KfW Research: Mehr als 45 Mrd. EUR Investitionsrückstand in Schulen
Frankfurt am Main (ots) -
- Moderne Schulinfrastruktur ist Voraussetzung für leistungsfähiges
Bildungssystem
- Hohe Bau- und Energiekosten stellen Kommunen vor Herausforderungen
- Unterschiede in der Betroffenheit der Kommunen nehmen weiter zu
Bildung ist eine zentrale Säule des Wohlstands und der Wettbewerbsfähigkeit
Deutschlands. Moderne, funktionstüchtige Schulgebäude sind eine wesentliche
Voraussetzung für ein leistungsfähiges Bildungssystem. Die seit Jahren hohen
Investitionsrückstände im Schulbereich geben deshalb Anlass zur Sorge. Zwar
haben die Städte, Gemeinden und Kreise in den vergangenen Jahren auf neue
Anforderungen durch Inklusion, Digitalisierung und die Erfordernisse der
Corona-Pandemie reagiert und auch ihre Investitionen für die Schulinfrastruktur
gesteigert, wie eine aktuelle Sonderauswertung von KfW Research auf Basis des
bundesweit repräsentativen KfW-Kommunalpanels anlässlich des Beginns des neuen
Schuljahrs zeigt. Doch die Kosten steigen schneller als die kommunalen
Investitionen es tun. Der bundesweite Investitionsrückstand im Bereich Schulen
lag laut KfW-Kommunalpanel zuletzt bei 45,6 Mrd. EUR im Jahr 2021 und entsprach
damit dem 4,7-fachen des kommunalen Jahresinvestitionsvolumen von 9,8 Mrd. EUR
im Bereich der schulischen Infrastruktur.
Neben den bereits seit geraumer Zeit steigenden Baupreisen verschärft die
gegenwärtige Gas-Krise das Kostenproblem weiter: Auf die Schulgebäude entfällt
ein Großteil der kommunalen Gebäudeflächen, was hohe Energiekosten und
entsprechende energetische Sanierungsbedarfe mit sich bringt. Im laufenden Jahr
wollen die Kommunen 10,8 Mrd. EUR in Schulgebäude investieren.
Zwar ist der Investitionsrückstand im vergangenen Jahr leicht gesunken (2020:
46,5 Mrd. EUR), insgesamt hat er sich in den vergangenen fünf Jahren hingegen
trotz aller Bemühungen kaum verändert. Schulgebäude zählen damit weiterhin zu
den drei größten kommunalen Bedarfsfeldern neben Straßen und
Verwaltungsgebäuden.
Besorgniserregend ist dabei, dass die Unterschiede bei der Betroffenheit von
hohen Rückständen zwischen den Kommunen weiter zunehmen. So vermelden im
KfW-Kommunalpanel 2022 rund 17 % der Kommunen einen gravierenden Rückstand bei
den Schulgebäuden und damit ein Investitionsdefizit, das die kommunale
Aufgabenwahrnehmung in diesem Bereich erheblich einschränkt. Dieser Wert hat
sich in den vergangenen Jahren deutlich erhöht, denn im Jahr 2015 lag er noch
bei nur 10 %. Gleichzeitig verharrt der Anteil der Kommunen, die im Bereich der
Schulen keine oder nur geringe Investitionsrückstände wahrnehmen, auf einem
nahezu unveränderten Niveau (47 % im Jahr 2015 gegenüber 45 % in der aktuellen
Befragung). In der Mitte schrumpfte der Anteil der Kommunen, die "nur" einen
nennenswerten Investitionsrückstand bei Schulen wahrnehmen von 43 % im Jahr 2015
auf nunmehr 39 %. Es kommt mit Blick auf die Dringlichkeit der
Investitionsrückstände damit zu einer zunehmenden Polarisierung zwischen
Kommunen mit guter und Kommunen mit schlechter Schulinfrastruktur.
Auch die Einschätzungen zur zukünftigen Entwicklung des Rückstandes laufen
wieder auseinander. Gingen im Jahr 2019 noch 55 % der Kommunen davon aus, dass
der Investitionsrückstand im Schulbereich in den kommenden Jahren sinken wird,
sind es aktuell nur noch 43 %. Gleichzeitig stieg der Anteil der Kommunen, die
davon ausgehen, dass der Rückstand zukünftig sogar weiter steigen wird, im
gleichen Zeitraum von 20 auf 25 %.
Bei den Investitionsrückständen im Schulbereich zeigt sich ein ähnliches Bild
wie bei der kommunalen Finanzlage allgemein: Hohe regionale Ungleichheiten
werden durch eine positive Gesamtentwicklung überdeckt. Zukünftig muss es
deshalb gerade in diesem für Deutschland wichtigen Bereich der Daseinsvorsorge
darum gehen, sich nicht nur auf die Gesamtentwicklung der Kommunen zu
konzentrieren, sondern in allen Regionen Deutschlands eine ausreichende
Versorgung mit moderner Schulinfrastruktur sicherzustellen.
"Bildung ist ein wesentlicher Faktor für den zukünftigen Wohlstand und die
Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Moderne Schulgebäude sind neben der
individuellen Qualität der Lehrenden eine tragende Säule eines leistungsfähigen
Bildungssystems. Die seit Jahren hohen Investitionsrückstände im Schulbereich
geben deshalb Anlass zur Sorge", sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin
der KfW. "Erschwert wird der Aufholprozess durch die Folgen der aktuellen
Krisen, denn neben Corona sind die Auswirkungen des Ukraine-Krieges getreten.
Die stark steigenden Energiepreise treffen auch die Kommunen. Der Betrieb der
Schulgebäude wird im Hinblick auf Strom oder Wärme deutlich teurer, sodass der
finanzielle Spielraum für Investitionen enger ausfällt."
Bildung ist vor allem Ländersache. Daher obliegt es insbesondere der
Landespolitik, die Rahmenbedingungen für kommunale Investitionen in die Schulen
zu verbessern. Dies kann beispielsweise über die kommunalen
Finanzausgleichssysteme oder spezifische Landesprogramme erfolgen. Doch in der
lokalen Finanzpolitik lassen sich einzelne Haushaltsbereiche kaum isoliert
betrachten. "Es ist im Zusammenspiel aller föderalen Ebenen nötig, die
Handlungsfähigkeit der für die Schulgebäude zuständigen Gebietskörperschaften
insgesamt zu stärken. Deshalb gilt es, die Investitionsfähigkeit der Kommunen in
allen Regionen sicherzustellen, damit zentrale Infrastrukturbereiche wie
Schulgebäude in einem angemessenen Umfang und Zustand bereitgestellt werden
können. Dies hilft dabei, die Regionen Deutschlands wettbewerbsfähig zu halten
und den Menschen auf ihrem Lebensweg neue Chancen zu eröffnen, und es trägt
gelichzeitig dazu bei, dass das Land die vor ihm liegenden großen
Herausforderungen überhaupt bewältigen kann", so Köhler-Geib.
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