Bauindustrie in DACH unter Druck: Die Branche könnte 2023 um fast 5
Prozent schrumpfen
München (ots) -
- Der in Deutschland siebzehn Jahre währende Bauboom gerät ins Stocken
- Wohnungs- und Neubau sowie Baustoffhersteller sind am stärksten betroffen
- Vollständige Erholung der Branche kann bis zu vier Jahre dauern
Die Bauwirtschaft in Deutschland, Österreich und der Schweiz steht vor einem
grundlegenden Wandel: Versorgungsengpässe bei Gas, steigende Energiepreise,
Inflation und Zinsen bremsen die Nachfrage aus. Die Experten von Roland Berger
untersuchen in ihrem aktuellen "Construction Radar" die relevanten Störfaktoren
und simulieren anhand von drei Szenarien die Auswirkungen auf die Branche im
Falle stabiler, reduzierter und ausbleibender Gaslieferungen. Zudem wird
aufgezeigt, welche Maßnahmen Bauunternehmen bereits heute umsetzen sollten, um
erfolgreich durch die Krise zu kommen bzw. für eine Markterholung gewappnet zu
sein.
"Energieengpässe und -preissteigerungen, die bereits im Zuge der Pandemie stark
gestiegenen Materialkosten, Inflation und höhere Zinsen treffen die
Bauwirtschaft gerade zur gleichen Zeit", sagt Kai-Stefan Schober, Partner bei
Roland Berger. "Die weitere Branchenentwicklung ist in starkem Maße abhängig von
der Lösung der Energiekrise und kann somit entweder zu einer langen Durststrecke
oder zu einer schnellen Erholung führen."
Erste Anzeichen einer Verlangsamung
Seit 2005 kannte die deutsche Bauwirtschaft nur eine Richtung: Wachstum. Selbst
die Pandemie und die Finanzkrise 2008/2009 haben die Branche nur kurzzeitig
negativ beeinflusst. Dies könnte sich nun ändern. Auch wenn der aktuelle
Auftragsbestand noch für fast zwei Jahre ausreicht, gibt es über
Auftragsverschiebungen oder Stornierungen hinaus auch Anzeichen einer
Verlangsamung bei Baugenehmigungen. "In der ersten Jahreshälfte 2022 gingen die
Baugenehmigungen in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr um 10,1 Prozent zurück.
Das ist ein enormer Rückgang und ein klares Zeichen, dass der Markt stark
beeinflusst wird", erklärt Schober.
Realer Umsatz- oder Absatzrückgang von fast 5 Prozent im Jahr 2023 möglich
Um den Einfluss von Gasengpässen, Inflation und Zinsen auf die DACH-Bauindustrie
zu bewerten, haben die Roland Berger-Experten drei Szenarien (keine, moderate
und starke Energieengpässe) entwickelt und deren Auswirkungen modelliert.
Demnach wird die Bauindustrie in allen Szenarien aufgrund der Energiepreise und
möglichen Versorgungsengpässen im kommenden Jahr weiter unter Druck bleiben. Da
die Branche bereits eine Verteuerung der Energiepreise um 60 Prozent verkraften
musste, rechnen die Studienautoren für 2023 mit einem realen Umsatz- oder
Absatzrückgang von bis zu -4,8 Prozent. Auch auf der Kostenseite sind weitere
überproportionale Steigerungen von 15 bis 25 Prozent möglich, was zu
Gewinneinbußen von bis zu zehn Prozentpunkten führen könnte.
Wohnungs- und Neubausegment besonders stark betroffen - Normalisierung
frühestens 2025
Besonders kritisch wird es im nächsten Jahr in der DACH-Region für Neubauten und
den privaten Wohnungsbau. Im Worst-Case-Szenario könnte der Auftragseingang in
diesen Segmenten 2023 im Vergleich zum Vorjahr real um über sechs Prozentpunkte
schrumpfen. Eine Erholung tritt in den Bereichen in diesem Szenario wohl ab 2025
ein. Auf der Lieferantenseite sind vor allem Baustoff-/Werkstoffhersteller mit
einem hohen Gasverbrauch negativ betroffen. Für ausgewählte Hersteller von
Baustoffen sehen die Experten gar einen Umsatzrückgang von bis zu 23 Prozent.
"Je nachdem, wie lange und schwerwiegend die Gaskrise sein wird, kann die
vollständige Erholung der Baubranche zwischen zwei bis vier Jahre dauern. Vor
diesem Hintergrund sollten Unternehmen in der Bauwirtschaft bereits heute
umfangreiche Maßnahmen ergreifen, um ihre Geschäftsmodelle widerstandsfähiger zu
machen. Neben der Umsetzung von operativen Effizienzsteigerungshebeln, der
Einführung eines der jetzigen Unsicherheit entsprechenden agilen Managements,
sollte eine Gas- und Cash-Taskforce eingerichtet werden. Potenzielle
Risikofaktoren können somit schneller aufgedeckt und mithilfe von
Szenarioanalysen umfassend beleuchtet werden. Intelligentes Preismanagement soll
die Umsatzseite bestmöglich absichern. Zur Vermeidung von Lieferengpässen sind
Kapazitätsverlagerungen an andere Standorte zu prüfen. Auch eine Erhöhung des
Marktanteils kann durch anorganisches Wachstum weiter vorangetrieben werden.
Damit sind die Unternehmen auch für die Zeit nach der Krise vorbereitet", fasst
Schober zusammen.
Die vollständige Studie können Sie hier herunterladen:
https://bit.ly/3VGhHpm
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