CFO Survey Herbst 2022: Finanzvorstände sehen starken Abschwung und
hohe Unsicherheit
München (ots) -
- Die Geschäftsaussichten in Deutschland sinken weiter und nähern sich den
Werten der ersten Corona-Welle an.; die Erwartungen für die operativen Margen
fallen noch einmal pessimistischer als vor einem halben Jahr aus.
- Auch die konjunkturellen Aussichten sehen die Finanzvorstände für Deutschland
und die Eurozone sehr pessimistisch, die für USA und China deutlich positiver
- Für 2023 bleiben die Inflationserwartungen der Finanzvorstände hoch und liegen
auch für 2024 deutlich über den Zielen der Europäischen Zentralbank.
- Die wahrgenommene Unsicherheit im ökonomischen Umfeld erreicht die höchsten
Werte seit Beginn des CFO Survey im Jahr 2012, wichtigste Risikofaktoren sind
Energie - und Lohnkosten sowie nach wie vor der Fachkräftemangel.
- In der Folge sind Kostensenkungen die absolut wichtigste Priorität der CFOs,
die Beschäftigungsabsichten rutschen in den leicht negativen, die
Investitionsabsichten in den deutlich negativen Bereich.
Deutsche Unternehmen haben derzeit wenig Grund für Optimismus - das bestätigen
auch die ersten Ergebnisse des im September erhobenen CFO Survey, die ein
betrübliches Bild zeichnen: Die 124 befragten Finanzvorständen deutscher
Großunternehmen sehen einen weiteren starken Rückgang ihrer Geschäftsaussichten,
kaum einer der abgefragten Parameter gibt Anlass zu kurzfristiger Hoffnung.
"Die aktuelle Liste der Krisen, mit denen Unternehmen derzeit kämpfen, ist so
lang wie wahrscheinlich nie zuvor", sagt Dr. Alexander Börsch, Chefökonom und
Leiter Research bei Deloitte: "Der Ukraine-Krieg und die exorbitant gestiegenen
Energiepreise, die hohe Inflation, die wirtschaftliche Schwäche in China und den
USA sowie die Kehrtwende in der Geldpolitik - die schlechte Stimmung unter
deutschen CFOs kann nicht verwundern. Statt des zu Jahresbeginn erwarteten
Aufschwungs mussten die Konjunkturprognosen kontinuierlich herabgesetzt werden
und der Abschwung ist jetzt bei den Unternehmen angekommen."
Bereits der vorangegangene CFO Survey im Frühjahr 2022 konstatierte infolge des
Ukraine-Kriegs einen deutlichen Stimmungsumschwung, der sich nun in einen ebenso
deutlichen Abschwung gewandelt hat. Alle abgefragten Parameter haben sich
demzufolge verschlechtert, seien es Konjunktur- und Geschäftsaussichten,
Inflationserwartungen oder operative Margen.
Infolgedessen sind auch die Investitions- und Beschäftigungsabsichten ins Minus
gesunken und haben bei der Mehrheit der Befragten die strategische Priorisierung
für Kostensenkungen wesentlich erhöht. Die wahrgenommene ökonomische
Unsicherheit ist auf einen Höchststand seit Beginn des CFO Survey im Jahr 2012
gestiegen. Dazu tragen neben den geopolitischen Risiken vor allem Faktoren wie
die zunehmenden Energie- und Lohnkosten sowie der anhaltende Fachkräftemangel
bei.
Geschäfts- und Konjunkturerwartungen im Sinkflug
Diese Trends deuteten sich im Wesentlichen schon vor einem halben Jahr an - mit
dem Unterschied, dass inzwischen mehrheitlich nicht mehr nur die
wirtschaftlichen Aussichten, sondern auch die wirtschaftliche Lage in
Deutschland und in der Eurozone überwiegend negativ beurteilt wird. Letztere
hält mehr als die Hälfte der Befragten für schlecht oder sehr schlecht, während
bei den ökonomischen Aussichten über zwei Drittel der Finanzvorstände eine
Verschlechterung erwarten. Deutlich positiver sehen die CFOs beide Werte für die
USA und China.
Hierzulande besonders pessimistisch hinsichtlich der eigenen Geschäftsaussichten
sind indes die Chemiebranche, die Immobilienwirtschaft und die Autoindustrie,
während sich die Konsumgüterindustrie hier zumindest im Vergleich noch relativ
optimistisch zeigt.
Weiterhin hohe Inflationserwartungen
Die CFOs rechnen nicht mit einem schnellen Abflauen der hohen Inflation und
sehen für 2023 eine Teuerungsrate von 7,1 Prozent, geringer als von vielen
Wirtschaftsinstituten prognostiziert. Dafür sind die CFOs pessimistischer
hinsichtlich der Dauer der Teuerung: So gehen die meisten Konjunkturforscher von
einem deutlichen Inflationsrückgang im Jahr 2024 in Richtung zwei Prozent aus -
die CFOs hingegen erwarten für das übernächste Jahr immer noch 4,8 Prozent
Inflation. Das läge mehr als doppelt so hoch wie das EZB-Ziel. Für die Eurozone
erwarten die CFOs Inflationsraten von 7,5 Prozent für 2023 und 5,2 Prozent für
2024.
Teil dieser erwarteten Entwicklung sind Lohn- und Gehaltssteigerungen. Große wie
auch mittelgroße Unternehmen sehen eine Steigerung der Löhne und Gehälter in
ihrem eigenen Unternehmen um 5,4 Prozent in den nächsten zwölf Monaten, in der
Chemieindustrie sogar um 6,3 Prozent.
Rückgang bei Investitionen und Beschäftigungsabsichten
Die Investitions- und Beschäftigungspläne lagen im vergangenen Herbst nahe an
ihren Höchstständen und fielen im Frühjahr 2022 stark - jetzt liegen beide
Indikatoren im negativen Bereich, der für Beschäftigung allerdings nur knapp.
Das heißt, die Unternehmen agieren sehr viel vorsichtiger. Angesichts steigender
Kosten durch Inflation, Energiepreise und Lohnkosten bewerten die CFOs vor allem
den Ausblick für ihre operativen Margen sehr negativ.
Die geringste Investitionsbereitschaft besteht dabei in der Autoindustrie und im
Maschinenbau, so der CFO Survey. Damit ändern sich auch die strategischen
Prioritäten der Unternehmen - offensiv ausgerichtete Strategien treten in den
Hintergrund, Kostensenkungen haben nun klare Priorität. Dennoch halten die CFOs
Innovation in Form von neuen Produkten und Dienstleistungen für weiterhin
durchaus wichtig.
Risiken haben sich verlagert
Der Ukraine-Krieg hatte im Frühjahr geopolitische Risiken an die Spitze des
Rankings katapultiert. Aktuell sind es die steigenden Energiekosten, die die
CFOs als wichtigsten Risikofaktoren für das eigene Unternehmen in den nächsten
12 Monaten sehen, gefolgt von steigenden Lohnkosten, Fachkräftemangel und
geopolitischen Risiken. Das Risiko einer schwächeren Inlandsnachfrage hat stark
zugenommen, wohingegen die Gefahr steigender Rohstoffkosten im Vergleich zum
Frühjahr deutlich sank.
Ein hohes Risiko bedeuten die steigenden Energiekosten v.a. für die Sektoren
Automobil, Chemie, Gesundheitswesen und Pharma, während der Fachkräftemangel
besonders der Automobilindustrie, dem Bauwesen, dem Gesundheitssektor sowie der
Transport- und Logistikindustrie zu schaffen macht. Die gefühlte Unsicherheit im
ökonomischen Umfeld ist immens und hat aktuell zu einem neuen Rekordniveau in
der zehnjährigen Geschichte des CFO Survey: 85 Prozent der Unternehmen schätzen
mittlerweile die Unsicherheit als hoch oder sehr hoch ein.
"Insgesamt zeigen die Ergebnisse des CFO Survey Herbst 2022, dass die schlechten
Aussichten aus dem Frühjahr mittlerweile bei den Unternehmen angekommen sind",
sagt Dr. Börsch. "Der Stimmungsabschwung setzt sich weiter fort und nähert sich
bei wichtigen Indikatoren den historischen Tiefstständen in der zehnjährigen
Geschichte des Survey. Dies passt zum neuen konjunkturellen Umfeld in
Deutschland, in dem eine Rezession ab dem vierten Quartal bis zum Frühjahr 2023
das wahrscheinlichste Szenario ist. Allerdings gibt es konjunkturell auch einige
stabilisierende Faktoren, wie den hohen Auftragsbestand in der Industrie und den
nach wie vor sehr stabilen Arbeitsmarkt. Das Winterhalbjahr wird in jedem Fall
eine Herausforderung für die deutsche Wirtschaft, bevor dann hoffentlich ab dem
Frühjahr 2023 die Wachstumskräfte wieder einsetzen."
ENDE
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