(aktualisierte Fassung)

GRÜNHEIDE (dpa-AFX) - Tesla ist mit seinen Erweiterungsplänen für die Autofabrik bei den Bürgerinnen und Bürgern in Grünheide mehrheitlich auf Ablehnung gestoßen. Nach Auszählung der Stimmen am Dienstagabend votierten Zwei Drittel gegen den Bebauungsplan.

Die Gemeindevertreter müssen dem Plan noch zustimmen - das Votum der Einwohner ist zwar für die Gemeindevertretung nicht bindend, es gilt aber als wichtige Wegmarke. Gegner der Erweiterung bezeichneten die Abstimmung als großen Erfolg, Befürworter zeigten sich enttäuscht.

Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) sieht das Nein zur geplanten Erweiterung der Tesla-Fabrik auch als Chance. Für die Unternehmerverbände in Berlin und Brandenburg ist das Votum ein Auftrag, noch intensiver das Gespräch zu suchen und über die Erweiterung des Werks zu informieren.

Stundenlange Spannung bei Stimmauszählung

Die Auszählung der abgegebenen Stimmen aus den Grünheider Ortsteilen Kienbaum, Kagel, Hangelsberg, Mönchwinkel, Spreeau und Grünheide selbst wurde über Stunden zum Geduldsspiel. 5400 Briefe waren bis zur Abgabefrist am vergangenen Freitag eingegangen. Die Wahlhelfer mussten sie nach Wahlbezirken zusammenfassen und die Stimmzettel dann auf ihre Gültigkeit überprüfen. Danach erfolgte die Auszählung der Stimmen. Nach über sechs Stunden stand dann das Ergebnis fest: 3499 Grünheider stimmten gegen die Erweiterungspläne von Tesla, 1882 votierten für die Erweiterungspläne des E-Autobauers. Die Wahlbeteiligung lag bei über 70 Prozent.

Was hat Tesla mit der Erweiterung seiner Fabrik vor?

Das Unternehmen will neben dem Werksgelände mit rund 300 Hektar auf zusätzlichen rund 170 Hektar einen Güterbahnhof, Lagerhallen und einen Betriebskindergarten errichten. Dafür sollen mehr als 100 Hektar Wald gerodet werden. Tesla sieht große Vorteile für die Region, wenn dem Bebauungsplan zugestimmt würde. So könnte etwa der Güterverkehr nach Ansicht von Tesla mit dem Werksbahnhof entlastet werden. Es geht auch um mehr Liefersicherheit durch Lagerflächen. Tesla musste die Autofertigung kürzlich rund zwei Wochen aussetzen, weil wegen der unsicheren Lage im Roten Meer Teile fehlten.

Bürgermeister wird Bebauungsplan so nicht vorlegen

Arne Christiani, Bürgermeister von Grünheide, sagte nach der Abstimmung, er sei nicht enttäuscht. Das sei das Votum der Bürger. Den Bebauungsplan werde er den Gemeindevertretern in der jetzigen Form so nicht mehr vorlegen, so Christiani. Die Beratungen würden nun weitergehen. Die nächste Sitzung war für den 14. März geplant.

Wirtschaftsminister und Unternehmer sehen Votum als Chance

Für Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) haben die Bürger mit ihrer großen Beteiligung und dem Votum von ihren demokratischen Handlungsmöglichkeiten engagiert Gebrauch gemacht. Er sieht das Nein zur geplanten Erweiterung der Tesla-Fabrik auch als eine Chance. "Es zeigt, dass die Bedenken und Befürchtungen der Menschen deutlich überwiegen", sagte Steinbach der dpa. "Nun ist es wichtig, Antworten für offene Fragen zu finden. Ich sehe das Abstimmungsergebnis auch als eine Motivation für die Gemeinde und Tesla, die noch nicht beseitigten Bedenken in den nächsten Wochen und Monaten konzeptionell zu beantworten."

Alexander Schirp, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) erklärte, das Votum sei ein klarer Auftrag, noch intensiver das Gespräch zu suchen und über die Erweiterung des Werks zu informieren. Dies gelte insbesondere für das Vorhaben, zukünftig einen Großteil der Logistik des Werks über die Schiene abzuwickeln. Tesla habe seit Produktionsbeginn für eine beispiellose wirtschaftliche Dynamik in der Hauptstadtregion gesorgt, mit Tausenden zusätzlichen Jobs und Hunderten Ausbildungsplätzen, so Schirp. Der Autobauer müsse Blaupause dafür bleiben, dass sich Großprojekte in Deutschland schnell realisieren ließen.

Bürgerinitiativen sehen Sieg für Naturschutz

Bürgerinitiativen sehen das Nein zur Erweiterung der Tesla-Fabrik als historischen Sieg für den Wald- und Wasserschutz - nicht nur in Grünheide, sondern auch für ganz Brandenburg und Berlin, wie Manu Hoyer von der Bürgerinitiative Grünheide erklärt. Das Bündnis "Tesla den Hahn abdrehen" forderte nach dem Votum die Gemeindevertretung auf, gegen die Erweiterung stimmen. "Das Nein zeigt: Jetzt ist Schluss mit undemokratischen Ausnahmegenehmigungen und dem skandalösen Hinwegsehen über Umwelt- und Arbeitsverstöße", sagte Lou Winters vom Bündnis.

Tesla-Befürworter sehen Votum als vertane Chance

Webdesigner Tobias Lindh aus Erkner unterstützt die Tesla-Pläne zur Erweiterung der Fabrik. Für ihn bedeutet die Ansiedlung wirtschaftlichen Fortschritt. "Wir brauchen den Wechsel zur E-Mobilität. Das ist im Klimawandel notwendig." Es gebe strenge Umweltauflagen für Tesla, auch dadurch, dass die Fabrik im Trinkwasserschutzgebiet liege.

"Wir hier können mit der Ansiedlung vom E-Autobauer Tesla die Zukunft, die Transformation weg vom Verbrenner mitgestalten", sagt eine Frau aus Grünheide, die enttäuscht ist über die vielen Nein-Stimmen. Auch der Ausbau der Infrastruktur durch Tesla sei für die Region von Vorteil. "Wie oft kann sich Deutschland erlauben, so große Investoren wie Tesla zu verprellen?"/na/DP/he