KfW-Mittelstandspanel 2021: Kaum Zeit zum Luftholen

Frankfurt am Main (ots) -

- Mittelstand macht 2021 Einschnitte des Coronajahres weitgehend wieder wett

- Umsätze, Beschäftigung und Profitabilität steigen, Eigenkapitalquoten erholen

sich 2021 deutlich

- Krieg und Energiekrise sorgen für große Unsicherheit im laufenden Jahr

- Mehrheit des Mittelstands hält gestiegene Energiekosten für tragbar

Der Mittelstand hat allen Corona-Sorgen zum Trotz mit 2021 ein sehr gutes Jahr

hinter sich. Doch Zeit zum Luftholen bleibt den Unternehmen kaum. Zwar treten

die Pandemielasten in den Hintergrund, doch dafür setzt der Ukraine-Krieg und

seine Folgen - allen voran die Energiekrise - den Unternehmen zu. Das zeigt das

KfW-Mittelstandspanel 2022, das ein repräsentatives und detailliertes Lagebild

sowohl zur gegenwärtigen Situation als auch zur Entwicklung der

mittelständischen Unternehmen im abgelaufenen Jahr gibt.

"Das wirtschaftliche Umfeld ist gegenwärtig wegen einer Vielzahl gleichzeitig

wirkender Schocks extrem herausfordernd. Der enormen Unsicherheit über den

Fortgang und die Begleiterscheinungen des Angriffs Russlands auf die Ukraine und

der dadurch ausgelösten Energiekrise begegnet der Mittelstand jedoch auf einem

in der Breite soliden Fundament", sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin

der KfW. "Unsere Befragungen zeigen: Derzeit geht eine knappe Mehrheit des

Mittelstands davon aus, die aktuell hohen Energiepreise auch langfristig tragen

zu können. Doch die vollen Preiseffekte werden erst noch durchschlagen und schon

jetzt ist ein Teil der Unternehmen finanziell überfordert. Dazu gesellen sich

Sorgen über einen neuerlichen Pandemieherbst, allgemein gedämpfte

Wachstumsperspektiven, eine anhaltend hohe Inflation, steigende Zinsen und

andauernde Lieferengpässe. Nach einem sehr guten Jahr 2021 zeichnet sich für das

laufende Jahr das Platzen von Investitionsplänen, Druck auf die

Eigenkapitalquoten und ein erschwerter Kreditzugang ab."

2021 stiegen laut KfW-Mittelstandspanel Umsätze und Beschäftigung im Mittelstand

scheinbar unbeeindruckt von der noch anhaltenden COVID-19-Pandemie auf das

Niveau von 2019. Der Jobmotor Mittelstand läuft mit 32,3 Mio. Erwerbstätigen

rund. Mehr noch: Die Bedeutung der kleinen und mittleren Unternehmen für die

Gesamtbeschäftigung erreicht mit 71,9 % einen Höchststand. Auch die heftigen

Umsatzverluste des ersten Pandemiejahres wurden 2021 mit einem Plus von 242 Mrd.

auf 4.580 Mrd. EUR weitgehend wettgemacht. Die mittelständischen

Neuinvestitionen stiegen um ca. 10 Mrd. EUR bzw. 6 % auf rund 183 Mrd. EUR.

Weitere zentrale Ergebnisse des KfW-Mittelstandspanels sind

- Die gestiegenen Umsätze bescheren den mittelständischen Unternehmen ebenso

gute Gewinne, die durchschnittliche Umsatzrendite im Mittelstand nahm 2021

wieder leicht von 7,3 auf 7,4 % zu.

- Die Eigenkapitalquote erholt sich überraschend schnell und deutlich und

erreicht fast das Vorkrisenniveau (mittlere Eigenkapitalquote von 31,4 %,

2020: 30,1 %).

- Nach dem Wegfall des hohen Anpassungsdrucks des ersten Pandemiejahres kehrt

die Investitionsneigung im Mittelstand auf das vorherige, sehr niedrige,

Niveau zurück. Nur 38% der Unternehmen nahmen Investitionen vor.

- Die Kreditfinanzierung von Investitionen macht einen kleinen Sprung (+13 %).

Für 2022 zeichnet sich eine Schärfung der Finanzierungsbedingungen ab. Durch

die geldpolitische Straffung (Zinswende) verteuern sich Bankkredite und Banken

werden bei der Kreditvergabe vorsichtiger.

Seit Kriegsbeginn in diesem Frühjahr hat sich die Stimmung in den Unternehmen

erheblich eingetrübt. Dabei sind die stark gestiegenen Energiepreise für die

kleinen und mittleren Unternehmen der Unsicherheitsfaktor Nummer 1. Im einer

Nachbefragung zum KfW Mittelstandspanel aus dem September 2022 nennen 62 % der

Mittelständler dies als Belastung für ihr Unternehmen.

Energiekosten auf sehr hohem Niveau dürften für einen längeren Zeitraum

wahrscheinlich sein - daher mag es überraschen, dass die knappe Mehrheit der

Mittelständler (53 % im September 2022) angibt, damit auch langfristig zurande

zu kommen. Bei weiteren rund 13 % aller Mittelständler fallen die Energiekosten

kaum ins Gewicht, die Frage nach der Tragbarkeit stellt sich für diese

Unternehmen bislang nicht. Für ebenfalls rund 13 % aller Mittelständler sind die

hohen Energiekosten dagegen eine erhebliche Mehrbelastung, die sie auf die Dauer

finanziell überfordern würden.

"Vor allem für energieintensive Unternehmen des mittelständischen Verarbeitenden

Gewerbes ist die Belastung hoch", betont Köhler-Geib. Hier machen sich

Preissteigerungen auch viel stärker bemerkbar. Damit ist speziell ein

Teilsegment des Mittelstands von den aktuellen Entwicklungen betroffen, dessen

gesamtwirtschaftliches Gewicht mit Blick auf Beschäftigung, Umsätze oder

Investitionen beträchtlich über ihrem reinen Anteil an der Anzahl der

Unternehmen liegt. Wenn eine Vielzahl gerade dieser Unternehmen in eine

wirtschaftliche Schieflage geriete, wären die Auswirkungen entsprechend

überproportional. Eine Entlastung der von den hohen Energiepreisen besonders

betroffenen Unternehmen ist daher notwendig, um die Wirtschaft insgesamt zu

stabilisieren, allerdings kombiniert mit Anreizen für die Transformation zur

Klimaneutralität."

Die aktuell hohe Unsicherheit und Sorge vor einem wirtschaftlichen Abschwung

sorgen dafür, dass die unterjährige Anpassung von zu Jahresbeginn geplanten

Investitionsvorhaben im Mittelstand im laufenden Jahr sogar die im ersten

Corona-Jahr und in den Krisenjahren 2008/2009 übertrifft: Nur noch knapp die

Hälfte der Mittelständler gibt Anfang September an, dieses Jahr alle Vorhaben

wie geplant umzusetzen, und 18 % der Firmen wollen sogar alle Vorhaben aufgeben

- beides Rekordwerte. Für Gesamtjahr 2022 ist davon auszugehen, dass 59 Mrd. EUR

an Investitionen, die ursprünglich geplant waren, nicht mehr umgesetzt werden.

Zum Vergleich: In einem "normalen" Jahr ist mit etwas über 40 Mrd. EUR an

Planrevisionen zu rechnen.

Das KfW-Mittelstandspanel 2022 steht unter http://www.kfw.de/mittelstandspanel

zum Download zur Verfügung.

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