(neu: Kurs, weitere Analystenstimmen)

NEUBIBERG (dpa-AFX) - Der Chipkonzern Infineon will angesichts der schwachen Nachfrage weltweit 1.400 Stellen streichen. Zudem sollen nochmal 1.400 Jobs aus Hochlohnländern verlagert werden, wie Konzernchef Jochen Hanebeck am Montag in einer Telefonkonferenz zu den Quartalszahlen ankündigte. Zwar zeigten sich im angelaufenen dritten Geschäftsquartal erste Besserungstendenzen. Doch die Erholung verlaufe zäh. An der Börse zeigte sich die Aktie in einem schwachen Markt sehr volatil.

Für das im Dax notierte Papier gab es zunächst ein Auf und Ab. Zwischenzeitliche Gewinne konnte die Aktie nicht halten. Am späten Mittag gab der Kurs um mehr als zwei Prozent nach.

Seit dem Zwischenhoch Mitte Juni steht immer noch ein Kursminus von knapp einem Viertel auf dem Zettel. Angestoßen worden war die Talfahrt neben jüngst schlechten Quartalzahlen etwa des US-Chipriesen Intel von Rezessionssorgen und Befürchtungen, der Hype um Künstliche Intelligenz (KI) könnte zu weit gegangen sein.

Dabei fanden Experten durchaus positive Aspekte. Mit Blick auf die Geschäftszahlen bezeichnete Jefferies-Analyst Janardan Menon diese als "stark". Zudem halte der Chip-Hersteller in dem schwierigen Umfeld an den Jahreszielen fest. Die Segmentergebnismarge liege über seiner Schätzung. Alexander Duval von Goldman Sachs vertritt die Auffassung, dass nach deutlich niedrigeren Zielen des Wettbewerbers STMicro für 2024 der entsprechende Ausblick von Infineon nun eher auf Erleichterung der Anleger stoßen dürfte. Der Halbleiterkonzern zeige Widerstandsfähigkeit unter herausfordernden Marktbedingungen, bemerkte auch Bernstein-Analystin Sara Russo. Die Profitabilität sei etwas besser, der Umsatz etwas schlechter als erwartet ausgefallen.

Infineon will angesichts des schwachen Marktumfeldes die Profitabilität verbessern. Mit dem Arbeitsplatzabbau und den Verlagerungen von Jobs aus Hochlohnländern "von Nordamerika bis Asien" will Infineon Kosten sparen. Ein grundsätzliches Sparprogramm hatte Infineon bereits Anfang Mai angekündigt, als das Unternehmen wegen des schwierigen Marktumfeldes zum zweiten Mal die Prognose senken musste.

Die Schwerpunkte des Programms liegen Infineon zufolge auf den Bereichen "Fertigungsproduktivität, Portfoliomanagement, Preisqualität und Betriebskosten". Die Innovationskraft des Unternehmens soll dabei nicht beeinträchtigt werden. Auch hält das Management an dem Ausbau der Fertigung in Dresden und Kulim fest. In Dresden würden weiter Jobs aufgebaut, sagte Hanebeck.

Wie sich die nun angekündigten Streichungen regional aufteilen, ist noch offen. Für Deutschland schloss Hanebeck betriebsbedingte Kündigungen aus. Die Stellenstreichungen am Standort Regenburg seien in dem Plan bereits enthalten. Hier hatte Infineon den Abbau einer mittleren dreistelligen Zahl an Arbeitsplätzen angekündigt. Hanebeck betonte in der Konferenz, dass Regensburg ein zentraler Standort bleibe. Die Verlagerungen sollen intern geschehen - und an günstigere Standorte, an denen Infineon bereits tätig ist.

Infineon kämpft mit einer mauen Chipnachfrage. So seien die Läger der Kunden weiterhin voll, die Bestände überlagerten an vielen Stellen immer noch die Endnachfrage, sagte Hanebeck. Zwar sieht der Konzernchef mittlerweile "eine Bodenbildung im laufenden Zyklus". "Eine vollständige Erholung ist nicht in Sicht."

Für das laufende Geschäftsjahr bezifferte Finanzvorstand Sven Schneider zum Beispiel die Leerstandskosten, also für eine Unterauslastung der Produktion, auf etwa 800 Millionen Euro, davon fielen 60 Prozent in die zweite Geschäftsjahreshälfte.

Infineon steht mit den Problemen nicht alleine da. Der Chip-Markt bleibt abseits des Hypes um KI angespannt. So hatte Konkurrent STMicroelectronics kürzlich zum zweiten Mal die Prognose gesenkt. Und Intel kündigte nach einem schwachen Quartal den Abbau von 15.000 Stellen an - rund 15 Prozent der Belegschaft.

Im dritten Geschäftsquartal (per Ende Juni) verbesserte sich Infineon leicht und stoppte seinen Abwärtstrend der Vorquartale. So stieg der Umsatz im Vergleich zum Vorquartal um zwei Prozent auf 3,7 Milliarden Euro. Das war etwas weniger als vom Unternehmen zuvor in Aussicht gestellt. Hanebeck begründete dies mit der Verschiebung von Auslieferungen in das vierte Quartal.

Das Segmentergebnis, das die operative Entwicklung des Unternehmens misst, legte um vier Prozent auf 734 Millionen Euro zu, die entsprechende Marge verbesserte sich um 0,3 Prozentpunkte auf 19,8 Prozent. Dies lag über den Erwartungen der Analysten. Unter dem Strich blieben 403 Millionen Euro übrig - nach 394 Millionen im vorangegangenen Quartal. Blickt man auf das Vorjahresquartal, so verzeichnete Infineon weiterhin deutliche Rückgänge bei Umsatz und Gewinn.

Für das vierte Quartal erwartet das Unternehmen einen Umsatzanstieg auf rund vier Milliarden Euro, bei einer Segmentergebnismarge von etwa 20 Prozent. Für das Geschäftsjahr 2023/24 (per Ende September) dürfte der Umsatz etwa 15 Milliarden Euro betragen und damit in der zuvor ausgegebenen Spanne liegen. Die Erwartung einer Segmentergebnismarge von etwa 20 Prozent wurde bestätigt./nas/mis/jha/