Rückgang bei den Privatinsolvenzen aufgrund von Basiseffekt -

Trendumkehr im dritten Quartal 2022 / Anstieg in 2023 prognostiziert

Hamburg (ots) - Die Privatinsolvenzen sind in Deutschland in den ersten neun

Monaten des Jahres gesunken. Insgesamt gab es in den ersten drei Quartalen 2022

71.107 private Insolvenzen. Das entspricht einem Rückgang um 13,5 Prozent im

Vergleich zum Vorjahreszeitraum (1. bis 3. Quartal 2021: 82.213). So lauten die

zentralen Ergebnisse aus dem aktuellen CRIF "Schuldenbarometer 1. bis 3. Quartal

2022".

Der starke Anstieg der Insolvenzen im letzten Jahr (plus 93,6 Prozent auf

Jahressicht) hat sich damit aktuell etwas umgekehrt. Das Plus an

Privatinsolvenzen aus dem Jahr 2021 ist vor allem darauf zurückzuführen gewesen,

dass viele Privatpersonen entsprechende Insolvenz-Anträge im Jahr 2020

zurückgehalten haben. Die Betroffenen wollten von der Gesetzesreform zur

weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens profitieren und die

angekündigte Reduzierung der Laufzeit des Verfahrens von sechs auf drei Jahre

nutzen und stellten den Antrag folglich erst im Jahr 2021. Das Gesetz trat

Anfang 2021 in Kraft und Betroffene können nun bereits nach drei statt sechs

Jahren schuldenfrei sein. Auf diese Weise soll ein schnellerer wirtschaftlicher

Wiedereinstieg betroffener Schuldner*innen erleichtert werden. Diese

Besonderheit hat die Privatinsolvenzen 2021 besonders stark ansteigen lassen.

Folglich ist auch der Basiswert (1. bis 3. Quartal 2021) hoch und die

entsprechende prozentuale Veränderung in den neun Monaten des Jahres 2022 fällt

mit minus 13,5 Prozent verzerrt aus.

Trotz des hohen Basiswertes gibt es im 3. Quartal 2022 bereits eine Trendumkehr.

Betrachtet man nur die Zahlen im 3. Quartal, stiegen die Privatinsolvenzen um

0,7 Prozent auf 25.047 Fälle (1. bis 3. Quartal 2021: 24.884).

Der Vergleich zu den ersten drei Quartalen 2019 - also vor der Gesetzesreform

und vor Corona - zeigt das aktuell hohe Niveau der Insolvenzen. Demnach sind die

Privatinsolvenzen in den ersten neun Monaten 2022 um 11,8 Prozent angestiegen

(1. bis 3. Quartal 2019: 63.612).

Der Krieg in der Ukraine sowie die Lieferketten- und Inflationsprobleme haben

erhebliche negative Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft. Das betrifft auch

die Privatpersonen. Vor allem die stark gestiegenen Energiepreise, aber auch

andere Rohstoff- und Lebensmittelpreise haben zu einem inflationären Anstieg der

Verbraucherpreise geführt. Die finanzielle Situation vieler Privatpersonen in

Deutschland bleibt durch die stetig steigenden Miet- und Energiepreise

angespannt. Die Menschen in Deutschland werden weniger Geld in der Tasche haben,

um ihren Verpflichtungen wie Kreditzahlungen, Mieten oder Finanzierungen

nachzukommen. Auf Dauer führt weniger Einkommen erst in die Überschuldung und

dann möglicherweise in die Privatinsolvenz.

"Durch die steigenden Kosten ist eine Verschuldungswelle in Deutschland möglich.

Wenn die Kosten stark steigen, wird es für Personen, die schon bislang am

Existenzminimum leben, schwierig. Gerade für finanz- und einkommensschwache

Haushalte wird sich die finanzielle Lage zuspitzen - auch weil die finanziellen

Reserven durch Einbußen in der Corona-Pandemie aufgebraucht worden sind.

Wirtschaftliche Krisen wirken sich dabei verzögert auf die Verbraucher aus. Da

in den Insolvenzstatistiken vor allem die Vergangenheit abgebildet wird, sie

also ein Blick in den Rückspiegel sind, werden die Folgen durch die erhöhten

Kosten vor allem ab 2023 einen Einfluss auf die Insolvenzzahlen haben. Auch wenn

wir ab dem dritten Quartal bereits eine Trendumkehr erkennen", kommentiert CRIF

Deutschland Geschäftsführer Dr. Frank Schlein die aktuelle Situation.

Der Informationsdienstleister CRIF geht auf Jahressicht 2022 von 100.000

Privatinsolvenzen in Deutschland aus. 2023 ist ein weiterer Anstieg auf bis zu

120.000 Fälle möglich.

Personen, die eine Privatinsolvenz anmelden, müssen dabei keinesfalls hoch

verschuldet sein. Ein Großteil der Betroffenen hat in der Gesamtsumme Schulden

von knapp unter 10.000 EUR. Die mittlere Schuldenhöhe liegt derzeit unter 19.000

EUR.

Privatinsolvenzen nach Bundesländern: Am meisten private Insolvenzen in Bremen,

Niedersachsen und Hamburg

Bundesweit gab es in den ersten neun Monaten des Jahres 85 Privatinsolvenzen je

100.000 Einwohner. Die nördlichen Bundesländer sind dabei stärker von privaten

Insolvenzen betroffen als der Süden Deutschlands. So führt Bremen die Statistik

mit 153 Privatinsolvenzen je 100.000 Einwohnern an. Es folgen Niedersachsen mit

120 und Hamburg mit 118 Insolvenzfällen je 100.000 Einwohner. Deutlich über dem

Bundesdurchschnitt liegen zudem die Länder Schleswig-Holstein (110),

Mecklenburg-Vorpommern (101) sowie Sachsen-Anhalt (100). Am wenigsten

Privatinsolvenzen verzeichneten Bayern (52 Fälle je 100.000 Einwohner),

Baden-Württemberg (64) und Thüringen (67).

Absolut gesehen stehen die Bundesländer Nordrhein-Westfalen (16.577),

Niedersachsen (9.637) und Baden-Württemberg (7.141) an der Spitze der

Insolvenzstatistik.

Prozentuale Veränderungen: Anstieg der Privatinsolvenzen in Hessen und Sachsen

Die Privatinsolvenzen sind in Deutschland in den ersten neun Monaten bundesweit

um 13,5 Prozent gesunken. In Hessen sind die privaten Insolvenzen im Vergleich

zum Vorjahreszeitraum (1. bis 3. Quartal 2021) um 4,8 Prozent; in Sachsen um 4,5

Prozent angestiegen. Deutliche Rückgänge gab es in den ersten neun Monaten in

Nordrhein-Westfalen (minus 21,2 Prozent), Mecklenburg-Vorpommern (minus 20,6

Prozent) und in Bayern (minus 20,5 Prozent).

Ein verändertes Bild ergibt sich, wenn man die aktuellen Zahlen mit den ersten

neun Monaten 2019 - also vor der Gesetzesreform und vor Corona - vergleicht. In

diesem Vergleich sind die privaten Insolvenzen in Hessen um 32,3 Prozent

angestiegen. Aber auch in Sachsen (plus 28,7 Prozent), Bremen (plus 26,7

Prozent) und in Bayern (plus 23,1 Prozent) gab es in den ersten drei Quartalen

deutlich mehr Privatinsolvenzen als im Vergleich zu den ersten neun Monaten

2019.

Privatinsolvenzen nach Geschlecht: Mehr Männer von einer Privatinsolvenz

betroffen

Der Trend der letzten Jahre, dass in Deutschland eher Männer von einer

Privatinsolvenz betroffen sind als Frauen, setzt sich auch 2022 fort. 60,9

Prozent oder 43.332 der Privatinsolvenzen wurden von Männern gemeldet. Auch im

relativen Vergleich der Geschlechter sind die Männer führend. Auf 100.000 Männer

entfielen 104 Privatinsolvenzen. Demgegenüber stehen 78 Privatpleiten je 100.000

Einwohnerinnen.

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