(Aktualisierung: mit Abschlusserklärung.)

FIUGGI (dpa-AFX) - Außenministerin Annalena Baerbock hat mit Blick auf die Krisen in der Welt und den baldigen Regierungswechsel in den USA an den Zusammenhalt der großen Demokratien appelliert. In solchen "Zeiten des Umbruchs" sei es besonders wichtig, enge Partner an seiner Seite zu haben, sagte Baerbock bei einem Treffen der G7-Außenminister in Italien. Die Gruppe sieben großer Industrienationen (G7) habe sich als "erprobtes Krisenteam" bewährt.

Das zweitägige Treffen in der mittelitalienischen Kleinstadt Fiuggi war für die G7 möglicherweise die letzte Begegnung vor einer Zäsur. US-Außenminister Antony Blinken wurde verabschiedet. Die anderen G7-Mitglieder (Kanada, Großbritannien, Frankreich, Italien, Deutschland und Japan) richten sich darauf ein, dass sich mit der Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus vieles ändern könnte. In seiner ersten Amtszeit hatte Trump beschlossene Vereinbarungen der Gruppe wieder aufgekündigt.

Ukraine-Krieg bleibt eines der größten Themen

Zu den wichtigsten Themen gehörte insbesondere die Frage, welche Folgen der Wechsel in Washington auf Russlands Angriffskrieg gegen das Nachbarland Ukraine haben wird. In Kiew und anderen Hauptstädten gibt es Befürchtungen, dass Trump zu erheblichen Zugeständnissen an Russlands Präsident Wladimir Putin bereit sein könnte. Der ukrainische Außenminister Andrej Sybiha äußerte als Gast der G7 ebenfalls Sorgen.

Baerbock versicherte jedoch: "Unsere Unterstützung steht felsenfest - jetzt und in Zukunft." Zugleich müsse man "noch besser vorbereitet sein, auf das was noch kommt". Dabei gehe es auch darum, den eigenen Frieden zu sichern. Putins Ziel sei es, demokratische Gesellschaften zu spalten. Umso wichtiger sei Geschlossenheit - in Europa und auch innerhalb der G7.

In einer gemeinsamen Abschlusserklärung wies die Gruppe Russlands Warnungen vor einem Nuklearkrieg zurück. Darin heißt es: "Wir werden niemals Drohungen mit dem Einsatz von Atomwaffen hinnehmen, geschweige denn einen Einsatz von Atomwaffen." Zugleich versicherten die G7, die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine "auch weiterhin uneingeschränkt zu unterstützen".

EU-Außenbeauftragter warnt vor Handelskrieg

Thema war auch Trumps jüngste Ankündigung, gegen Staaten wie China, Mexiko und Kanada neue Zölle zu erheben. Auch Europa fürchtet nun neue Zölle auf verschiedene Produkte. Der scheidende EU-Außenbeauftragte Josep Borrell warnte vor einem Handelskrieg über den Atlantik. "Wir sind bereit, Gegenmaßnahmen zu ergreifen", sagte der Spanier. Ein neuer Handelskrieg werde allen Schwierigkeiten bereiten - angefangen mit den Amerikanern selbst.

Baerbock sagte dazu, die Europäer müssten wirtschaftlich und sicherheitspolitisch mehr Verantwortung übernehmen. Auf eine Losung "America First" ("Amerika zuerst") könne die Antwort nur lauten: "Europe United" ("Europa vereint").

Hoffnung auf Waffenruhe im Libanon

Größeren Raum nahm in Fiuggi auch die Lage im Nahen Osten ein. Die Aussicht auf eine mögliche Waffenruhe nach mehr als einem Jahr Krieg zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz im Libanon wurde allseits begrüßt. Baerbock und auch andere Minister mahnten aber zugleich, in den Bemühungen um Frieden nicht nachzulassen. In der Abschlusserklärung heißt es dazu: "Jetzt ist es an der Zeit, eine diplomatische Lösung zu finden."

Nach dem internationalen Haftbefehl gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu sind die G7-Staaten allerdings weiterhin auf der Suche nach einem gemeinsamen Nenner. Die USA erkennen den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) und somit auch den Haftbefehl nicht an. Italiens Außenminister Antonio Tajani, der sich als Gastgeber ohne Erfolg um eine einheitliche Linie bemühte, sagte: "Das ist auch ein politisches Problem, nicht nur eine Frage der Justiz."

Haftbefehl gegen Netanjahu sorgt für Debatten

Der IStGH hatte vergangene Woche Haftbefehle gegen Netanjahu und dessen früheren Verteidigungsminister Joav Galant wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Gaza-Krieg erlassen. Eigentlich sind alle Vertragsstaaten des IStGH verpflichtet, Haftbefehle zu vollstrecken. Mit Ausnahme der USA gehören alle G7-Mitglieder dazu. Die Bundesregierung steht dabei wegen des besonderen Verhältnisses zu Israel infolge der deutschen Vergangenheit mit der Ermordung von sechs Millionen Juden besonders vor einem Dilemma.

Italien hat noch bis zum Jahresende im Kreis der G7 den Vorsitz inne. Im nächsten Jahr führt dann Kanada die Geschäfte./cs/DP/men