KfW-ifo-Mittelstandsbarometer: Die Rezession hat begonnen -
Geschäftserwartungen nähern sich Allzeittief
Frankfurt am Main (ots) -
- Mittelständisches Geschäftsklima stürzt im September ab
- Alle Wirtschaftsbereiche im Abwärtssog
- Auch Großunternehmen erheblich schlechter gestimmt
Der Herbst beginnt frostig, was die Stimmung in den kleinen und mittleren
Unternehmen anbelangt. Der anhaltende Strom schlechter Nachrichten rund um den
Krieg und die Energiekrise lässt das mittelständische Geschäftsklima im
September um fast das Dreifache einer üblichen Vormonatsveränderung abstürzen,
wie das aktuelle KfW-ifo-Mittelstandsbarometer zeigt: Es verliert 7,8 Zähler und
notiert nun mit -23,9 Saldenpunkten auf dem tiefsten Stand seit 28 Monaten.
Beide Klimakomponenten verschlechtern sich deutlich: Die Lageurteile fallen um
7,1 Zähler auf -0,1 Saldenpunkte. Im dritten Quartal insgesamt geben sie um
deutliche 12,4 Zähler nach, was für eine Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts
bereits im Sommer spricht. Die Geschäftserwartungen sinken um 8,3 Zähler auf
-44,1 Saldenpunkte und kommen damit ihrem Allzeittief aus der Anfangszeit der
Corona-Pandemie immer näher. Die Ängste der Unternehmen vor explodierenden
Energiekosten und kollabierender Nachfrage mit Blick auf das Winterhalbjahr sind
umfassend und groß.
Der Abwärtssog beim Geschäftsklima erfasst im September alle
Hauptwirtschaftsbereiche, überall im Mittelstand kühlt es deutlich ab. Am
niedrigsten ist das Stimmungsniveau im Einzelhandel (-6,5 Zähler auf -38,1
Saldenpunkte). Auf dem vorletzten Platz reiht sich der Großhandel ein (-4,3
Zähler auf -30,7 Saldenpunkte). Die Sorgen, dass die sehr hohen Inflationsraten
massiv die Kaufkraft schmälern und die Haushalte zugleich aus Vorsicht ihr Geld
lieber zusammenhalten, sind in beiden Sparten des Handels enorm. Das
Verarbeitende Gewerbe platziert sich im Mittelfeld (-6,5 Zähler auf -27,7
Saldenpunkte). Noch am wenigsten schlecht ist das Klima zu Herbstbeginn bei den
Dienstleistern (-7,3 Zähler auf -18,8 Saldenpunkte) und im Bau (-6,4 Zähler auf
-15,3 Saldenpunkte). Lange ein verlässliches Zugpferd der Konjunktur, leidet der
Bau inzwischen zunehmend an den Preisschüben bei Energie und Materialien sowie
den steigenden Finanzierungskosten.
Bei den Großunternehmen geht die Stimmung im September mit einem Minus von 7,5
Zählern auf -26,0 Saldenpunkte wieder in den Sturzflug über, nachdem sie im
Vormonat knapp die Höhe gehalten hatte. Während die Geschäftserwartungen ähnlich
pessimistisch ausfallen wie im Mittelstand (-10,6 Zähler auf -41,4
Saldenpunkte), beurteilen die großen Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage
weiterhin schlechter (-3,4 Zähler auf -7,9 Saldenpunkte). Im Vergleich der
Wirtschaftsbereiche ist die Stimmung im Bau auch unter den Großunternehmen -
relativ gesehen - am höchsten (-9,5 Zähler auf -18,3 Saldenpunkte) und das
Einzelhandelsklima mit einigem Abstand am niedrigsten (-7,6 Zähler auf -40,1
Saldenpunkte), wobei alle Branchen erhebliche Rückgänge gegenüber August
berichten.
"Deutschland ist auf Rezessionskurs eingeschwenkt. Das BIP dürfte schon im
Sommer geschrumpft sein, mindestens zwei weitere negative Quartalsraten werden
folgen", sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. "Die
Grabesstimmung vor allem in den konsumnahen Branchen und die überall
deprimierenden Erwartungen unterstreichen, vor welchen Herausforderungen
Deutschland angesichts explodierender Energie- und Lebenshaltungskosten sowie
der unsicheren Versorgungslage gerade bei Erdgas steht. Der Winter naht und
zunächst einmal gilt es, möglichst unbeschadet über die kalte Jahreszeit zu
kommen." Auch wenn eine Rezession praktisch sicher sei, könne diese indes
glimpflicher verlaufen als es die depressive Stimmung nahelegt. Gerade bei den
Geschäftserwartungen dürften neben den berechtigten Sorgen über
Energiekostendruck und schwindende Absatzperspektiven auch große Ängste eine
Rolle spielen. "Der jüngst verkündete fiskalische Abwehrschirm in einem Volumen
von 200 Mrd. EUR ist geeignet, einigen Kostendruck von Unternehmen wie
Haushalten zu nehmen. Gerade die Strom- und Gaspreisbremsen dürften den Konsum
spürbar stützen. Unsere BIP-Prognose für 2023 von -0,3 % halte ich noch immer
für plausibel, die Abwärtsrisiken sind allerdings hoch und nehmen zu", so
Köhler-Geib.
Das aktuelle KfW-ifo-Mittelstandsbarometer ist abrufbar unter
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