(Neu: Weitere Details zum Datengeschäft nach der Übernahme in den letzten beiden Absätzen.)

FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Deutsche Börse will sich mit einer weiteren Milliardenübernahme noch unabhängiger von den Schwankungen an den Finanzmärkten machen. Für rund 3,9 Milliarden Euro will der Börsenbetreiber den dänischen Softwareanbieter Simcorp kaufen und damit das Geschäft mit Daten und deren Analyse ausbauen. Das Geschäft von Simcorp sei "hochgradig komplementär" zur Sparte Daten & Analytik, teilte der im Dax notierte Konzern am Donnerstag in Frankfurt mit.

Finanziert werden soll der Kauf über bestehende Barmittel und Kredite. Am Aktienmarkt ging es für die Deutsche-Börse-Aktie wegen der hohen Bewertung Simcorps nach der Ankündigung mit einem Abschlag von mehr als sechs Prozent kräftig nach unten - das Papier war allerdings zuletzt auch stark gestiegen.

Der Kauf des dänischen Unternehmens werde es ermöglichen, langfristige Branchentrends noch besser zu nutzen und ihre Geschäftszusammensetzung mit wachsenden wiederkehrenden Umsätzen weiter zu diversifizieren. Die Übernahme passt nach Einschätzung von Experten gut zur Strategie von Konzernchef Theodor Weimer, der in den vergangenen Jahren den Konzern immer wieder mit ergänzenden Übernahmen gestärkt hat. 2021 hatten die Frankfurter für rund zwei Milliarden Euro den Stimmrechtsberater ISS gekauft.

Weimer hatte Anfang 2018 die Leitung der Deutschen Börse von Carsten Kengeter übernommen. Kengeter musste wegen der einmal mehr gescheiterten Übernahme der Londoner Börse (LSE) und des Verdachts auf Insiderhandel gehen. Der frühere Hypovereinsbank-Chef Weimer steuerte den Konzern nicht nur in ruhigeres Fahrwasser, sondern hat die Börse auch geschäftlich in neue Dimensionen geführt.

Im ersten Quartal konnte die Deutsche Börse den am Mittwochabend vorgelegten Zahlen zufolge den jüngsten Rekordkurs fortsetzen. Erträge und Gewinn legten in den ersten drei Monaten zum Vorjahreszeitraum deutlich zu. Das Management blickt daher etwas optimistischer auf das laufende Jahr als zuletzt. "Im ersten Quartal haben sich die Handelsvolumen sehr stark entwickelt und liegen über unseren Erwartungen", sagte Finanzvorstand Gregor Pottmeyer.

Der Vorstand rechnet nun damit, dass die Börse im Gesamtjahr am oberen Ende der Prognose oder sogar leicht darüber landen wird. Bisher war bei den Erträgen ein Anstieg von bis zu acht Prozent auf 4,5 bis 4,7 Milliarden Euro angepeilt. Beim Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) hatte Konzernchef Weimer bisher mit einem Anstieg auf 2,6 bis 2,8 Milliarden Euro und damit einem Plus von bis zu elf Prozent gerechnet.

In den ersten drei Monaten 2023 legte die Nettoerlöse um 16 Prozent auf 1,23 Milliarden Euro zu. Neun Prozentpunkte des Wachstums führte die Deutsche Börse dabei auf zyklische Effekte, also günstige Bedingungen für das Unternehmen, zurück. Der operative Gewinn zog um zwölf Prozent auf 772 Millionen Euro an.

Am Aktienmarkt rückten die Zahlen in den Hintergrund. Der Kurs des Deutschen-Börse-Papiers fiel am Donnerstag um knapp sechs Prozent auf 172,50 Euro. Die Anteile des Börsenbetreibers hatten allerdings erst Anfang der Woche mit etwas mehr als 186 Euro ein Rekordhoch erreicht.

Der von der Deutschen Börse gebotene Preis von 735 dänischen Kronen je Aktie (98,6 Euro) liegt 39 Prozent über dem Schlusskurs der Simcorp-Anteile. Die Führungsspitze des dänischen Unternehmens werde den Aktionären empfehlen, das Angebot der Deutschen Börse anzunehmen. Voraussetzung für eine erfolgreiche Übernahme sei, dass dem deutschen Konzern mehr als die Hälfte der Anteile angeboten werden.

Nach einem erfolgreichen Abschluss will die Deutsche Börse die Entwicklung ihres Daten und Analytik Segments weiter vorantreiben, um zusätzliches Wachstum und weitere Effizienzen zu generieren. Dazu will sie auch den Indexbetreiber Qontigo mit dem 2021 für rund zwei Milliarden Euro gekauften Stimmrechtsberater ISS zusammenlegen. An Qontigo ist der US-Finanzinvestor General Atlantic beteiligt, seit dem er 2019 Axioma, einen Anbieter von Portfoliomanagement- und Risikoanalyse-Software, an die Deutsche Börse verkauft hatte.

Nach dem Zusammenschluss von Qontigo und ISS soll General Atlantic als alleiniger Minderheitsgesellschafter an der kombinierten Qontigo-Gesellschaft beteiligt sein. Durch den Zusammenschluss soll ein führender Anbieter von ESG-Index- und Analytik-Daten geschaffen werden, für den mittelfristig wertschaffende Kapitalmarktoptionen, einschließlich eines potenziellen Börsengangs (IPO), entstehen sollen. Durch die Zusammenlegung soll der operative Gewinn jährlich um rund 90 Millionen Euro steigen. Die Einmalkosten dafür bezifferte der Konzern auf rund 100 Millionen Euro./zb/ben/lew/stk