(neu: Aussagen des Managements, Kurs aktualisiert, weitere Analystenstimme.)
WALLDORF (dpa-AFX) - Europas größter Softwarehersteller SAP
Der Manager will zudem 3000 Stellen streichen. Das sind rund 2,5 Prozent aller Beschäftigten, in Deutschland sind rund 200 Mitarbeiter betroffen. Der Stellenabbau soll weitere Investitionen ins Kerngeschäft ermöglichen, denn eingeplant sind mit dem Jobabbau auch Kostensenkungen.
Die SAP-Aktie fiel am frühen Nachmittag als Dax-Schlusslicht um knapp 4 Prozent auf 101,74 Euro. Das Papier hatte sich von den Tiefs im vergangenen Herbst zuletzt wieder lösen können, von zeitweise unter 80 Euro ging es im Hoch über 109 Euro - in den vergangenen Tagen ließ die Kauflust dann wieder nach. Der Kurs der zum Verkauf stehenden US-Tochter Qualtrics schoss hingegen am Donnerstag vorbörslich um fast ein Drittel in die Höhe.
Analyst Knut Woller von der Baader Bank wertete die Jahreszahlen des Konzerns etwas schwächer als von Experten erwartet. Seine Annahme, dass sich die laufenden Geschäfte wieder beschleunigten, bleibe aber intakt. Michael Briest von der Schweizer Bank UBS bemängelte, dass SAP sein Jahresziel für den freien Barmittelzufluss nicht schaffte. Finanzchef Luka Mucic versicherte unterdessen, dass die SAP-Anleger trotz Rückgängen beim Nettogewinn und dem Free Cashflow keine Angst um ihre Dividende haben müssten.
2023 soll nach zwei mageren Jahren ohnehin wieder spürbar mehr Gewinn aus dem Tagesgeschäft eingefahren werden. Mucic rechnet mit einem währungsbereinigten Anstieg des um Sondereffekte bereinigten Ergebnisses vor Zinsen und Steuern (bereinigtes Ebit) um 10 bis 13 Prozent - auch Analysten hatten solche Zahlen auf dem Zettel. Im vergangenen Jahr ging das operative Ergebnis noch um zwei Prozent auf 8,03 Milliarden Euro zurück. Insgesamt traf SAP damit die eigenen Ziele und die Erwartungen von Experten am Markt.
Mit der Cloudsoftware will SAP im laufenden Jahr währungsbereinigt zwischen 22 und 25 Prozent mehr Umsatz machen, im gesamten Produktumsatz erwartet Vorstandschef Klein ein Plus zwischen 6 und 8 Prozent. Beim Ausblick für den Erlös bleibt SAP damit eher vorsichtig und am unteren Ende der Analystenerwartungen. Im vergangenen Jahr hatte der schwache Euro noch ordentlich Rückenwind verliehen, mittlerweile hat sich der Wechselkurs aber wieder stärker gewendet und könnte bremsen.
Zur schon länger in Aussicht gestellten Wende beim operativen Ergebnis hin zum Besseren dürften die Stellenstreichungen in diesem Jahr noch nicht viel beitragen, sagte Mucic. Die jährlichen Kosten sollen durch den Schritt um bis zu 350 Millionen Euro sinken. Vor allem ab 2024 komme das zum Tragen. Die Belastungen für Abfindungen taxierte der im März ausscheidende Finanzchef auf 250 bis 300 Millionen Euro. Der vom Unternehmen als "gezielte Restrukturierung" bezeichnete Jobabbau wird demnach keine Vorruhestandregelungen umfassen, diese hätten objektiv für alle gelten müssen und auch allen Mitarbeitern angeboten werden müssen.
Stattdessen will SAP da abbauen, wo man derzeit eher weniger Erfolg in den Kundengesprächen hat - im Bereich der Kundenmanagementsoftware (CRM) etwa, das stärker in die Branchenlösungen für unterschiedliche Wirtschaftszweige integriert werden soll. Klein sagte, das Geld solle in den Kernbereich des Softwarekonzerns investiert werden. Hier will er bei der Software zur Unternehmenssteuerung (ERP) die Stellung von SAP noch ausbauen und den Marktanteil steigern, insbesondere in der Cloud.
Der Jobabbau dürfte nach Aussagen des Managements auch Entlassungen zur Folge haben. Ende 2022 hatte SAP knapp 112 000 Beschäftigte - und damit gut 4500 mehr als noch ein Jahr zuvor. "Wir haben definitiv nicht zu viel eingestellt", sagte Klein auf der Bilanzpressekonferenz in Walldorf. SAP reiht sich mit seinen Plänen in die Riege der Tech-Konzerne ein, die derzeit Mitarbeiter vor die Tür setzen. Die Unternehmen vorwiegend aus den USA hatten mehrheitlich darauf verwiesen, in der Corona-Pandemie bei ihren Personalplanungen zu optimistisch gewesen zu sein.
Zu dem Zurechtstutzen der eigenen Ambitionen in Randfeldern passt auch der Plan, den US-Marktforscher Qualtrics bei passenden Bedingungen zu verkaufen. Die Firma war 2018 von Klein-Vorgänger Bill McDermott für 8 Milliarden US-Dollar teuer eingekauft worden. Zwar hänge ein Deal von vielen Faktoren ab. Der Vorstoß in die Marktforschung, um den US-Rivalen Salesforce
2021 brachte SAP das Unternehmen bereits in Teilen an die US-Börse und gestand sich damit ein, dass die Amerikaner nicht so recht unters Walldorfer Konzerndach und auch nicht zur Firmenkultur passen. Zuletzt machte auch der Aktienkurs von Qualtrics kaum noch Freude, der Börsenwert lag bei unter 7 Milliarden Dollar. Mucic hofft bei einem Verkauf auf eine ordentliche Bewertung - der vorbörslich stark anziehende Aktienkurs könnte diese Hoffnung stützen. SAP hält laut Mucic nominal noch 71 Prozent der Anteile, doch über die teuren Vereinbarungen für aktienbasierte Vergütungen in der Firma sind es verwässert durch neue Anteile nur noch 61 Prozent.
Im vergangenen Jahr machte SAP am Ende im eigentlichen Geschäft noch etwas verlorenen Boden gut. Der Jahresumsatz stieg auch dank der anziehenden Geschäfte mit Cloudsoftware zur Nutzung über das Netz um insgesamt elf Prozent auf 30,9 Milliarden Euro - ohne den schwachen Euro wäre der Erlös aber nur um fünf Prozent geklettert. Damit blieb SAP etwas hinter den Markterwartungen zurück.
Unter dem Strich sackte der Nettogewinn um gut zwei Drittel auf 1,71 Milliarden Euro ab, vor allem weil die Risiko-Beteiligungen an Start-ups nicht so erfolgreich waren wie im Jahr zuvor. Im vergangenen Jahr war der Marktwert von Tech-Unternehmen stark gesunken./men/tav/mis