegangen.
Besser sieht es im Geschäft mit Kupfer aus, das grundsätzlich von einer guten Rohstoffnachfrage, auch im Zuge der Digitalisierung, der wachsenden Elektromobilität und dem Ausbau der Alternativen Energie profitiert. Aurubis erwartet eine weiterhin stabile Nachfrage und hob daher die Kupferprämie für europäische Gießwalzdraht- und Stranggussformate deutlich an. Das ist ein Preisaufschlag wegen der hohen Qualität des Kupfers, den Aurubis auf den allgemeinen Marktpreis bekommt. Zudem dürften die Raffinierlöhne, also das Geld, das Aurubis für die Verarbeitung der Materialien zu reinen Kupferblöcken bekommt, angesichts einer stabilen Versorgung bei Recyclingmaterialien robust bleiben./mis/stw/tav/stk/he