(neu: Aussagen zum Umbau bei Vamed aus der Analystenkonferenz, bestätigte Jahresprognose, Aktienkurse aktualisiert)

BAD HOMBURG (dpa-AFX) - Beim kriselnden Gesundheitskonzern Fresenius zeigen sich die ersten Erfolge der neuen Strategie und des forcierten Sparprogramms. Deutschlands größter Krankenhausbetreiber und Medizinhersteller startete überraschend dynamisch in das neue Jahr. "Die Weichen sind gestellt, unsere Produktivitätsmaßnahmen greifen", sagte Fresenius-Chef Michael Sen am Dienstag in Bad Homburg. Unterdessen hat der Konzern angesichts anhaltender Probleme bei der Projekttochter Vamed ein Umbauprogramm eingeläutet. Daneben treibt der Vorstand die Loslösung von der angeschlagenen Dialysetochter Fresenius Medical Care (FMC) voran, deren Gewinn zu Jahresbeginn erneut einbrach.

Die in den vergangenen Jahren stark gefallene Fresenius-Aktie hatte sich bereits am Morgen mit einem Kurssprung an die Spitze des Dax gesetzt, den ersten Platz verteidigte das Papier mit 7,4 Prozent Aufschlag auch noch am Nachmittag. Das zunächst stärkere FMC-Papier jedoch drehte im Handelsverlauf in die Verlustzone mit zuletzt rund einem Prozent. Allerdings war die im März vom Dax in den MDax abgestiegene Aktie seitdem stark gelaufen - die Bilanz für das bisherige Jahr summiert sich auf fast 40 Prozent Kursplus.

Der erst seit dem vergangenen Oktober amtierende frühere Siemens -Manager Sen hatte Fresenius im Frühjahr eine neue Strategie samt höherer Sparziele und straffen Vorgaben für die Profitabilität verordnet. Die Kosten etwa in der Verwaltung sollen runter, Prozesse verbessert und Randbereiche veräußert werden. Ab dem Jahr 2025 will Fresenius so jährlich rund eine Milliarde Euro sparen. Im ersten Quartal wurden rund 130 Millionen Euro Einsparungen erreicht.

Zum Jahresauftakt wuchs der Fresenius-Umsatz im Vorjahresvergleich um fünf Prozent auf 10,2 Milliarden Euro. Das um Sondereffekte bereinigte operative Ergebnis ging unter anderem wegen höherer Kosten um neun Prozent auf 908 Millionen Euro zurück - weniger stark als von Analysten befürchtet. Unter dem Strich blieben 346 Millionen Euro Gewinn, 16 Prozent weniger als ein Jahr zuvor.

Dass es nicht schlimmer kam, sei vor allem dem unerwartet guten Abschneiden der Dialysetochter Fresenius Medical Care (FMC) geschuldet, sagte ein Aktienhändler. Das größte Sorgenkind im Quartal sei die Servicetochter Vamed gewesen.

Im ersten Quartal machte der österreichischen Tochter ein schwaches Projektgeschäft zu schaffen, unter dem Strich standen rote Zahlen. Fresenius behandelt seit der Neuordnung seiner Strategie Vamed trotz einer Mehrheitsbeteiligung zwar nur noch als Investment; der jüngste Rückschlag bei der Gesellschaft sei aber stärker gewesen als gedacht, räumte Sen am Nachmittag in einer Konferenz vor Analysten ein. Er zeigte sich jedoch zuversichtlich, die Probleme dank der bereits eingeläuteten "stringenten" Restrukturierung in den Griff zu bekommen.

Dabei stünden neben Kosten und dem Portfolio derzeit auch das Geschäftsmodell bei Vamed auf dem Prüfstand. Details dazu blieb der Konzern jedoch schuldig und kündigte diese für die Bilanz zum zweiten Quartal an. Finanzchefin Sara Hennicken warb um Geduld, da etwa die Überprüfung "struktureller Themen" ihre Zeit brauche. Befragt danach, ob die Probleme möglicherweise einen Ausstieg bei Vamed beschleunigten, sagte Hennicken: "Unser Fokus liegt derzeit auf dem Umbau."

Auch die Noch-Tochter FMC belastete Fresenius Jahresstart erneut. So profitierte der Dialyseanbieter von einem starken Produktgeschäft in der Intensivmedizin, einem Rückgang des Personalmangels in den USA und ersten Erfolgen beim Umbau. Der Umsatz stieg leicht, und das um Sondereffekte bereinigte Betriebsergebnis fiel im ersten Quartal mit minus neun Prozent auf 354 Millionen Euro ebenfalls nicht so schlecht aus wie befürchtet. Unter dem Strich ging der Gewinn um 45 Prozent auf 86 Millionen Euro zurück.

FMC hat schon mehrere Gewinnwarnungen beim Mutterkonzern Fresenius ausgelöst. Eine hohe Zahl von Corona-Toten unter seinen Patienten, steigende Kosten in der Pandemie und Pflegekräftemangel hatten dem Dialyseanbieter zugesetzt. Sen stellt mit einer Entflechtung nun die Weichen für eine mögliche komplette Trennung von FMC in der Zukunft.

Auf einer außerordentlichen Hauptversammlung am 14. Juli soll über die Umwandlung der Rechtsform von einer Kommandit- in eine Aktiengesellschaft entschieden werden. Damit muss Fresenius den Blutwäschespezialisten künftig nicht mehr voll in seine Bilanz aufnehmen, sondern kann ihn entsprechend der Beteiligung von rund einem Drittel berücksichtigen. Bereits jetzt behandelt Fresenius FMC nur noch als Finanzbeteiligung.

Fresenius will mit einer Konzentration auf die Klinikgesellschaft Helios und die Tochter Kabi, die unter anderem auf klinische Ernährung und Nachahmermedikamente spezialisiert ist, die Wende schaffen. Die von Sen selbst noch bis Ende Februar kommissarisch geleitete Kabi legte zum Jahresstart beim Umsatz deutlich zu. Vor allem das Geschäft mit Medizintechnik wie Infusionspumpen sowie die neuen Biopharma-Produkte liefen gut, beide Bereiche sind inzwischen ausgebaut. Höhere Kosten lasteten zwar auf der Marge, doch diese liege nun innerhalb der angestrebten "strukturellen Bandbreite", hieß es vom Konzern. Analyst James Vane-Tempest vom Investmenthaus Jefferies lobte diese Entwicklung bei Kabi.

Auch beim Klinikbetreiber Helios wuchs der Erlös aufgrund weiter gestiegener Behandlungszahlen. Zugleich erholte sich das Geschäft mit Fruchtbarkeitsbehandlungen mit einem kräftigen Umsatzwachstum von Rückschlägen während der Corona-Pandemie.

Die Jahresziele bekräftigte der Vorstand. Fresenius rechnet bisher für 2023 mit einem Übergangsjahr. So soll der operative Gewinn (Ebit) abseits von Sonder- und Wechselkurseffekten nur im besten Fall stabil bleiben, das Management schließt aber auch einen Rückgang im bis zu hohen einstelligen Prozentbereich nicht aus. FMC-Chefin Helen Giza rechnet mit einem Betriebsergebnis auf Vorjahresniveau oder maximal einem Rückgang im hohen einstelligen Prozentbereich./tav/jsl/he