(neu: Aussagen aus Telefonkonferenz zu Katastrophenschäden in Deutschland und weiteren Ländern, Abgaben an Rückversicherer, Präzisierung der Gewinnerwartung für Gesamtjahr, aktualisierte Kursreaktion)

MÜNCHEN (dpa-AFX) - Die schweren Unwetter in Deutschland, Italien und Österreich sind die Allianz im Sommer teuer zu stehen gekommen. Insgesamt kosteten die Folgen von Naturkatastrophen den Versicherer im dritten Quartal fast 1,3 Milliarden Euro und damit knapp viermal so viel wie ein Jahr zuvor, wie er am Freitag in München mitteilte. Der operative Gewinn fiel dadurch um 15 Prozent auf 3,5 Milliarden Euro. Finanzvorstand Giulio Terzariol zeigte sich allerdings zuversichtlich, dass die Allianz in diesem Jahr einen operativen Gewinn in Rekordhöhe erreicht.

Nachdem sich die Allianz-Führung für 2023 zunächst 13,2 bis 15,2 Milliarden Euro vorgenommen hatte, erwartet Terzariol jetzt ein operatives Ergebnis klar in der oberen Hälfte dieser Spanne. Damit würde die Allianz ihren Rekord von knapp 14,2 Milliarden Euro von 2022 übertreffen. Nach den ersten neun Monaten des Jahres liegt ihr operativer Gewinn bei knapp 11 Milliarden Euro.

An der Börse wurden die Nachrichten positiv aufgenommen. Die Allianz-Aktie legte am Vormittag zeitweise um rund dreieinhalb Prozent zu. Am Nachmittag lag sie mit noch knapp zwei Prozent im Plus bei 226,45 Euro und gehörte damit zu den stärksten Titeln im Dax . Zugleich wurde sie rund 13 Prozent teurer gehandelt als zum Jahreswechsel, nachdem sie im September mit 234,55 Euro sogar den höchsten Kurs seit mehr zwei Jahrzehnten erreicht hatte. Analysten hatten für das dritte Quartal einen noch stärkeren Ergebniseinbruch erwartet.

In Deutschland kamen die Stürme "Denis", "Erwin" und "Bernd" die Allianz mit Hagel und Starkregen im Sommer teuer zu stehen, wie Finanzchef Terzariol in einer Telefonkonferenz mit Journalisten erläuterte. Ein Sprecher bezifferte die Belastung hierzulande auf fast 600 Millionen Euro. Hinzu kamen Unwetter in Italien mit etwa 400 Millionen Euro und die verheerenden Überschwemmungen in Österreich, Slowenien und Kroatien.

Der operative Gewinn im Schaden- und Unfallgeschäft brach um ein Viertel auf gut 1,4 Milliarden Euro ein. Die Schäden durch Naturkatastrophen von knapp 1,3 Milliarden Euro zehrten in der Sparte 7,3 Prozent der Einnahmen auf - und damit so viel wie seit einem Jahrzehnt nicht mehr. Selbst nach der schweren Flutkatastrophe in Deutschland 2021 hatte diese Quote lediglich bei 4,9 Prozent gelegen. Die gesamten Naturkatastrophenschäden der Allianz lagen im damaligen dritten Quartal mit 659 Millionen Euro nur etwa halb so hoch wie diesmal.

Laut Terzariol hat die Allianz seit 2022 einen größeren Teil der Risiken in ihren eigenen Büchern behalten, statt sie an Rückversicherer wie die Munich Re abzugeben. Denn die Rückversicherer hätten die Schwellen hochgesetzt, ab denen sie für große Schäden einspringen - und außerdem die Preise erhöht.

Entsprechend hat auch die Allianz bei ihren Kunden im Schaden- und Unfallgeschäft die Prämien angehoben, um höhere Belastungen auch infolge der Inflation aufzufangen. Insgesamt steigerte die Sparte ihr Geschäftsvolumen im dritten Quartal währungsbereinigt und auf vergleichbarer Basis um 10,8 Prozent. Preiserhöhungen machten mit 5,3 Prozent aber fast zwei Prozentpunkte weniger aus als noch im zweiten Quartal.

Zwar reichten die Einnahmen aus, um die Aufwendungen für Schäden, Verwaltung und Vertrieb zu decken. Doch die kombinierte Schaden-Kosten-Quote verschlechterte sich im Jahresvergleich von 92,5 auf 96,2 Prozent.

Besser lief es in der Lebens- und Krankenversicherung. Deren operativer Gewinn ging zwar um rund fünf Prozent auf 1,3 Milliarden Euro zurück. Dies lag jedoch vor allem an veränderten Währungskursen und Übergangseffekten infolge der neuen Rechnungslegung. Seit 2023 müssen große Versicherungsunternehmen ihre Geschäftszahlen nach den neuen Standards IFRS 17 und IFRS 9 berechnen. Die Zahlen aus dem Vorjahr wurden angepasst.

Unterdessen sammelten die Fonds der Konzerntöchter Pimco und Allianz Global Investors (AGI) zusätzliches Geld von Kunden ein. Im dritten Quartal verbuchten sie Nettomittelzuflüsse von 10,5 Milliarden Euro. Die gesamte Fondssparte hielt ihren operativen Gewinn mit 788 Millionen Euro praktisch stabil. Zwar sanken die operativen Erträge um knapp drei Prozent, allerdings erhielt sie höhere erfolgsabhängige Provisionen.

Unter dem Strich entfiel auf die Allianz-Aktionäre im dritten Quartal ein Überschuss von gut zwei Milliarden Euro und damit fast 30 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Damals hatte der Konzern einen Sondergewinn eingestrichen, weil er Vermögenswerte von AGI in den USA auf einen Geschäftspartner übertragen hatte. Der Grund dafür war ein milliardenschwerer Anlageskandal: AGI musste deshalb auf Geheiß der Behörden den Großteil ihres US-Geschäfts abgeben.

Finanzchef Terzariol wird das Jahresergebnis der Allianz im Februar nicht mehr verkünden: Er wechselt im Januar zur italienischen Konkurrentin Generali. Dort soll er das gesamte Versicherungsgeschäft leiten. Neue Finanzchefin an der Seite von Allianz-Chef Oliver Bäte wird die bisherige Chefaktuarin Claire-Marie Coste-Lepoutre./stw/men/mis