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BERLIN (dpa-AFX) - Der Kochboxen-Hersteller Hellofresh ringt weiter mit einer schwachen Nachfrage im Kerngeschäft. Der operative Gewinn ging im zweiten Quartal deutlich zurück - aber immerhin nicht so stark wie von Experten befürchtet. Zudem wurde die Prognose bestätigt. Wegen der weiter schwindenden Nachfrage nach Kochboxen will der Konzern seinen Fokus noch stärker auf Fertigmahlzeiten richten. An der Börse kamen die Nachrichten gut an: Die im bisherigen Jahresverlauf stark unter Druck stehende Aktie legte deutlich zu.

Mittelfristig solle das sogenannte "ReadyToEat"-Geschäft (RTE) den größten Beitrag zum absoluten Gewinnwachstum beisteuern, schreibt Konzernchef Dominik Richter in einem Brief an die Aktionäre. "In Anbetracht der Tatsache, dass die Wirtschaftlichkeit pro Kundeneinheit mindestens so attraktiv ist wie bei Kochboxen, erwarten wir, dass die Margen der RTE-Produktkategorie mindestens das Niveau von Kochboxen erreichen werden."

Mit Blick auf die Aussichten für das Segment Kochboxen zeigt sich der Berliner Konzern dagegen verhaltener. So werde sich der Markt für diese Produktgruppe laut einer ebenfalls versendeten Mitteilung zum zweiten Quartal "auf eine neue Größe konsolidieren." Im Aktionärsbrief erläutert der Vorstand, dass er dabei die Kosten reduzieren und stärker auf Automatisierungen setzen möchte. Zudem sollen geplante Investitionen überprüft werden.

"Kochboxen sind verantwortlich für die größte Beeinträchtigung unseres finanziellen Ergebnisses in letzter Zeit, da sowohl der Umsatz als auch die Gewinnspannen hinter unseren Erwartungen von vor einigen Jahren zurückgeblieben sind", heißt es weiter in dem Schreiben an die Anteilseigner. So leide Hellofresh weiter an der Konsumflaute - und die Nachfrage entwickle sich nach dem Ende der Corona-Pandemie nicht wie erhofft.

Das Kochboxengeschäft hatte dem Konzern einen deutlichen Schub gegeben, als Restaurants geschlossen hatten und Menschen infolge von Ausgehbeschränkungen zu Hause bleiben mussten. Verbraucher bestellten deutlich mehr als zuvor, und Hellofresh kam mit der Produktion seiner Boxen nicht nach. Mit dem Ende der Pandemie gingen aber Menschen wieder auswärts essen - und kehrten Hellofresh den Rücken. "Im Nachhinein stellen wir heute fest, dass wir bei der Vorhersage des künftigen Neukundenvolumens - ausgehend von den Verhältnissen kurz nach der Pandemie - zu optimistisch waren."

An dem Kundenschwund konnten auch die aggressiven Rabatte nichts ändern, mit denen der Konzern in der Vergangenheit vor allem das Interesse von Neukunden weckte. Künftig sollen "hochwertige" Kunden gezielter angesprochen werden und im Gegenzug Rabatte reduziert werden, heißt es in dem Schreiben an die Anteilseigner. Die vergleichsweise hohen Marketingausgaben waren Analysten und Anlegern in den vergangenen Jahren ein Dorn im Auge.

In den vergangenen Monaten kämpfte der Konzern mit einer stetig rückläufigen Zahl an Kunden. Anfang März kassierte der Vorstand dann die Mittelfristziele und beschloss, keine Kundenzahlen mehr zu kommunizieren. In der Folge stürzte der Aktienkurs von Hellofresh an nur einem Tag um fast 50 Prozent ab. Analysten monierten die Glaubwürdigkeit der Manager: In den Monaten zuvor habe das Management seine Ziele immer wieder bekräftigt, nur um diese dann kurze Zeit später einzukassieren, schrieb etwa Analyst Simon Baker von französischen Bank Societe Generale.

Allerdings zeigen auch andere Kennziffern ein getrübtes Bild. Im zweiten Quartal ging es für die Zahl der Bestellungen und Mahlzeiten weiter abwärts, wie aus einer Mitteilung vom Dienstag hervorgeht. Zugleich steigt aber der durchschnittliche Bestellwert, weil Kunden mehr Fertiggerichte bestellen und die Anzahl teurerer Mahlzeiten und Zusatzprodukte steigt. Auf Konzernebene stieg der Umsatz der drei Monate bis Ende Juni gegenüber dem Vorjahr um knapp zwei Prozent auf 1,95 Milliarden Euro.

Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sank allerdings um fast ein Viertel auf 146 Millionen Euro, weil nach wie vor hohe Produktionskosten und Ausgaben in der Anlaufphase bestimmter Produktionsstätten belasten. Hellofresh schlug sich beim operativen Gewinn damit aber besser als erwartet: Analysten hatten im Durchschnitt einen noch drastischeren Rückgang befürchtet. Unter dem Strich verdiente der Konzern 8,9 Millionen Euro nach 66,3 Millionen Euro im Jahr zuvor.

2024 peilt Hellofresh beim bereinigten operativen Gewinn weiter einen Wert zwischen 350 Millionen Euro und 400 Millionen Euro nach 448 Millionen Euro im Vorjahr an. Das um Währungseffekte bereinigte Wachstum soll zwischen zwei und acht Prozent liegen. Im ersten Halbjahr hatte der Erlös währungsbereinigt um 2,4 Prozent zugelegt. Das operative Ergebnis habe in den ersten sechs Monaten bei 163 Millionen Euro gelegen. Hier muss Hellofresh in der zweiten Jahreshälfte also noch kräftig zulegen, um in den Zielkorridor zu gelangen.

Die Hellofresh-Aktie zog nach den Zahlen für das zweite Quartal deutlich an. In der Spitze stand ein Anstieg um bis zu 23 Prozent auf 6,65 Euro auf der Kurstafel. Das Niveau konnte das Papier zwar nicht halten, lag aber am Mittag immer noch 10,4 Prozent auf 5,96 Euro im Plus. Damit erholt sich das Papier weiter vom Jahrestief von 4,422 Euro, auf das es Ende Juni gefallen war. Trotz der jüngsten Erholung liegt der Kurs aber immer noch deutlich unter dem Jahreshoch von 14,50 Euro Anfang Januar.

Trotz der Erholung am Dienstag gehören die Hellofresh-Anteile mit einem Abschlag von fast 60 Prozent im bisherigen Jahresverlauf zu den schwächsten Titeln im MDax . Und das, nachdem sie bereits 2022 rund 70 Prozent ihres Werts verloren hatte und das Jahr darauf noch mal fast ein Drittel.

Das Rekordhoch aus den Hochzeiten der Corona-Pandemie in Höhe von 97,50 Euro ist inzwischen meilenweit entfernt. Damals hatte das Hellofresh-Geschäft geboomt. Der Börsenwert hatte zeitweise bei rund 17 Milliarden Euro gelegen; die Aktie war von September 2021 bis September 2022 sogar mal im Dax notiert. Aktuell ist Hellofresh gerade mal eine Millarde Euro wert. Das Unternehmen ist seit November 2017 an der Börse notiert. Der Ausgabepreis hatte damals bei 10,25 Euro - also ebenfalls deutlich über dem aktuellen Niveau - gelegen./ngu/zb/niw/mis