(neu: Kurs aktualisiert, Management-Aussagen aus Analystenkonferenz, Details)

WALLDORF (dpa-AFX) - Europas größter Softwarehersteller SAP macht mit dem Verkauf seiner Software zur Nutzung über das Netz weiter Tempo. Im ersten Quartal zog der Umsatz mit solchen Produkten aus dem fortgeführten Geschäft im Jahresvergleich um fast ein Viertel an, wie das Dax-Schwergewicht am Freitag in Walldorf mitteilte. Zwar hatten sich Analysten noch etwas mehr ausgerechnet. Aber auch Kritik von Branchenexperten daran, dass vor allem die althergebrachte Lizenzsoftware für überraschend viel Betriebsgewinn sorgte und nicht das Cloudgeschäft, konnte die SAP-Aktie letztlich nicht dauerhaft belasten. Sie legte am Nachmittag an der Dax-Spitze deutlich zu.

Nachdem die Aktie in diesem Jahr bereits gut gelaufen war, drehte ihr Kurs im Handelsverlauf erst nach anfänglichen Verlusten ins Plus und lag zuletzt mit mehr als fünf Prozent im Plus bei 121,82 Euro. Seit Jahresbeginn hat das Papier fast ein Viertel gewonnen. SAP ist nach dem Rückzug des Gaskonzerns Linde von der Frankfurter Börse mittlerweile wieder der wertvollste deutsche börsennotierte Konzern.

Insgesamt legte der Konzernerlös im ersten Quartal um 10 Prozent auf 7,44 Milliarden Euro zu. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern wuchs um 12 Prozent auf 1,88 Milliarden Euro, das war in etwa so viel wie von Experten zuvor geschätzt. Bei den Geschäftszahlen ist die US-Tochter Qualtrics bereits ausgeklammert, deren Verkauf SAP im März angekündigt hatte und der in der zweiten Jahreshälfte abgeschlossen werden soll.

Analysten verwiesen angesichts des operativen Ergebnisses vor allem auf eine unerwartete Stärke bei den Lizenzverkäufen. Charles Brennan von der US-Investmentbank Jefferies zufolge hatte das Gros der Experten mit einem Rückgang der Lizenzverkäufe um 35 Prozent gerechnet. Letztlich lag das Minus nur bei 13 Prozent. SAP habe insgesamt überzeugt, aber "nicht aus den richtigen Gründen", schrieb Brennan. Die Resultate insgesamt seien nicht so schlimm wie von ihm befürchtet.

Softwarelizenzen erzeugen mit hohen einmaligen Verkaufspreisen vergleichsweise viel Ergebnis auf einen Schlag. Der neue SAP-Finanzchef Dominik Asam verwies auf mehrere große Abschlüsse in diesem Bereich im ersten Quartal. Dies dürfte sich so im Rest des Jahres nicht wiederholen. SAP legt im Verkauf auch kaum noch Fokus auf die Lizenzgeschäfte, seit Vorstandschef Christian Klein den Konzern noch stärker auf die Cloudgeschäfte trimmt. Sie gelten als stabiler und SAP schätzt sie in der langen Frist auch als rentabler ein wegen wiederkehrender Abo-Zahlungen. Ab kommendem Jahr will Klein dank der anschwellenden Nutzungsgebühren ein prozentual zweistelliges Wachstum beim Gesamtumsatz erreichen.

Der Konzern hat sich für das laufende Jahr nach der Ankündigung des Qualtrics-Verkaufs eher vorsichtige Ziele im fortgeführten Geschäft gesetzt. Währungsbereinigt soll das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Sonderposten um acht bis elf Prozent klettern. Inklusive Qualtrics hatten 10 bis 13 Prozent im Plan gestanden. An den grundlegenden Trends im Tagesgeschäft habe sich kaum etwas geändert, sagte Asam.

Der Auftragsbestand für Cloudsoftware wuchs weiter kräftig. Klein sagte, noch nie habe SAP mit einem zentralen Programm zur Unternehmenssteuerung (ERP - Enterprise Resource Planning) solche Wachstumsraten erzielt wie mit der Cloudversion des Kernprogramms S/4 Hana.

Unter dem Strich musste SAP allerdings einen spürbaren Gewinneinbruch hinnehmen. Inklusive aller Effekte und der Noch-Tochter Qualtrics sank der Nettogewinn um fast ein Fünftel auf 509 Millionen Euro. Einerseits hatten vor einem Jahr Wertsteigerungen bei Unternehmensbeteiligungen an Start-ups SAP in die Hände gespielt. Doch auch das Sparprogramm mit der geplanten Streichung von rund 3000 Stellen kostete SAP nun etwa 255 Millionen Euro. Der Großteil des Vorhabens sei im ersten Quartal abgearbeitet, sagte Klein. Das Management rechnet auch nicht mit weiteren derartigen Einschnitten in diesem Jahr.

Zudem wurden 170 Millionen Euro fällig für regulatorische Angelegenheiten rund um die sogenannte Compliance (Regeltreue), wie es der Konzern formulierte. Details wollte Finanzchef Asam dazu nicht nennen; es handle sich aber um bereits bekannte Probleme aus der Vergangenheit. SAP hatte in den vergangenen Jahren etwa in Südafrika mit Regelverstößen zu kämpfen.

Auch die aktienbasierte Mitarbeitervergütung belastete das Ergebnis im ersten Quartal deutlich stärker als ein Jahr zuvor, weil sich der Aktienkurs im Startquartal 2023 besser entwickelte als im Vorjahreszeitraum. Immerhin verschafft der geplante Qualtrics-Verkauf den Walldorfern hier etwas mehr Beinfreiheit: So sollen die Kosten statt bei 2,55 bis 2,85 Milliarden Euro inklusive Qualtrics künftig nur noch bei 1,85 bis 2,25 Milliarden liegen. Bei Qualtrics fiel die aktienbasierte Vergütung seit jeher üppig aus.

Die eingeplanten Verkaufserlöse von rund 7,7 Milliarden US-Dollar (7 Mrd Euro) für die eigenen Qualtrics-Anteile will Asam erst in der Kasse haben, bevor das Unternehmen sich entscheidet, was es damit macht. Asam sprach von Optionen, die sich damit eröffnen würden, unter anderem für eine Beteiligung der Aktionäre sowie mögliche Übernahmen. Die Walldorfer sehen sich seinen Worten zufolge aber zu keinen Zukäufen gezwungen, sagte er in einer Konferenz mit Analysten.

Bei der Geschäftsaufgabe in Russland und Belarus infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine kommt SAP nach eigenen Angaben voran. So sei die Einstellung des Geschäfts fast abgeschlossen. Allerdings warnte SAP davor, dass eine Verschärfung der Lage weitere negative Folgen für das Unternehmen haben könnte./men/stw/he