(neu: Aktienkurs, Analysten, Details aus Telefonkonferenz)

BERLIN (dpa-AFX) - Der Online-Händler Zalando profitiert weiter von seinen Sparmaßnahmen. In den drei Monaten bis Ende Juni kamen ihm zudem Sportgroßereignisse wie die Fußball-EM zugute. Um unabhängig davon seine Kunden bei Laune zu halten, setzt das Unternehmen seit kurzem auf die Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) und visuelle Inhalte. Überraschenderweise kündigte das Unternehmen ferner die Expansion nach China an - und den Abgang von Finanzchefin Sandra Dembeck.

An der Börse legte die Zalando-Aktie am Dienstagvormittag zunächst um und rund 5,5 Prozent zu. Im weiteren Tagesverlauf gaben die Titel ihre Gewinne vollständig ab. Am Nachmittag lagen die stark schwankungsanfälligen Zalando-Papiere mit 3,2 Prozent am Ende des Dax .

Analyst Yashraj Rajani von der Bank UBS sagte, dass einige Investoren wohl auf eine Erhöhung des Gewinnziels in die obere Hälfte der Spanne gehofft hätten. Gleichwohl erschienen die beibehaltenen Ziele konservativ. Anleger dürften wenig Freude mit der Aktie haben: Seit einem Jahr ist ihr Wert um rund 30 Prozent eingebrochen. Auf drei Jahre gesehen kostet eine Aktie nun fast 77 Prozent weniger.

Wie das Berliner Unternehmen am Dienstag weiter mitteilte, sollen mit dem neuen, ergänzenden Standort in Shenzhen neue Verkaufswege in Sozialen Medien untersucht werden. Unter "Social Commerce" versteht man den Verkauf von Artikeln etwa mithilfe von Influencern.

Zudem kündigte Zalando an, die Partnerschaft mit dem für ChatGPT bekannten KI-Unternehmen OpenAI weiter auszubauen. Dabei sollen weitere Wege gefunden, um generative KI beim Online-Shopping einzusetzen. Bereits jetzt setzt der Konzern verstärkt auf visuelle Inhalte, um etwa Produkte auf verschiedenen Hintergründen abzubilden. Entsprechende Inhalte zeigten eine um 10 Prozent höhere Interaktionsrate als herkömmliche Artikelfotos, hieß es. Videoinhalte sorgten dafür, dass Kunden dreimal wahrscheinlicher Produkte kauften. Zudem würden weniger Kunden Bestellungen zurückgeben. Das hilft, denn Retouren sind kostspielig für Unternehmen.

Zugleich gab Finanzchefin Dembeck bekannt, ihren bis Ende Februar 2025 laufenden Vertrag nicht verlängern zu wollen. Nach Konzernangaben leitet sie das Ressort seit März 2022. Die Suche nach einer Nachfolge sei im Gange, hieß es. Analyst Adam Cochrane von der Deutschen Bank hob hervor, dass der Konzern unter Dembeck sich mit Blick auf die Erfüllung von Jahreszielen verbessert habe. Dass sie Vertrag nicht verlängere, sei angesichts der jüngsten Ankündigung ihrer langfristigen Strategie enttäuschend. Zuletzt hatte Zalando unter Dembeck stärker auf Profitabilität gesetzt, auch zulasten von Wachstum.

So kletterte der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) im zweiten Quartal um fast ein Fünftel auf 171,6 Millionen Euro. Dabei wirkten sich das Bestandsmanagement und geringere Logistikkosten positiv aus. Unter dem Strich sprang der Gewinn im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um knapp 70 Prozent auf 95,7 Millionen Euro. Bei beiden Kennziffern übertraf Zalando die Erwartungen von Analysten.

Dank des gestiegenen Sport-Interesses infolge der Großereignisse in Europa legte der Bruttowarenwert (GMV) der drei Monate bis Ende Juni um 2,8 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro zu. Der Umsatz erhöhte sich um 3,4 Prozent auf gut 2,6 Milliarden Euro. Die Ergebnisse seien solide ausgefallen, schrieb JPMorgan-Analystin Georgina Johanan. Allerdings könnten die ausgebliebene Anhebung der Jahresziele und der Abgang von Dembeck das Bild trüben.

Die Managerin geht von einer anhaltenden Dynamik aus. Im Vergleich zum Vorquartal dürfte sich das dritte Jahresviertel nochmal beschleunigen, sagte sie. Allerdings sei die Entwicklung des Quartals vor allem davon abhängig, wie die Geschäfte im September laufen werden.

So rechnet der Vorstand weiter im schlechtesten Fall damit, dass Umsatz und Bruttowarenwert (GMV) auf dem Vorjahresniveau bleiben. 2023 hatte Zalando 14,6 Milliarden Euro GMV ausgewiesen und 10,1 Milliarden Euro erlöst. Co-Konzernchef Robert Gentz und Noch-Finanzchefin Dembeck halten aber auch ein Plus von jeweils bis zu fünf Prozent für möglich. Der bereinigte operative Gewinn (Ebit) soll auf 380 bis 450 Millionen Euro steigen - nach knapp 350 Millionen im Jahr zuvor./ngu/mis/nas/mis/he