(neu: Aussagen aus Telefonkonferenz zu vorsichtigem Gewinnziel, aktualisierte Kursentwicklung, Analystenstimmen)

MÜNCHEN (dpa-AFX) - Höhere Preise für Versicherungsschutz treiben den Gewinn der Allianz überraschend stark nach oben. Trotzdem mochte der Vorstand um Konzernchef Oliver Bäte seine Prognose für das laufende Jahr bei der Vorlage der Zwischenbilanz am Donnerstag nicht anheben. "Wenn Sie mich fragen, ist es schwer vorstellbar, dass der operative Gewinn nicht die obere Hälfte der Zielspanne erreicht", sagte Finanzvorstand Giulio Terzariol in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Statt 13,2 bis 15,2 Milliarden Euro, wie offiziell angepeilt, wären dann mindestens 14,2 Milliarden Euro zu erwarten. Sie seien eben vorsichtig, erklärte der Manager die Zurückhaltung. An der Börse kamen die Nachrichten gut an.

Für die Allianz-Aktie ging es kurz nach Handelsbeginn zeitweise um fast vier Prozent nach oben. Um die Mittagszeit lag das Papier noch mit gut drei Prozent im Plus bei 221,20 Euro, gehörte damit aber hinter der Aktie des Rückversicherers Hannover Rück zu den stärksten Gewinnern im Dax . Seit dem Jahreswechsel hat das Allianz-Papier rund zehn Prozent an Wert gewonnen.

Branchenexperten bewerteten die Geschäftszahlen unterschiedlich. Analystin Claudia Gaspari von der britischen Bank Barclays bescheinigte der Allianz insgesamt ein ordentliches Zahlenwerk. Auch Thorsten Wenzel von der DZ Bank schrieb von guten Ergebnissen in den Versicherungssparten. Nach Ansicht von Philip Kett vom Analysehaus Jefferies hat der operative Gewinn die Erwartungen jedoch vor allem wegen Bilanzierungseffekten und geringeren Katastrophenschäden übertroffen.

Im zweiten Quartal erzielte der Allianz-Konzern einen operativen Gewinn von knapp 3,8 Milliarden Euro und damit rund sieben Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie er am Morgen in München mitteilte. Damit übertraf das Unternehmen die durchschnittlichen Erwartungen von Analysten.

Ursache waren nicht nur geringere Versicherungsschäden, sondern auch deutliche gestiegene Einnahmen. So steigerte die Allianz ihr gesamtes Geschäftsvolumen im Jahresvergleich um knapp sechs Prozent auf 39,6 Milliarden Euro.

Den stärksten Zuwachs gab es mit acht Prozent im Schaden- und Unfallgeschäft. Wechselkurse und Bilanzierungseffekte herausgerechnet, stiegen die Einnahmen in diesem Segment sogar um 11,4 Prozent, dabei stammte ein Plus von 7,1 Prozent allein aus der Erhöhung der Versicherungsprämien bei den Kunden.

Die Allianz ergreife weiterhin Maßnahmen, um die Inflation auszugleichen, sagte Finanzchef Terzariol. Denn der allgemeine Preisanstieg etwa bei Autos, Ersatzteilen und im Baugewerbe verteuert auch die Schäden, die Versicherer begleichen müssen.

Im abgelaufenen Quartal musste die Allianz allerdings weniger Geld für Versicherungsschäden etwa durch Naturkatastrophen ausgeben als im Vorjahreszeitraum. Entsprechend stieg der operative Gewinn der Schaden- und Unfallsparte um fast elf Prozent auf knapp zwei Milliarden Euro. In der Lebens- und Krankenversicherung profitierte der Konzern von lukrativen Finanzgeschäften in den USA. Der operative Gewinn wuchs um 22,5 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro.

Im Fondsgeschäft sammelte die Allianz von Kunden unter dem Strich knapp drei Milliarden Euro an frischem Geld ein. Das lag jedoch vor allem an der US-Tochter Pimco. Die zweite hauseigene Fondsgesellschaft Allianz Global Investors (AGI) musste unter dem Strich leichte Abflüsse hinnehmen. Weil die gesamte Sparte diesmal weniger Erträge einbrachte, sank ihr operativer Gewinn um neun Prozent auf 703 Millionen Euro.

Unter dem Strich entfiel auf die Allianz-Aktionäre ein Überschuss von 2,3 Milliarden Euro, rund 18 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Damals hatten hohe Abschreibungen das Ergebnis belastet. Seit diesem Jahr berechnen die Allianz und andere große Versicherer ihre Zahlen erstmalig nach den neuen Rechnungslegungsstandards IFRS 17 und IFRS 9. Die Vorjahreswerte wurden entsprechend angepasst./stw/nas/mis