Kapitalmarktausblick 2023: Zwischen Resilienz und Rezession (FOTO)
Frankfurt (ots) - Die Deutsche Bank blickt in ihrem Kapitalmarktausblick 2023,
den sie heute in Frankfurt am Main vorgestellt hat, verhalten optimistisch auf
das kommende Jahr. Die zu erwartende Rezession in den USA und Europa dürfte
moderat ausfallen. Die Inflation wird zwar unter anderem aufgrund der
Energiepreise voraussichtlich zunächst hoch bleiben; die Leitzinsen sollten
jedoch im Sommer ihren Höchststand erreichen. Anleiherenditen in den USA dürften
bereits im ersten Halbjahr ihren maximalen Wert erzielen. Die Deutsche Bank
erwartet, dass der Renditeanstieg in der Eurozone in der zweiten Jahreshälfte
ausläuft. Aktien bleiben aufgrund niedriger Bewertungen bei stabilen
Unternehmensgewinnen eine interessante Anlageoption.
Russland-Ukraine-Krieg, Energiekrise, Inflation. Selten zuvor gab es so viele
Risikofaktoren an den Märkten wie in den vergangenen Monaten. "Das Wachstum der
Weltwirtschaft wird sich vermutlich weiter abschwächen - nach gut 3 Prozent in
diesem Jahr auf etwas mehr als 2 Prozent im Jahr 2023", sagt Marc Schattenberg ,
Volkswirt bei Deutsche Bank Research. "Der konjunkturelle Einbruch in der
Eurozone dürfte nach derzeitigen Prognosen weniger stark ausfallen als noch vor
wenigen Monaten befürchtet, da das Risiko für Gasrationierungen deutlich
gesunken ist." Ein Grund dafür sei der bisher milde Herbst, durch den sich der
Beginn der Heizperiode nach hinten verschoben hat.
Moderate Rezession in den USA und der Eurozone
"Wir erwarten weder in den USA noch in Europa eine im historischen Vergleich
starke Rezession", sagt Schattenberg. Es sollte keinen so starken
Konjunktureinbruch geben wie während der Corona-Krise. Für die USA erwartet die
Deutsche Bank im kommenden Jahr ein Wachstum von 0,6 Prozent nach 2 Prozent im
Jahr 2022. Die Eurozone dürfte mit einem Minus von bis zu einem Prozent
davonkommen, nach einem Wachstum von 3 Prozent im laufenden Jahr. Chinas
Wirtschaft könnte nach dem Volkskongress im März 2023 von einer zu erwartenden
allmählichen Lockerung der Null-COVID-Politik profitieren; das BIP dürfte bis zu
5 Prozent wachsen. Ein Risiko in China bleibt die zögerliche Erholung des
Immobilienmarktes. Um diesen zu stützen, hat die Regierung bereits
unterschiedliche Maßnahmen vorgestellt.
Inflation - gekommen, um zu bleiben
Obwohl die Inflation nur allmählich sinkt, erwarten die Experten der Deutschen
Bank, dass die Leitzinserhöhungen der US-Notenbank Fed und der Europäischen
Zentralbank (EZB) im nächsten Jahr enden. Die straffere Geldpolitik der
Notenbanken zeigt langsam Wirkung und die Gas- und Strompreise haben zuletzt
leicht nachgegeben. Eine anhaltend milde Witterung und hohe Speicherstände
sollten sich positiv auf die Preise auswirken. "In den USA könnte die Inflation
ihren Höhepunkt bereits erreicht haben. Sie dürfte nun langsam sinken und im
Laufe des nächsten Jahres unter 6 Prozent fallen", sagt Schattenberg. In Europa
sollte die Inflation ab dem Frühjahr 2023 allmählich nachlassen und im kommenden
Jahr für Deutschland und die Eurozone bei 7,5 Prozent liegen. "Die Inflation
dürfte jedoch aufgrund nachlassender Globalisierungsgewinne, demografischer
Belastungen und einer strukturell expansiveren Fiskalpolitik nicht auf ihr
Vorkrisenniveau sinken", so Schattenberg. Druck dürfte auch weiterhin von den
hohen Rohstoffpreisen ausgehen. Deshalb erwartet die Deutsche Bank, dass die
Notenbanken zunächst restriktiv bleiben. Die Fed könnte die Zinsen bis zum
Frühjahr auf fast 5 Prozent erhöhen. Dann sollte die rückläufige Inflation - im
Zuge einer milden Rezession - den Zinsanhebungszyklus beenden. Die EZB dürfte
auf 3 Prozent gehen; wobei das Risiko weiterer Zinsanhebungen bestehen bleibt.
Diese Notenbankpolitik sollte die Renditen risikoärmerer Anleihen von Staaten
und Unternehmen mit "Investment Grade" weiter steigen lassen.
Für Anleger ist es eine Herausforderung, Renditen oberhalb der Inflationsrate zu
erzielen. "Beunruhigende Faktoren sind weiterhin der Verlauf des
Russland-Ukraine-Krieges, die europäische Energieversorgung oder der
Handelskonflikt zwischen den USA und China. Es gibt aber auch Chancen", sagt Dr.
Ulrich Stephan , Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen
Bank. Die Aktienmärkte dürften sich 2023 stabilisieren.
Alles teuer außer Aktien
Die Deutsche Bank erwartet mittlere einstellige Renditen an den Aktienmärkten.
Die Prognose für den Dax liegt bei 15.000 Punkten zum Jahresende 2023. Den S&P
500 sehen die Experten bei 4.100 Punkten und den Stoxx 600 bei 445 Punkten.
Obwohl das kommende Jahr wirtschaftlich etwas schwieriger werden könnte, spricht
für die Anlageklasse, dass die Börse der Konjunktur vorausläuft. Daher dürfte
bereits eine leichte Rezession eingepreist sein. "Sobald sich eine
wirtschaftliche Erholung abzeichnet, sollten die Kurse steigen", so Stephan.
"Rücksetzer könnten gute Einstiegschancen bieten." Zyklische Aktien, die heute
günstig sind, dürften sich besser entwickeln. "Das hängt unter anderem mit den
immensen Investitionen zusammen, die für die grüne Transformation der Wirtschaft
notwendig sind", so Stephan. Themen wie Künstliche Intelligenz, Elektromobilität
oder Cybersecurity sollten auf der Agenda von Unternehmen stehen.
Fokus auf europäische Aktien
Vor allem die zurzeit niedrigen Bewertungen sprechen für Aktien. "Wir haben in
den vergangenen Monaten eine deutliche Anpassung der Bewertungen gesehen", sagt
Stephan. Unternehmensgewinne sind in diesem Jahr teilweise deutlich gestiegen,
Aktienkurse jedoch stark gefallen. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für den
amerikanischen S&P 500 ist von 22,7 auf aktuell 16,5 und für den Stoxx Europe
600 von 17,7 auf 11,3 gefallen. "Vor allem europäische Aktien sind wieder
günstig", erklärt der Chefanlagestratege. Deshalb würden die Experten der
Deutschen Bank europäische Aktien übergewichten; den US-Aktienmarkt würden sie
dagegen neutral halten. Für eine Übergewichtung Europas spricht neben den
niedrigen Bewertungen auch die Entwicklung der Gewinne. Sie mussten in diesem
Jahr immer wieder nach oben revidiert werden. Die Kurse spiegelten das jedoch
nicht wider. Profitieren sollten europäische Titel auch von der Erholung in
China, wo 2023 ein stärkeres Wachstum erwartet wird. Allerdings birgt die hohe
Exportabhängigkeit europäischer Unternehmen auch ein Risiko; so könnte der
Wettlauf um die technologische Vorherrschaft zwischen den USA und China für sie
zu einer Belastung werden.
Chancen sieht Stephan nach dem Ausverkauf der vergangenen Monate in Asien - in
China, Korea und Taiwan seien die Bewertungsrückschläge hoch. Diese Märkte
sollten von einer Erholung profitieren. Indiens Aktienmarkt hat sich
vergleichsweise gut gehalten. Das KGV ist mit 20 noch immer hoch. Allerdings ist
Indien auch die am stärksten wachsende Volkswirtschaft der Welt: Der
Internationale Währungsfonds (IWF) prognostiziert für 2023 ein Wachstum von 6
Prozent.
Unternehmen trotzen der Rezession
Die Experten der Deutschen Bank gehen davon aus, dass viele der börsennotierten
Unternehmen gut durch die konjunkturell schwierigere Phase kommen werden. "Die
Gewinne sollten sich deutlich solider entwickeln als in früheren Rezessionen",
sagt Chefanlagestratege Stephan. In Europa werden fiskalpolitische Programme den
Konsum voraussichtlich stützen. Einige Sektoren, in denen die Gewinne in
wirtschaftlich schwachen Phasen üblicherweise stark einbrechen, dürften gut
durch die Rezession kommen. Banken, zum Beispiel, profitieren vom veränderten
Zinsumfeld. Die Energie- und die Grundstoffbranche sowie der Bergbau, die
bislang in Rezessionen Einbußen erlitten, sollten aufgrund der hohen Energie-
und Rohstoffpreise sowie der starken Nachfrage ebenfalls gut durch den Abschwung
kommen.
Infrastruktur - Grundlage für nachhaltiges Wachstum
Öffentliche und private Investitionen werden vor allem in Infrastrukturprojekte
fließen. Die USA, die Europäische Union, China und weitere Länder haben
entsprechende Programme auf den Weg gebracht. Damit werden Unternehmen, die in
den entsprechenden Branchen aktiv sind, für Anleger interessant. Bei den
Projekten geht es um den Aufbau einer Infrastruktur für erneuerbare Energien, um
Stromnetze, Wasser und Transportwege, darunter auch Straßen und Häfen.
Energie und Rohstoffe bleiben teuer
"Die Zeit günstiger Energie dürfte erst einmal vorbei sein", sagt Volkswirt
Schattenberg. "Preise wie vor der Krise werden wir wohl vorerst nicht mehr
sehen." Die Deutsche Bank erwartet für die europäische Sorte Brent Preise von
rund 100 Dollar pro Barrel; für die amerikanische Sorte WTI dürfte der Preis
etwas darunter liegen. Auch Gas, dessen Preis sich in den vergangenen Wochen
recht stabil bei knapp über 100 Euro pro Megawattstunde eingependelt hat, bleibt
teuer. "Die Energiekrise bietet für einige Industrien aber auch Chancen", sagt
Schattenberg. Sie sei ein Treiber für die Grüne Transformation der Wirtschaft.
Auch bei Industriemetallen dürfte das Preisniveau mittelfristig hoch bleiben.
Hier treibt der wirtschaftliche Wandel zu mehr Nachhaltigkeit die Kurse.
Gold gilt zwar als "sicherer Hafen" und dient der Diversifikation eines
Portfolios, doch zuletzt haben die Zinsanhebungen und der damit verbundene
Anstieg der Renditen für Staatsanleihen den Goldpreis in den USA belastet. Wenn
der Zinszyklus im Laufe des Jahres 2023 wie erwartet endet und für 2024 sogar
wieder Zinssenkungen in Aussicht stehen, dürften auch die Goldpreise moderat
steigen. "Gegen ein Investment sprechen jedoch ein schwächerer Dollar und die
Opportunitätskosten", so Stephan. "Aber ein gewisser Anteil Gold kann in
geopolitischen Krisenzeiten sinnvoll sein."
Quo vadis, Anleihen?
Mit der Zinswende sind die Anleihekurse in diesem Jahr stark gefallen und die
Renditen entsprechend gestiegen. Auch im kommenden Jahr dürften die Renditen
noch ansteigen. Die "Spreads" sollten jedoch sinken - eine mäßige Rezession
vorausgesetzt. "Die große Anpassung am Rentenmarkt haben wir jedoch hinter uns,
zunehmend werden Zinskupons wieder interessant", sagt Stephan.
Europäische Unternehmensanleihen mit "Investment Grade" rentieren aktuell mit
4,3 Prozent, amerikanische sogar mit knapp sechs Prozent. Europäische
Hochzinsanleihen (High Yield) bringen 8,4 Prozent Rendite und amerikanische
sogar 9,3 Prozent. "Solange wir jedoch eine Rezession erwarten, wäre ich bei
High Yields zurückhaltend", sagt Stephan. "Die Ausfälle sollten steigen und die
Risikoprämien insgesamt nach oben ziehen." Für das kommende Jahr erwarten die
Experten eine leichte Ausweitung der Risikoaufschläge für hochverzinsliche
Anleihen in Europa auf 550 Basispunkte und in den USA auf 500 Basispunkte. "Bei
Investment Grade-Anleihen halten wir die Risikoaufschläge für stabil, in Europa
sogar für leicht fallend angesichts solider Fundamentaldaten der Unternehmen."
Die größte Gefahr für den Rentenmarkt ist, dass die erwarteten Zinserhöhungen in
den USA und in Europa nicht ausreichen. Sollten größere Zinsschritte als
erwartet nötig werden, um die Inflation einzudämmen, könnte ein Ausverkauf am
Rentenmarkt drohen. "Das wäre nicht nur für die Rentenmärkte ein Risiko, sondern
auch für die Aktienmärkte und vor allem für die Technologiewerte", erklärt
Stephan.
Die Experten erwarten für Staatsanleihen steigende Renditen. Bis Ende 2023
sollten die Renditen zehnjähriger US-Treasuries bei 4,2 Prozent liegen und bei
zehnjährigen Bundesanleihen bei 2,4 Prozent.
Immobilien - je nachhaltiger, desto besser
Immobilien sind eine klassische Anlageklasse in Zeiten hoher Inflation. Die
Preise dürften hoch bleiben, obwohl Finanzierungskosten steigen und
Finanzierungen insgesamt schwieriger werden. Vor allem steigende Baukosten und
gesetzliche Vorschriften verteuern das Bauen in Deutschland stark. Die Experten
der Deutschen Bank rechnen damit, dass sich der Preisanstieg auf hohem Niveau
stabilisiert. Bei Wohnimmobilien steht eine hohe Nachfrage einem begrenzten
Angebot gegenüber. Der Neubau stockt aufgrund fehlender Materialien,
Arbeitskräftemangel und steigender Finanzierungskosten. In den USA hingegen
sinkt die Nachfrage ebenso wie die Stimmung der Hausbauer. Die Zahl der
verkauften Häuser ist seit 2020 um 20 Prozent gesunken. Die Wohnmieten in den
USA sind im Vergleich zu 2021 um 7 Prozent gestiegen. Auch in Deutschland
dürften die Mieten langfristig steigen, vor allem in den Ballungsräumen.
Bei den Gewerbeimmobilien sind aktuell vor allem Logistikflächen gefragt. Die
Leerstände nähern sich historischen Tiefs. Der Grund: Unternehmen produzieren
weniger "just in time" und bauen wieder Lager auf. Die hohe Nachfrage lässt die
Mieten leicht steigen. "Logistikimmobilien sollten einen Schutz gegen höhere
Inflation bieten", sagt Chefanlagestratege Stephan. "Bei Büroimmobilien ist
Vorsicht geboten. Die Leerstände steigen und Mieterhöhungen sind aktuell kaum
möglich." Für alle Immobiliensegmente gelte: Je nachhaltiger, desto besser.
Energieeffiziente Immobilien hätten teilweise Preisaufschläge von 20 Prozent.
Energetisch sanierte beziehungsweise neu gebaute Wohnungen und Häuser seien
gefragter als andere Immobilien. Die Energiekrise sei ein Katalysator für
energieeffizientes Bauen.
Über die Deutsche Bank
Die Deutsche Bank bietet vielfältige Finanzdienstleistungen an - vom
Zahlungsverkehr und dem Kreditgeschäft über die Anlageberatung und
Vermögensverwaltung bis hin zu einem fokussierten Kapitalmarktgeschäft. Sie
bedient Privatkunden, mittelständische Unternehmen, Konzerne, die Öffentliche
Hand und institutionelle Anleger. Die Deutsche Bank ist die führende Bank in
Deutschland mit starken europäischen Wurzeln und einem globalen Netzwerk.
Diese Mitteilung enthält zukunftsgerichtete Aussagen. Zukunftsgerichtete
Aussagen sind Aussagen, die nicht Tatsachen der Vergangenheit beschreiben, sie
umfassen auch Aussagen über die Annahmen und Erwartungen von der Deutschen Bank
sowie die zugrunde liegenden Annahmen. Diese Aussagen beruhen auf Planungen,
Schätzungen und Prognosen, die der Geschäftsleitung der Deutschen Bank derzeit
zur Verfügung stehen. Zukunftsgerichtete Aussagen beziehen sich deshalb nur auf
den Tag, an dem sie gemacht werden. Die Deutsche Bank übernimmt keine
Verpflichtung, solche Aussagen angesichts neuer Informationen oder künftiger
Ereignisse zu aktualisieren.
Zukunftsgerichtete Aussagen beinhalten naturgemäß Risiken und
Unsicherheitsfaktoren. Eine Vielzahl wichtiger Faktoren kann dazu beitragen,
dass die tatsächlichen Ergebnisse erheblich von zukunftsgerichteten Aussagen
abweichen.
Solche Faktoren sind etwa die Verfassung der Finanzmärkte in Deutschland,
Europa, den USA und andernorts, wo die Deutsche Bank einen erheblichen Teil
ihrer Erträge aus dem Wertpapierhandel erzielt, der mögliche Ausfall von
Kreditnehmern oder Kontrahenten von Handelsgeschäften, die Umsetzung ihrer
strategischen Initiativen, die Verlässlichkeit ihrer Grundsätze, Verfahren und
Methoden zum Risikomanagement sowie andere Risiken, die in den von der Deutschen
Bank bei der US Securities and Exchange Commission (SEC) hinterlegten Unterlagen
dargestellt sind.
Diese Faktoren sind im SEC-Bericht der Deutschen Bank nach "Form 20-F" vom 11.
März 2022 im Abschnitt "Risk Factors" dargestellt. Dieses Dokument ist auf
Anfrage bei der Deutschen Bank erhältlich oder unter
http://www.db.com/Investoren verfügbar.
Pressekontakt:
Deutsche Bank AG
Kommunikation
Dr. Markus Weik
Telefon: 069 910 - 41349
E-Mail: mailto:markus.weik@db.com
Hanswolf Hohn
Telefon: 069 910 - 84752
E-Mail: mailto:hanswolf.hohn@db.com
Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/8994/5376496
OTS: Deutsche Bank AG
ISIN: DE0005140008