(neu: Aussagen aus der Analystenkonferenz, neuer Analyst, Kurs)

PLANEGG (dpa-AFX) - Der Wirkstoffforscher Morphosys hat in klinischen Tests einen Durchbruch mit seinem Hoffnungsträger Pelabresib gegen den seltenen Blutkrebs Myelofibrose erzielt. In einer zulassungsrelevanten Studie trafen die Bayern ihr wichtigstes Ziel und wollen nun Mitte 2024 die Zulassung in den USA und in Europa beantragen. "Wir sind zuversichtlich, dass wir die Zulassung erhalten", sagte Unternehmenschef Jean-Paul Kress auf einer Analystenveranstaltung am Dienstagnachmittag und sprach von "starken Daten". An der Börse stürzte die Aktie dennoch ab. Fachleute hatten zuvor wegen einiger Teilresultate der Studie Zweifel an einer Genehmigung durch die Behörden angemeldet.

Zuletzt stand das Papier noch mit rund 23 Prozent im Minus, nachdem es am Morgen zeitweise um ein Drittel auf ein Tief seit April eingebrochen war.

Für die Myelofibrose, die ihren Ursprung im Knochenmark hat, gibt es bisher kaum Therapiemöglichkeiten. Neben einer fehlerhaften Bildung von weißen Blutkörperchen geht die Erkrankung mit einer Vergrößerung der Milz einher. In Morphosys' Studie der Phase III (Manifest-2) sorgte die Kombinationstherapie aus Pelabresib mit dem Mittel Ruxolitinib bei rund zwei Dritteln der Patienten für eine Reduzierung des Milzvolumens um mindestens 35 Prozent, wie der Konzern am späten Vorabend mitgeteilt hatte.

Fachleuten stieß jedoch auf, dass die Behandlung die Symptome der Myelofibrose nur ungenügend verbessern konnte. Hierzu gehören etwa Fieber, große Müdigkeit und Gewichtsverlust. Forschungschef Tim Demuth räumte insbesondere fehlende Verbesserungen bei Hochrisiko-Patienten ein, dies komme auch für Morphosys unerwartet. "Wir werden das untersuchen." Es handele sich aber nur um eine vergleichsweise kleine Probandengruppe, hieß es. Zusammenfassend für alle Studienteilnehmer sprach das Unternehmen von einem "starken positiven Trend".

Laut LBBW-Experte Timo Kürschner konnten die Daten jedoch nur bedingt überzeugen. Eine Zulassung ist seiner Meinung nach zwar möglich; allerdings sei es derzeit schwer, die Anwendungsbreite und das mögliche Marktpotenzial abzuschätzen. Kempen-Expertin Suzanne van Voorthuizen monierte zudem die aktuell unsichere Finanzlage der Bayern.

Morphosys-Chef Kress betonte unterdessen, das Unternehmen habe die besten Daten bei Myelofibrose erzielt, die bisher je erreicht worden seien. Dies werde zu einem Umbruch in der gängigen Behandlung betroffener Patienten führen. Das Unternehmen habe damit gute Karten auf einem Markt, der mehrere Milliarden schwer sei. Morphosys verfüge über ein starkes Datenpaket für eine komplette Vermarktung, ergänzte er auf die Frage, ob die Zulassungsbehörden womöglich nur eine eingeschränkte Genehmigung erteilen könnten.

Für Morphosys ist ein Zulassungserfolg immens wichtig, nachdem das Unternehmen den Wirkstoff mit der kostspieligen Übernahme des US-Krebsspezialisten Constellation Pharmaceuticals im Jahr 2021 für rund 1,7 Milliarden Dollar zu sich ins Haus geholt hatte. Wegen der hohen Ausgaben für die Forschung auch an Pelabresib steckt Morphosys in den roten Zahlen. Die Daten waren an der Börse daher mit Spannung erwartet worden.

Spekulationen über das Ergebnis hatten den Aktienkurs in den vergangenen Wochen immer wieder stark bewegt. Das Papier war seit Jahresbeginn bis Anfang November auf fast das Zweieinhalbfache angezogen - hatte dann aber bereits binnen der vergangenen zwei Wochen rund ein Drittel an Wert eingebüßt. Offenbar wollten viele Anleger auf Nummer sicher gehen und nahmen lieber Gewinne mit. Nach dem aktuellen Kursrutsch kostet ein Papier nun rund 16,50 Euro, im Januar 2020 hatte die Aktie zeitweise noch mehr als 146 Euro gekostet.

Morphosys dürfte zügig die Gespräche mit den Regulierungsbehörden suchen. Nach dem Antrag im kommenden Jahr vergehen üblicherweise aber noch Monate bis zu einer Zulassung. Die US-Arzneimittelaufsicht FDA hatte der Kombinationstherapie aus Pelabresib und Ruxolitinib bereits 2018 den "Fast-Track-Status" verliehen, womit diese Aussicht auf ein beschleunigtes Zulassungsverfahren hat. Diesen Status vergibt die Behörde bei schweren oder lebensbedrohlichen Erkrankungen, in denen ein dringender Bedarf an neuen Therapien besteht./tav/men/jha/