(neu: Details zur Aufteilung der Sparten in Kern- und Randgeschäft, aktualisierte Kursreaktion)

LUDWIGSHAFEN (dpa-AFX) - Der weltgrößte Chemiekonzern BASF will sich stärker auf sein Kerngeschäft konzentrieren und seine Agrarsparte an die Börse bringen. Der neue Vorstandschef Markus Kamieth will den Dax-Konzern damit wieder profitabler machen, wie er bei der Vorstellung seiner Strategie am Donnerstag in Ludwigshafen ankündigte. Dort stellt der Vorstand weitere Produktionsanlagen auf den Prüfstand, bekannte sich aber ausdrücklich zu dem Heimatstandort am Rhein. Kürzen will das Management auch die Dividende für die Aktionäre. An der Börse kamen die Neuigkeiten schlecht an.

Die BASF-Aktie verlor bis zum frühen Nachmittag 2,1 Prozent und gehörte damit zu den größten Verlierern im Dax. Seit dem Jahreswechsel hat das Papier fast zehn Prozent an Wert eingebüßt. In den vergangenen fünf Jahren summiert sich der Wertverlust sogar auf fast 30 Prozent.

Vorstandschef Kamieth hatte die Führung des Konzerns erst Ende April vom langjährigen BASF-Chef Martin Brudermüller übernommen. Dieser hinterließ seinem Nachfolger ein schwieriges Erbe - und einen Konzern mit Sparzwängen und Stellenabbau. In Deutschland schrieb BASF zuletzt zwei Jahre lang rote Zahlen.

Kamieth will BASF nun von einem breit aufgestellten, integrierten Chemiekonzern mit vielen vernetzten Geschäftsfeldern zu einem Unternehmen mit einem Kerngeschäft aus vier Sparten und mehreren eigenständigen Geschäftsteilen umbauen.

Zum Kerngeschäft zählt das Management künftig die Bereiche Chemicals mit Basischemikalien und Zwischenprodukten, Materials mit modernen Werkstoffen und Vorprodukten, Industrial Solutions mit Harzen, Additiven und Elektronikmaterialien sowie Nutrition & Care mit Produkten für die Lebens- und Futtermittelbranche sowie Inhaltsstoffen für Pharma-, Kosmetik- und Reinigungsprodukte.

Nicht mehr zum Kerngeschäft zählt BASF hingegen den Bereich Coatings mit Lacken und Beschichtungen etwa für die Auto- und Bauindustrie. Gleiches gilt für Materialien für Batterien sowie Dienstleistungen rund um Edel- und Nichtedelmetalle. Hier zeigte sich der Vorstand offen für wertsteigernde Deals - etwa die Trennung von Geschäftsteilen. In einem ersten Schritt bereitet der Konzern den Verkauf seines brasilianischen Geschäfts mit Anstrichen für Gebäude vor.

Konkreter sind auch schon die Pläne für die Agrarchemie. Kamieth will den Bereich auf eigene Füße stellen und bis 2027 in separate Gesellschaften ausgliedern. Anschließend will die Konzernführung die Voraussetzungen schaffen, um mittelfristig einen Minderheitsanteil des Agrargeschäfts an die Börse zu bringen. Für die Batteriesparte sucht BASF nach Kooperationspartnern und will vorerst vor allem seine bestehenden Kapazitäten auslasten.

Der Konzernumbau, Sparmaßnahmen und geringere Investitionen sollen den operativen Gewinn mittelfristig deutlich nach oben treiben. So soll das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) im Jahr 2028 zwischen 10 und 12 Milliarden Euro erreichen. Davon sollen 7 bis 9 Milliarden Euro aus dem Kerngeschäft und 3,5 bis 4 Milliarden aus den neuen, eigenständigen Sparten kommen.

2023 hatte BASF vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen 7,7 Milliarden Euro verdient und damit knapp 29 Prozent weniger als im Jahr davor. Im Jahr 2021 hatte dieses Ergebnis mit 11,35 Milliarden Euro allerdings schon in der jetzt für 2028 geplanten Größenordnung gelegen.

Aus Sicht des Branchenexperten Chris Counihan vom Analysehaus Jefferies liegen die Gewinnpläne des Konzerns weitgehend im Rahmen der Erwartungen. Die angekündigte Kürzung der Dividenden dürfte jedoch für Enttäuschung sorgen, schätzt er.

So will BASF in den kommenden Jahren weniger Dividende ausschütten als zuletzt. Die direkte Gewinnbeteiligung der Anteilseigner soll in den kommenden Jahren bei mindestens 2,25 Euro je Aktie liegen. Für 2023 hatte BASF noch 3,40 Euro je Aktie gezahlt.

Die jährliche Dividendensumme liege in den kommenden Jahren bei rund zwei Milliarden Euro, hieß es weiter. Zwischen 2025 und 2028 sollen damit insgesamt rund acht Milliarden ausgeschüttet werden. Ergänzt werden soll dies durch den Rückkauf eigener Aktien. Dafür will BASF spätestens ab dem Jahr 2027 voraussichtlich rund vier Milliarden Euro ausgeben.

Der Chemiekonzern kämpft mit hohen Kosten, darunter den Ausgaben für Energie. Als Konsequenz hatte der Konzern bereits im Februar ein weiteres milliardenschweres Sparprogramm samt Stellenabbau und der Schließung von Anlagen aufgelegt. In Ludwigshafen sollen bis Ende 2026 zusätzlich jährliche Kosten von einer Milliarde Euro eingespart werden. Wie viele Stellen in Ludwigshafen wegfallen werden, ist noch unklar.

Unterdessen stellt der Vorstand die Zukunft weiterer Anlagen in Ludwigshafen in Frage. "Die Mehrzahl der Anlagen ist in ihren jeweiligen Märkten wettbewerbsfähig", sagte Vorstandsmitglied Katja Scharpwinkel am Donnerstag. Einige seien es jedoch nicht oder nicht stark genug ausgelastet. So sieht die Managerin kurz- bis mittelfristig bei 16 Prozent der 900 Anlagen am Standort Wettbewerbsrisiken. Bei weiteren 6 Prozent sei dies langfristig der Fall.

Schon jetzt schließt BASF Anlagen in Ludwigshafen, etwa für Adipinsäure, Cyclododecanon und Cyclopentanon (CPon). Weitere Anpassungen würden geprüft und soweit erforderlich schrittweise umgesetzt, erklärte Scharpwinkel. Zudem werde der Konzern seine Strukturen außerhalb der Produktion am Konzernsitz anpassen und seine Kosten erheblich senken. Wie bereits bekannt, will BASF bis Ende 2026 jährlich fortlaufende Gesamteinsparungen von rund 2,1 Milliarden Euro erzielen. Davon sollen 800 Millionen schon Ende 2024 erreicht sein./stw/zb/glb/nas/stk